Titelbild der ÖFIT Studie
© ÖFIT

Barrierefreiheit in der digitalen Verwaltung

Eine Kurzstudie des Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) des Fraunhofer FOKUS

Besitzt eine Website eine Hörversion, damit ein gehörloser Mensch das Angebot nutzen kann? Kann die Schriftgröße in einer App geändert werden, um sehbehinderte Menschen nicht auszuschließen?

Das sind nur zwei von sehr vielen Fragen, die Webentwickler:innen sich vor der Erstellung von Online-Angeboten stellen sollten, um ihre Angebote inklusiver zu gestalten. Für Betroffene sind das essentielle Fragen, um digitale Angebote wahrnehmen zu können. Den rechtlichen Rahmen für die öffentliche Hand setzt die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV), die vor zwei Dekaden in Kraft getreten ist und im Jahr 2019 ihre letzte Anpassung erfuhr. 

Doch wie steht es in der Verwaltung um die Umsetzung digitaler Barrierefreiheit und welche Hürden gilt es dort noch zu überwinden? Warum gibt es diese Hürden? Wie können sie aufgelöst werden? Damit hat sich Basanta Thapa vom Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) des Fraunhofer FOKUS in einer Kurzstudie beschäftigt.

Im Mittelpunkt das Papiers stehen die vorhandenen Probleme und ihre möglichen Lösungen, die der Forscher aus bestehenden Studien mit Expert:innen feststellt. Ausgangspunkt ist, dass eine Verordnung zu erlassen „nicht gleichbedeutend mit ihrer lückenlosen Umsetzung“ ist und demensprechend Handlungsbedarf über die gesetzliche Regelung hinaus besteht.

Welche Hürden gibt es?

Der Forscher gruppiert die identifizierten Hürden bei der Umsetzung von Barrierefreiheit in drei Kategorien. Zunächst besteht demnach ein Mangel an verschiedenen Formen von Wissen. So besitzen nur wenige Verwaltungsmitarbeitende Umsetzungswissen zur Barrierefreiheit und Informationsangebote sind oft voraussetzungsreich und wenig zielgruppengerecht. Die geltenden Regeln sind schwer spontan zu überblicken und werden kaum überprüft. Verantwortliche messen Barrierefreiheit bei der Erstellung digitaler Angebote oft nur eine niedrige Priorität zu. Wichtige Gründe hierfür sind ein fehlendes persönliches Bewusstsein für digitale Barrieren, aber auch schlicht fehlende Ressourcen für die Verwirklichung.

Wie kann es besser werden?

Die Kurzstudie gibt eine Reihe von Empfehlungen für die bessere Umsetzung von digitaler Barrierefreiheit in der Verwaltung. Als Grundlage ist es zunächst wichtig, Wissen und Kompetenz aufzubauen. Dies kann über verpflichtende Bildungsangebote geschehen, indem etwa Barrierefreiheit Eingang in die Ausbildungsinhalte für Verwaltungsfachkräfte findet. Ein nationales Kompetenzzentrum für digitale Barrierefreiheit könnte Umsetzungswissen zusammentragen und aufbereiten. Um ein Bewusstsein für digitale Barrieren zu schaffen, können persönliche Erfahrungen arrangiert, die Diversität in der Belegschaft gesteigert und auch ein Barrierefreiheits-Botschafter-Netzwerk organisiert werden. 

Einheitliche Standards schaffen und Regeln konsequent durchsetzen, sind zwei wichtige Punkte für die Verwirklichung von Barrierefreiheit. Dabei kann ein engmaschiges Monitoring der Barrierefreiheit digitaler Verwaltungsangebote helfen – inklusive automatisierter Prüfung als erste Stufe. Damit die bestehenden Vorschriften ernstgenommen werden, stehen auch erweiterte Klagerechte zur Diskussion.

Die Kurzstudie kann unter folgendem Link abgerufen werden. Eine für Screenreader optimierte HTML-Version ist ebenfalls verfügbar.

Schlussendlich sollte das Bereitstellen von notwendigen Ressourcen diese Maßnahmen stützen. Neben finanzieller Förderung beratender Fachstellen und handlungsleitender Forschung, könnten staatlich anerkannte Zertifikate die Ausführung erleichtern. Das Aufbereiten und Sammeln von Positivbeispielen könnte Orientierung geben.

Die Lösung: Umsetzen!

Digitale Barrierefreiheit in der Verwaltung hat ein Umsetzungsproblem: Die Hürden sind erkannt, mögliche Maßnahmen benannt. Ist uns das Thema wichtig genug, um nun zu handeln? Barrierefreiheit ist kein Luxus, den man sich leistet, sondern für viele Menschen unerlässlich, um am Leben teilhaben zu können. Die Zeit für Veränderungen ist jetzt.