Cover und Blick ins Whitepaper Gesellschaftliche Technikgestaltung
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Gesellschaftliche Technikgestaltung – Wie kann sie gelingen?

Ein Whitepaper des Kompetenzzentrums Öffentliche IT gibt Aufschluss

Technik bestimmt unseren Alltag. Sie löst Probleme, beschleunigt Prozesse und vereinfacht komplexe Abläufe. Doch wer gestaltet die Technik der Zukunft? Welche Probleme sollen gelöst werden und wie wird dieser Prozess umgesetzt? Die Wissenschaftler:innen Dr. Karoline Krenn und Jens Tiemann vom Kompetenzzentrum Öffentliche IT am Fraunhofer FOKUS haben sich in einem Whitepaper diesen Fragen gewidmet und einen Blick darauf geworfen, wie eine gesellschaftliche Technikgestaltung aussehen könnte.

Ein Beispiel erläutert es am besten: In Deutschland wurde mit der Corona-Warn-App eine datensparsame Variante einer Contact-Tracing-App entwickelt, die seit Juni 2020 die Eindämmung der Pandemie unterstützt. Die App ist Beispiel für ein produktives Zusammenwirken von Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Staat. Sie zeigt damit den Möglichkeitsraum der Technikgestaltung auf. Dieser Möglichkeitsraum wird allerdings selten in einem solchen Umfang ausgeschöpft. Die Autor:innen nennen vier zentrale Aspekte, deren Berücksichtigung eine am Gemeinwohl orientierte Technikgestaltung befördert und von Beginn an verschiedene Perspektiven integriert. 

Gestaltungsaufgabe

Zuerst muss ganz klar sein, welches Problem mit der Technik gelöst werden soll und für wen das Angebot gedacht ist. Das hört sich einfach an, wird aber vielleicht sogar erst im Laufe des Prozesses wirklich klar gegebenenfalls muss nachjustiert werden. Angebote sollten zeitliche und räumliche Kontextfaktoren berücksichtigen. Mit einer klaren Abgrenzung des Kontextes und der Wünsche aller Beteiligten werden Folgefehler verhindert und ein realistisches Bild des Möglichkeitsraumes geschaffen. 

Akteur:innen und Interessen

Welche Akteur:innen sind zu berücksichtigen oder können dabei helfen, die Gestaltungsaufgabe zu erreichen? Über die Zusammensetzung der Beteiligten wird das Ergebnis beeinflusst. Es braucht das Domänenwissen der Entwickler:innen, um die Ziele der Auftraggeber:innen zu konkretisieren. Interdisziplinäre Expert:innen ermöglichen kritische Reflexion. Die frühzeitige Einbindung von Nutzer:innen und Betroffenen stärkt den gesellschaftlichen Wert und Nutzen von Technik.

Anforderungen und Zielkonflikte

Was kann Technik leisten und was nicht? Erwartungen an Technik sind häufig sehr hoch und manchmal nicht miteinander vereinbar. Zunächst geht es darum, mögliche Zielkonflikte sichtbar zu machen. Dazu müssen Anforderungen (verschiedener Akteur:innen; verschiedener Einsatzszenarien) abgeleitet und zueinander in Beziehung gesetzt werden. Die Priorisierung von Anforderungen ist ein Teilaspekt von Technikgestaltung.

Lösung

Schließlich geht es darum, die Anforderungen in eine konkrete Lösung umzusetzen. Welche Verfahren und Werkzeuge werden benötigt, um Zielkonflikte zu lösen und Entscheidungen zu treffen? Die Ausschöpfung des Möglichkeitsraumes der Technikgestaltung sorgt für einen ergebnisoffenen und systemisch gedachten Lösungsprozess. Technische Dimensionen der Lösung gehören hierbei ebenso berücksichtigt wie organisatorische und rechtliche Dimensionen. Politik kann diesen Prozess steuern.
 

Einfacher Prozess der Technikgestaltung
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Die Autor:innen werben für eine Metaperspektive, durch die ein solcher Technikgestaltungsprozess leicht zugänglich wird. Mit Hilfe von Schlüsselfragen werden Beteiligte für mögliche blinde Flecken sensibilisiert und damit Orientierungspunkte geschaffen, um die sich wandelnden gesellschaftlichen Anforderungen insbesondere an digitale Technik zu berücksichtigen. Das Paper schließt mit fünf konkreten Handlungsempfehlungen, die zu einem erfolgreichen Gestaltungsprozess beitragen.

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Co-Autor:innen des Artikels: Dr. Karoline Krenn und Jens Tiemann