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Wie kann die Bekämpfung von Geldwäsche in Deutschland optimiert werden?

Ein VdZ-Interview mit Patrick Pongratz von SAS

Die Verdachtsmeldungen bezüglich Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung haben in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Infolgedessen wurden 2022 vom Finanzministerium Eckpunkte zu einer geplanten Bundesoberbehörde zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (BBF) vorgelegt. Um die komplexen Geldwäscheprozesse langfristig in den Griff zu bekommen, ist es außerdem wichtig, Zuständigkeiten klar zu definieren und innovative Technologien für Datenauswertung und Netzwerkanalyse zu nutzen. Im VdZ-Interview gibt Patrick Pongratz (SAS) Einblick in die Herausforderungen und Optimierungsmöglichkeiten der Geldwäschebekämpfung.

Verwaltung der Zukunft: Herr Pongratz, Sie haben beim 5. Berliner Kongress wehrhafte Demokratie teilgenommen. Ein wichtiges Thema war Geldwäsche auch in Bezug auf Terrorismusfinanzierung. Wie bewerten Sie die aktuellen Maßnahmen auf nationaler Ebene zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Deutschland?

Pongratz: Das Thema stellt eine Herausforderung für Deutschland dar. Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen – besser bekannt als „FIU” und derzeit noch angesiedelt bei der Generalzollbehörde – bearbeitet bereits heute in einem aufwändigen und personalintensiven Vorgehen eine große Anzahl von Verdachtsmeldungen zu Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Die Zahl dieser Meldungen von Verpflichteten (z.B. Banken, Versicherungen, Notare) an die FIU wird zukünftig stark progressiv ansteigen. Zwischen 2020 und 2021 hatten wir einen sprunghaften Anstieg der Verdachtsmeldungen. Die Zahl der unbearbeiteten Fälle nimmt ebenfalls zu.[1]

Die Defizite wurden nicht nur erkannt, sondern man geht diese nun zunehmend strategisch an. Im August 2022 erging der Beschluss, mit dem Bundesfinanzkriminalamt eine neue Bundesbehörde ins Leben zu rufen und Kompetenzen neu zu bündeln. Neben dieser Maßnahme gibt es weitere wichtige Aufgaben; dazu gehört unter anderem, die Zuständigkeiten klar zu definieren, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu befähigen sowie von den bereits im Markt vorhandenen Technologien Gebrauch zu machen. Denn diese können aufwändige und personalintensive Sichtungs-, Bearbeitungs- und Bewertungsschritte unterstützen, vereinfachen und automatisieren, wodurch sich die Bearbeitungszeiten deutlich verkürzen. Auffälligkeiten und Anomalien in großen Datenmengen zu erkennen sowie zu bewerten, ist in einem manuellen Prozess nahezu unmöglich. Diese technologischen Möglichkeiten können den Behörden eine revisionssichere Grundlage für ihr Handeln bieten.


[1] BfDI - Polizei und Strafverfolgung national - Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen - FIU (bund.de)

VdZ: Welche Herausforderungen sehen Sie in Bezug auf die Verfolgung von komplexer und internationaler Geldwäsche?

Pongratz: Geldwäsche kennt keine Grenzen, Kriminelle nutzen komplexe Transaktionswege und verdeckte Geschäftsstrukturen. Das Sammeln ausreichender Beweise ist oft langwierig und komplex, denn es gibt keine Behörde, die über sämtliche benötigten Daten verfügt. Selbst innerhalb Deutschlands stellt der Datenaustausch zwischen den an der Untersuchung beteiligten Behörden eine Herausforderung dar. Ein Datenaustausch zwischen FIU und Strafverfolgungsbehörden sowie zwischen den unterschiedlichen internationalen FIUs ist aber die Voraussetzung, um komplexe und internationale Geldwäsche erfolgreich verfolgen zu können. Eine Automatisierung des Datenaustauschs innerhalb der EU scheint aus unserer Sicht daher unabdingbar.

VdZ: Inwiefern trägt die starke Fragmentierung von Zuständigkeiten in Deutschland zur Effizienz der Geldwäschebekämpfung bei?

