Steuer

Evidenzbasiert steuern

Die integrierte Nutzung von Verwaltungsdaten

Wenn die Verwaltung wüsste, was die Verwaltung weiß. Verwaltungen sind seit jeher Datenverarbeitungsorganisationen. Datensammlung und -verarbeitung entstanden historisch zusammen mit der Bürokratie. Für Staat und Verwaltungen bergen Daten das Potenzial, sie im Sinne einer evidenzbasierten und zielorientierten Steuerung zu nutzen. Vor diesem Hintergrund und angesichts der zunehmenden Datafizierung der Gesellschaft erstaunt es umso mehr, was der Staat und Kommunen alles nicht über sich selbst wissen. Das Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) hat sich vor diesem Hintergrund zum einen mit strategischen Überlegungen zu einem organisationalen Steuerungs- und Monitoringsystem und der Integration eines solchen Systems in digitale Verfahren auseinandergesetzt.

Steuerungszyklus von Politik und Verwaltung

Die Arbeit von Politik und Verwaltung ist eng miteinander verknüpft, wie das Modell des Politikzyklus deutlich aufzeigt: Der Zyklus beginnt mit dem Agenda Setting, bei dem politische Akteure ein Thema in die öffentliche Debatte und somit auch die politische Tagesordnung heben. Als nächstes werden im Rahmen der Politikformulierung Ziele sowie Handlungsalternativen zur Lösung eines Problems abgewogen, um letztlich konkrete Regierungsprogramme und Gesetze zu formulieren. In der folgenden Phase der Politikimplementierung müssen staatliche Programme und Rechtsnormen durch die öffentliche Verwaltung sowie andere Akteure umgesetzt werden. In der letzten Phase, dem Monitoring und der Evaluation, sollen die politischen Programme und Gesetze evaluiert und ihre Wirksamkeit überprüft werden.

Die Schnittstelle zwischen Politik und Verwaltung liegt also zwischen Politikformulierung und Politikimplementierung, denn die öffentliche Verwaltung ist für die Umsetzung verantwortlich. Sie übernimmt dazu die Leistungserstellung selbst, kooperiert mit anderen Partnern oder setzt entsprechende Erfüllungsgehilfen ein. Wie können Daten helfen, die politische Steuerung über diese Schnittstelle hinweg zu verbessern?

Modellbasierte Steuerung

Um Verwaltungshandeln gerade auch für die politische Ebene nachvollziehbar und messbar zu machen, bietet sich ein modellbasierter Steuerungsansatz an. In einem solchen Modell können die verschiedenen Dimensionen einer Organisation und das System, in das sie eingebettet ist, ganzheitlich betrachtet werden, indem eben nicht nur die Effizienz im Rahmen einer Kosten- und Leistungsrechnung, sondern vor allem auch die Effektivität im Sinne eines Fachcontrollings bewertet wird.

Grundsätzlich beeinflussen interne und externe Faktoren die Effektivität einer Leistung. Diese Wirkungsfaktoren können als Bedingungen definiert werden, unter denen Wirkungen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit erzielt werden können. Statt Wirkungen von Leistungen isoliert zu messen, braucht es Wirkmodelle bzw. Wirkketten, die komplexere Zusammenhänge von Ursache und Wirkung abbilden.

Modell evidenzbasierter Verwaltungssteuerung
© Fraunhofer FOKUS / Kompetenzzentrum Öffentliche IT

Bei Effektivität und Wirkungsmessung sind drei Begrifflichkeiten zentral: Outcome, als die subjektive Wahrnehmung der Wirkung durch das Individuum, Impact, als die mittelbare Auswirkung einer Verwaltungsleistung auf Gesellschaft und Umwelt, und Effect, als die objektiv nachweisbare und unmittelbare Einwirkung einer Leistung auf das Individuum.

Weitere Bewertungsdimensionen wie Prozessqualität, Strukturqualität auch die Ressourcenausstattung, sind wesentliche Bedingungen für Effizienz und Effektivität von Politikimplementierung. Diese Dimensionen können anhand unterschiedlicher Bewertungsmaßstäbe zueinander ins Verhältnis gesetzt werden, wenn entsprechende Daten vorliegen.

Architektur integrierter Datenplattformen

Architekturansatz integrierter Datenplattformen
© Fraunhofer FOKUS / Kompetenzzentrum Öffentliche IT

Bislang sind kommunale IT-Infrastrukturen und Anwendungen vorrangig als Insellösungen in den jeweiligen Fachdomänen entwickelt worden. Der Ansatz offener Datenplattformen soll diese Herangehensweise aufbrechen. So kann die standardisierte Metadatenstruktur DCAT-AP, die für Open-Data-Portale entwickelt wurde, das Zusammenführen von Daten erleichtern. So ist auch keine zentrale Datenhaltung notwendig, da die Bereitstellung der Daten mittels dezentraler Plattformen unterstützt wird, die über offene Schnittstellen (APIs) verbunden werden können. Dieser Ansatz kann auch für nicht-offene Verwaltungsdaten im Sinne verwaltungsinterner kommunaler, landesweiter oder bundesweiter Datenportale nutzbar gemacht werden und so eine evidenzbasierte Praxis politischer Entscheidungsprozesse fördern. Derartige offene Standards sind Teil der Data-Governance-Strukturen, die entlang der Wertschöpfungskette der Datenverarbeitung entwickelt werden müssen

Open Data zwischen politischen Versprechen und Verwaltungswirklichkeit
Berlin

Open Data zwischen politischen Versprechen und Verwaltungswirklichkeit

Eine ÖFIT-Studie vergleicht die Open-Data-Praxis in vier europäischen Metropolen

Handlungsempfehlungen

Aus den bisherigen Ausführungen lassen sich einige Handlungsempfehlungen für die Entwicklung einer datengesteuerten Verwaltung ableiten:

  • Ziel- und Indikatoren Systeme auf Basis einer modellbasierten Herangehensweise aufbauen.

  • Steuerungsrelevante Daten bereitstellen.

  • Monitoring, Datenanalyse und Evaluation institutionalisieren.

  • Governance-Strukturen für den strukturierten und transparenten Umgang mit Daten einrichten.

  • Datenplattformen, als integrierte Infrastrukturkomponenten zur Vernetzung von Daten und Systemen, in Digitalisierungsstrategien berücksichtigen.

  • Standardisierte Metadatenstrukturen und offene Schnittstellen für die Datenplattformen anbieten.

  • Privacy- und Security-by-Design-Ansätzen als Leitlinien für die Entwicklung von Datenplattformen folgen.

Zum Whitepaper „Evidenzbasiert steuern - Die integrierte Nutzung von Verwaltungsdaten“

Das Kompetenzzentrum für Öffentliche IT am Fraunhofer FOKUS hat sich in einem Whitepaper am Beispiel der „Hilfen zur Erziehung“ mit organisationalen Steuerungs- und Monitoringssystemen in der Verwaltung und der Integration eines solchen Systems in digitale Verfahren befasst. Zudem skizzieren die Autor:innen, wie Datenplattformen aus Sicht der IT-Architektur konzipiert werden müssen, um ein integriertes ganzheitliches Monitoring für die Steuerung zu gewährleisten.