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© Mohamed_hassan

Herausforderungen und Rahmenbedingungen öffentlicher Projekte

Zwischen Stabilität und Veränderungsdruck

Öffentliche Projekte stehen oft im Fokus der Kritik, vor allem wenn die Abläufe und Resultate mit Standards der Privatwirtschaft verglichen werden. Dabei werden die unterschiedlichen Rahmenbedingungen der beiden Sektoren häufig nicht ausreichend berücksichtigt. Öffentliche Verwaltung und private Unternehmen haben ganz unterschiedliche Herausforderungen und Rahmenbedingungen, die sich stark auf die Durchführung und den Erfolg von Projekten auswirken. In diesem Beitrag werfen wir einen genaueren Blick auf die im doppelten Sinne- besonderen Gesetzmäßigkeiten… Schauen wir also einmal auf die Rahmenbedingungen öffentlicher Projekte und die Herausforderungen, die sich daraus ergeben.

Stabilität versus Innovation

Historisch gesehen wurde öffentliche Verwaltung eingerichtet, um administrative Stabilität und Rechtstreue zu gewährleisten. Diese Ausrichtung an Kontinuität und Absicherung prägt bis heute die Strukturen, Prozesse und Vorschriften der Verwaltung. Im Gegensatz zu effizienz-orientierten dynamischen, innovativen Ansätzen, die in der Privatwirtschaft vorausgesetzt werden, sind die Strukturen der öffentlichen Verwaltung primär darauf ausgelegt, Rechtssicherheit und Dauerhaftigkeit zu gewährleisten. Vorschriften und Regelwerke wie etwa das Vergaberecht und das Dienstrecht tragen wesentlich dazu bei, diese Stabilität zu sichern. Gleichzeitig bedeutet diese jedoch auch eine geringere Fehlertoleranz und ein gebremstes Agieren bei innovativen oder sogar experimentellen Ansätzen.

Während sich in der Privatwirtschaft schnelle Entscheidungen und Handeln häufig auszahlen, gefährden diese – aus Sicht öffentlicher Verwaltung- primär die Stabilität und verhindern somit häufig eine schnelle Umsetzung von Projekten. Die Dynamik und Agilität, die heute immer häufiger gefordert werden, stoßen hier auf strukturelle und kulturelle Barrieren.

Organisation und Hierarchie

Eine der größten Herausforderungen öffentlicher Projekte liegt in der hierarchischen Organisationsstruktur. Diese ist stark funktional orientiert und darauf ausgelegt, Expertenwissen in den jeweiligen Bereichen zu fördern. Dies führt zu hoher Spezialisierung, erschwert jedoch die interdisziplinäre Zusammenarbeit, die für erfolgreiche Projekte oft notwendig ist. Projekte erfordern flexible, teamübergreifende Netzwerke, doch solche Strukturen sind in der öffentlichen Verwaltung nur schwer aufzubauen.

Ein weiteres Hindernis ist die Ressourcenknappheit. Neue Stellen zu beantragen ist langwierig und aufwendig, sodass Projekte häufig mit den bestehenden, oft bereits ausgelasteten Ressourcen durchgeführt werden müssen. Mitarbeitende, die an Projekten arbeiten, müssen dies häufig zusätzlich zu ihren regulären Aufgaben tun, ohne dass dies einen nennenswerten Einfluss auf ihre berufliche Laufbahn hat.

Abb. 1: Organisatorische Faktoren der öffentlichen Verwaltung bei Projekten
© Prof. Silke Schönert

Komplexes Umfeld und politische Einflussfaktoren

Im Gegensatz zur Privatwirtschaft ist das Umfeld öffentlicher Projekte durch ein komplexes Netz von Interessensgruppen gekennzeichnet. Diese reichen von Bürgerinnen und Bürgern, Aufsichtsbehörden über Interessensverbände bis hin zu politischen Parteien. Die Vielzahl der Interessen und Meinungen, die bei öffentlichen Projekten berücksichtigt werden müssen, führt oft zu langwierigen Abstimmungsprozessen. Dieser hohe Abstimmungsbedarf verlangsamt den Projektfortschritt erheblich.

Zusätzlich spielt die Nähe zur Politik eine entscheidende Rolle. Öffentliche Projekte sind häufig stark an die politische Agenda gebunden. Regierungswechsel und damit verbundene Prioritätenänderungen können Projekte erheblich beeinflussen, zum Senkrechtstarter machen oder auch zum Stillstand bringen. Hinzu kommt die oft notwendige Einbindung der politischen Opposition, die Projekte, unabhängig von deren inhaltlicher Qualität, behindern kann. Auch die mediale- und öffentliche Resonanz üben einen großen Druck auf öffentliche Projekte aus. Öffentliche Verwaltungen müssen ihre Projekte praktisch kontinuierlich rechtfertigen und erklären, während in der Privatwirtschaft viele Projekte diskret entwickelt und erst im Erfolgsfall veröffentlicht werden.

Abb. 2: Umfeldbezogene Faktoren der öffentlichen Verwaltung bei Projekten
© Pro. Silke Schönert

Projektmanagement und Anreize

Das Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung stößt zudem auf strukturelle Hürden. Während in der Privatwirtschaft Anreize geschaffen werden, um Projekterfolge zu fördern, ist dies im öffentlichen Dienstrecht oft nicht vorgesehen. Projekte werden daher häufig als zusätzliche Belastung wahrgenommen, die neben den regulären Aufgaben erledigt werden muss.

Ein weiteres Problem liegt in der Messbarkeit des Outputs. Während Unternehmen klare Kennzahlen wie Verkaufszahlen haben, um den Erfolg von Projekten zu bewerten, ist dies in der öffentlichen Verwaltung schwieriger,- zumindest fehlen dazu oft die Routinen und Metriken. Der langfristige Profit eines Projekts zur Verbesserung des Gemeinwohls oder der Daseinsvorsorge lässt sich oft nur schwer eindeutig quantifizieren.

Abb. 3: Strukturelle Faktoren der öffentlichen Verwaltung bei Projekten
© Prof. Silke Schönert

Fazit

Die öffentliche Verwaltung ist historisch auf Stabilität ausgelegt, was sie in vielen Bereichen von den agilen und dynamischen Prozessen der Privatwirtschaft unterscheidet. Dies stellt eine besondere Herausforderung dar, wenn es um die Umsetzung von Projekten geht. Die komplexen organisatorischen Strukturen, der Einfluss von Politik und Öffentlichkeit sowie die mangelnden Anreize für Projekterfolge erschweren die Arbeit der Mitarbeitenden.

Diese kurze Übersicht zeigt die organisatorischen, umfeldbezogenen und strukturellen Herausforderungen einer öffentlichen Verwaltung, wenn sie sich entschließt, ihrem Projektmanagement den Weg in die Zukunft zu bereiten. Die geeigneten Tools dafür existieren, - sie müssen nur in einem stufigen Prozess richtig implementiert werden. Und noch ein wichtiger Punkt: Die jeweiligen Führungsebenen müssen dazu bereit sein, die notwendige Rückendeckung zu geben.