Pongratz: Weltweit gibt es vier Bereiche, die mit der Verfolgung von Geldwäsche beauftragt sind: Justiz, Strafverfolgung, Verwaltung und Mischformen. In Deutschland ist die FIU als administrative Behörde, nicht als Ermittlungs- oder Strafverfolgungsbehörde etabliert. Die FIU sammelt und analysiert Daten, die Strafverfolgungsbehörden führen dann strafrechtliche Ermittlungen durch. Viele Länder haben diesen organisatorischen Aufbau, da er sich als effizient erwiesen hat. Der Zugriff auf Daten bzw. der Austausch von Daten und die Möglichkeit, große Mengen an Daten zu analysieren, sind wichtige Voraussetzungen, damit die FIU ihre Aufgabe optimal erfüllen kann.

VdZ: Wie wichtig ist die Koordination und Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Behörden auf Bundes- und Landesebene, um Geldwäsche effektiv zu bekämpfen?

Pongratz: Ein typischer Fall von Geldwäsche umfasst die Phasen Einspeisen (Placement), Verschleierung (Layering) und Integration von Geld aus krimineller Herkunft in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf. Um illegale Gewinne zu identifizieren, Beweise für ihre illegale Herkunft zu sammeln und Geldmittel zu konfiszieren, ist eine enge Kooperation zwischen der FIU und den Strafverfolgungsbehörden unerlässlich. Dies gilt sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene: Je enger die Kooperation und je besser der Austausch von Daten funktioniert, desto größer ist die Chance auf Erfolg.

VdZ: Welche Maßnahmen sollten ergriffen werden, um die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren im Finanz- und Nicht-Finanzsektor zu verbessern?

Pongratz: Einige FIUs bieten dem lokalen Finanzsektor eine Plattform, um verdächtige Daten, Risikoindikatoren und Muster auszutauschen und somit Erkenntnisse bezüglich Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu teilen. Keine Bank oder Organisation kann über sämtliche Informationen verfügen. Allen relevanten Akteuren einen vereinfachten Zugang zu diesen Informationen zu ermöglichen, würde die Zusammenarbeit wahrscheinlich verbessern. Zusätzlich könnte eine stärkere Sensibilisierung des gewerblichen Bereichs sinnvoll sein, da nur wenige Verdachtsmeldungen von diesem Segment bei der FIU eingehen.

Selbst wenn die Daten alle verfügbar sind, sind Hilfsmittel erforderlich, um die beschriebenen Geschäftsstrukturen transparent zu machen. Wir sprechen hier von einer sogenannten Netzwerkanalyse, die dabei hilft, alle relevanten Verflechtungen wie Adressen, Telefonnummern, Kontodaten, Firmenbezeichnungen, Tochter- und Schwesterunternehmen, Namensschreibweisen und viele weitere Fragmente visuell in eine Beziehung zu bringen und damit die verschachtelten Konstellationen sichtbar zu machen. Der FIU-Analyst wird damit technisch unterstützt seinen Fokus auf besondere Auffälligkeiten zu lenken.

VdZ: Wie können prozessuale und digitale Schnittstellen zur Optimierung der Geldwäschebekämpfung weiterentwickelt werden?

Pongratz: Bei der Bekämpfung von Geldwäsche ist Zeit sehr wichtig. Heutzutage gibt es viele Barrieren für den Informationsaustausch, die die Ermittlungen verlangsamen. Plattformen, die Informationen automatisiert austauschen, können Zeit und Aufwand reduzieren.

Verschiedene Stellen wie z.B. Banken, Versicherungen, Goldhändler, aber auch Notare melden auffällige Sachverhalte an die FIU. Für diese Meldungen legt die Zentralstelle Regeln fest, aber sie gibt keine Rückmeldung an die meldenden Stellen. Für eine bessere Qualität und Genauigkeit dieser Informationen wäre der Rückfluss an Informationen sinnvoll, denn er könnte der FIU wiederum bessere Ergebnisse in der Zukunft verschaffen. Was in der Softwarebranche als maschinelles Lernen bezeichnet wird, fußt maßgeblich auf Rückmeldungen von erfahrenen Praktikern: Ist eine Verdachtsmeldung inhaltlich richtig und sinnvoll gewesen? Falls nein, was waren die Gründe dafür? So könnte nicht nur die unterstützende Technologie beziehungsweise das Modell in der Ermittlung optimiert, sondern auch die meldenden Stellen dafür sensibilisiert werden, was eine werthaltige Verdachtsmeldung ausmacht und worauf zukünftig mehr oder weniger zu achten ist.