Die Bedeutung von Amazon & Co für den Einkauf
Wie werden elektronische Marktplätze in der öffentlichen Beschaffung genutzt?
Die Forschungsgruppe für Recht und Management öffentlicher Beschaffung (FoRMöB) der Universität der Bundeswehr München hat eine Studie zur Nutzung von e-Marktplätzen in der öffentlichen Beschaffung durchgeführt, um ein allgemeines Verständnis für Plattformen mit Fokus auf den öffentlichen Einkauf zu gewinnen und das Rollenverständnis dieser zu analysieren. Des Weiteren wurde untersucht, wie elektronische Marktplätze bereits in der öffentlichen Beschaffung genutzt werden.
Die Bedeutung des Direktauftrages
Der Einkauf über elektronische Marktplätze ist in Vergabeverfahren aufgrund der Gleichbehandlung der Anbieter und des Wettbewerbsgrundsatzes nicht zulässig. Hier muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen. Für einen Direktauftrag ist der Kauf über eine solche Plattform jedoch möglich. Der Direktauftrag gilt nach Paragraph 14 der Unterschwellenvergabeverordnung (UVgO) nicht als Vergabeverfahren. Es handelt sich hierbei um einen länderspezifisch geregelten Produktauftrag. Je nach Umsetzung der UVgO im Bundesland ist dieser auf ein Auftragsvolumen von maximal 1.000 Euro (Beispiel: Freie Hansestadt Bremen) bis zu 5.000 Euro (Beispiel: Baden-Württemberg) beschränkt.
Für den Direktauftrag gelten die Grundsätze der Sparsamkeit sowie Wirtschaftlichkeit, die Behörde soll die Überlegungen zum Kaufprozess dokumentieren und zwischen verschiedenen Unternehmen wechseln. Trotz der heterogenen Regelungen für den Direktauftrag gibt es keine rechtlichen Hindernisse in der Nutzung elektronischer Marktplätze in der öffentlichen Beschaffung. Der Direktauftrag wird vor allem für Produkte mit niedrigem Preis verwendet, welche aus dem nicht-kritischen Bereich stammen, beispielsweise Verbrauchsgüter im Bürobedarf wie Büroklammern oder Bleistifte.
Vorteile und Rolle elektronischer Marktplätze für den Einkauf
Für diese Art von Beschaffungsbedarf können elektronische Marktplätze genutzt werden. Per Definition verbindet ein elektronischer Marktplatz eine Vielzahl an potenziellen Käufern mit potenziellen Lieferanten mithilfe einer digitalen Plattform bzw. Technologien. Den Bedarfsträgern werden neben der großen, kategorisierten Produktauswahl eine schnelle Lieferung und eine einfache Bezahlung geboten. Der Einkäufer hat eine übersichtliche Vergleichsbasis der erhältlichen Produkte. Durch die Vorgaben des Marktplatzes haben die Anbieterinformationen einen ähnlich hohen Qualitätsstandard, was die Analyse für den Einkäufer erleichtert. Hinsichtlich des Vergaberechts muss jedoch auf das Rollenverständnis von Plattformen wie Amazon eingegangen werden.
Werden auf dem Marktplatz lediglich Produkte anderer Anbieter gesammelt, nimmt die Plattform eine Vermittlungsfunktion ein. Diese ist laut gesetzlicher Regelungen des Direktauftrages nicht problematisch. Der Einkäufer kann bei jedem Kauf einen anderen Anbieter des Marktplatzes wählen, ohne rechtliche Bedenken. Tritt der Marktplatz jedoch selbst als Händler auf, sprich er bietet Eigenmarken an, gilt er beim Direktauftrag als ein Unternehmen. Beim nächsten Kauf müsste die Behörde bei einem anderen Anbieter einkaufen. In der Realität verschwimmt die Grenze zwischen Vermittler und Händler für Verkaufsplattformen oft.
Als zentrale Vorteile der e-Marktplätze benennt die Studie:
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Erhöhung der Markttransparenz
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Große Produktvielfalt
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Leichte Auffindbarkeit von Produkten
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Sehr gute Bedienbarkeit
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Steigerung der Prozesseffizienz
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Technische Hilfsmöglichkeiten (Bestellhistorie)
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Guter Kundenservice
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Fokus auf Produkt (Qualität, Vergleich)
Nutzung elektronischer Marktplätze in der öffentlichen Beschaffung in Deutschland
Um die Verbreitung der Nutzung elektronischer Marktplätze im öffentlichen Einkauf zu erfassen, hat die Universität der Bundeswehr München 15 Telefoninterviews mit Experten aus dem öffentlichen Auftragswesen sowie eine Befragung im Zeitraum von Juni bis August 2019 durchgeführt. Schlussfolgernd aus diesen Erhebungen konnte die Studie eine weiträumige Akzeptanz elektronischer Marktplätze über alle Verwaltungsebenen hinweg feststellen. Besonders häufige Verwendung finden Verkaufsplattformen in den Kommunal- und Landesverwaltungen.
Dabei werden besonders die übersichtliche Produktdarstellung, die Vielfalt der Produkte und Anbieter sowie die sozialen Features wie Produktbewertungen positiv hervorgehoben. Die Nutzung der e-Marktplätze bringt jedoch nicht nur Vorteile für die Wirtschaftlichkeit des zu beschaffenden Produktes mit sich, sondern auch für den Beschaffungsprozess an sich. Die Qualitätsstandards der Plattform und die Übersichtlichkeit gewährleisten eine Zeitersparnis und somit eine Senkung der Prozesskosten. Die Bestellung und das Rechnungswesen lassen sich über den Marktplatz digital abbilden und können ohne weiteren Aufwand in die eigenen Digitalprozesse überführt werden.
Besonders häufige Verwendung finden Verkaufsplattformen in den Kommunal- und Landesverwaltungen.
Das unklare Rollenverständnis der e-Marktplätze kann jedoch zu Handlungsunsicherheiten führen. Ein weiteres Manko ist die fehlende Individualisierung, welche in einem Ausschreibungsverfahren erzielt werden könnte. Der sogenannte „Bedarfsfit“ wird nur zum Teil gewährleistet. Die volle Bandbreite der Funktionalitäten der Marktplätze sind in den Beschaffungsstellen oft unklar: Die Potenziale der Filter und die verschiedenen Möglichkeiten der Auswertung, die die Plattformen bieten, werden nicht voll ausgeschöpft. Die Nutzung von e-Marktplätzen sollte innerhalb der Bedarfsplanung berücksichtigt werden.
Welches Vergabeverfahren erfordert das zu beschaffende Produkt?
Benötige ich individuelle Produkteigenschaften?
Ist ein Direktauftrag die wirtschaftlichste Option? Könnte ein langfristiger Rahmenvertrag monetäre Vorteile bringen?
Eine weitere Frage der Debatte um die e-Marktplätze: Ist es vorstellbar, dass Vergaben bald über die großen Plattformen ausgeschrieben und somit ein fester Bestandteil des öffentlichen Beschaffungswesens werden? - Eine Fragestellung, die in Zukunft mehr und mehr an Bedeutung gewinnen wird.