Zu maschinenverständlichen und automatisierbaren Gesetzen
Ein Überblick zur digitalen Vollzugstauglichkeit in der Gesetzgebung
1. Eindeutige Entscheidungsregeln sind maschinell ausführbar
Entscheidungsregeln in Gesetzen können nach dem Muster „Wenn … dann …“ gestaltet werden und entsprechen so grundsätzlich der binären Logik der IT (siehe Abbildung 2). Also können die gesetzlichen Konditionalprogramme grundsätzlich in Programmiersprache abgebildet und somit automatisiert vollzogen werden. Hierfür müssen die rechtlichen (Tatbestands-) Voraussetzungen eindeutigen Rechtsfolgen zugeordnet werden. Voraussetzungen könne Bedingungen, Unterbedingungen oder Ausnahmen, die im Verwaltungsverfahren geprüft werden, sein.
2. Rechtsbegriffe standardisieren
Im Recht werden oftmals die gleichen Begriffe mit unterschiedlichen Bedeutungen eingesetzt oder es werden unterschiedliche Begriffe für die gleichen Bedeutungen verwendet. Dies erschwert die automatische Rechtsanwendung, da neben der Eindeutigkeit der Regel auch die einzelnen Elemente der Regel eindeutig sein müssen, um maschinenverständlich zu sein. Hierfür müssen klare Definitionen zu allen Begriffen einer Entscheidungsregel vorliegen, damit diese vollständig automatisch geprüft werden können. Ein standardisierter rechtlicher Begriffsraum (siehe Abbildung 3) kann hier helfen, die Vielfalt von Begriffen und Begriffsdefinitionen zu reduzieren und Standarddefinitionen für neue Gesetzesentwürfe zugänglich zu machen.
3. Begriffe mit digitalen Datenquellen verknüpfen
Für die automatisierte Rechtsprüfung muss jedem Definitionskriterium eines standardisierten Rechtsbegriffs eine Datenquelle zugeordnet werden, beispielsweise digitale Registerfelder oder Urkunden. Die Verknüpfung von Entscheidungsregeln und Begriffen mit Datenquellen sollte also regelmäßig geprüft werden, um geeignetere Datenquellen für die automatisierte Prüfung heranziehen zu können. Dabei sollte auch bereits bei der Rechtssetzung bedacht werden, auf welche bestehende digitalen Quellen zurückgegriffen werden kann, ehe neue Daten erhoben werden. Dabei hat selbstverständlich der politische Wille Vorrang vor der Dateneffizienz.
4. Gesetze auch vom Vollzugsprozess her denken
Um Praxistauglichkeit und Vollzugsaufwand von Gesetzesentwürfen besser abzuschätzen, werden parallel die nötigen Geschäftsprozesse der Verwaltung modelliert und der daraus folgende Vollzugsaufwand. Durch die Visualisierung können leicht Optimierungspotenziale für den Gesetzentwurfs identifizierten werden.
5. Gesetzgebungsprozess: Methoden und Kompetenzen erweitern
Um die Maschinenverständlichkeit, Automatisierbarkeit und Praxistauglichkeit von Gesetzen zu gewährleisten, müssen die bereits genannten vier Handlungsfelder in den Gesetzgebungsprozess integriert werden. Dies verlangt unterschiedliche fachliche Kompetenzen. Erforderlich sind interdisziplinäre Gesetzgebungsteams, die mindestens aus Jurist:innen, Softwareentwickler:innen sowie Vollzugsexpert:innen und Prozessverantwortlichen bestehen. Die Visualisierungen helfen, eine Brücke zwischen den verschiedenen Disziplinen zu schlagen.
Impulspapier
Resa Mohabbat Kar, Basanta E. P. Thapa, Simon Sebastian Hunt und Prof. Dr. Peter Parycek vom Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) gehen in ihrem Impulspapier näher auf die bereits genannten Handlungsfelder ein und geben einen kurzen Überblick über Rechtsanwendungen in der öffentlichen Verwaltung.