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Revolution der Verwaltung durch KI?

Möglichkeiten und Gefahren von Künstlicher Intelligenz in der Verwaltung

In den letzten Monaten ist die öffentliche Debatte von den Diskussionen um die Potentiale und Gefahren des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz (KI) geprägt. Auch für den Bereich der öffentlichen Verwaltung ergeben sich aus der steten technologischen Weiterentwicklung Chancen der Weiterentwicklung, gleichzeitig muss man auch in diesem Bereich die Grenzen und Limitationen der vorhandenen Tools offen benennen.

Fragt man zunächst ChatGPT selbst nach den Einsatzmöglichkeiten im Bereich der Verwaltung, so erhält man – wie zu erwarten – eine relativ allgemeine Antwort, die nicht unbedingt auf die Eigenheiten des öffentlichen Sektors eingeht, sondern auch für Privatwirtschaft Geltung haben könnte: 

1. Kundenbetreuung: Ich kann für Kundenanfragen und -unterstützung eingesetzt werden. Mit meiner Fähigkeit, natürliche Sprache zu verstehen, kann ich auf Fragen antworten, Ratschläge geben und Anweisungen geben. 

2. Datenanalyse: Da ich in der Lage bin, große Datenmengen zu verarbeiten und zu analysieren, kann ich bei der Datenanalyse und -berichterstattung eingesetzt werden. Ich kann Trends und Muster in Daten erkennen, die für Entscheidungsprozesse hilfreich sein können. 

3. Personalwesen: Ich kann bei der Personalsuche und -auswahl eingesetzt werden, indem ich Lebensläufe und Bewerbungen scannen und die besten Kandidaten für eine bestimmte Stelle empfehlen kann. 

4. Content-Erstellung: Ich kann bei der Erstellung von Inhalten für Websites, Social-Media-Plattformen und Marketing-Kampagnen helfen, indem ich Texte automatisch generiere. 

5. Übersetzung: Mit meiner Fähigkeit, mehrere Sprachen zu verstehen und zu sprechen, kann ich bei der Übersetzung von Texten und Kommunikationen in verschiedenen Sprachen helfen. 

Tatsächlich liegt das größte Potential wohl in der Möglichkeit der Effizienzsteigerung und Entlastung, die überall dort greifen könnte, wo Mitarbeiter:innen der öffentlichen Verwaltung in kleinteilige und mühselige Routineprozesse eingebunden sind. Zum Beispiel könnten durch KI einfache Prozessschritte wie die Dateneingabe, die routinemäßige Bearbeitung von Anträgen oder auch die Beantwortung simpler Anfragen wie z.B. nach Servicezeiten automatisiert werden.  

Weiterhin kann KI menschliche Entscheidungsfindungen unterstützen, indem sie Erkenntnisse aus Analysen komplexerer Datensätze bereitstellt, die als Grundlage für politische Entscheidungen, Ressourcenzuweisungen und Evaluationen dienen können. Mithilfe der existierenden Möglichkeiten des maschinellen Lernens können Algorithmen anhand großer Datensätze so trainiert werden, dass sie Muster und Trends erkennen und Vorhersagen über zukünftige Ergebnisse treffen können, was auch für Verwaltungsabläufe eine Hilfestellung sein kann. Gerade in der Verbesserung der Datenqualität und -verwaltung, aber auch der Erhöhung der Datensicherheit liegt eine Chance, die öffentliche Verwaltung verbessern kann; nicht zuletzt kann sie einen effizienteren und effektiveren Datenaustausch zwischen Regierungsbehörden ermöglichen. 

Insgesamt hat der Einsatz von KI in der öffentlichen Verwaltung das Potenzial, staatliche Dienstleistungen erheblich zu verbessern und die digitale Transformation in diesem Bereich voranzutreiben. Jedoch muss mit dem verstärkten Einsatz auch eine sorgfältige Prüfung von kritischen Themen wie Datenschutz, einhergehen; und auch die Voreingenommenheit der Verwaltungsmitarbeiter:innen ist zu berücksichtigen, da die Technologie auch Auswirkungen auf ihre Arbeitsplätze und -abläufe haben wird. Ohne Frage wird es vor allem wichtig sein,  eine solide und vor allem offene Datengrundlage zur Verfügung zu haben, so äußern es auch die Herausgeber des Blogs reframe[Tech] - Algorithmen fürs Gemeinwohl(https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/reframetech-algorithmen-fuers-gemeinwohl) der Bertelsmann Stiftung 

In anderen Ländern werden Instrumente der KI bereits mehr oder minder erfolgreich eingesetzt: So arbeitet die indische Regierung aktuell an der Entwicklung eines WhatsApp-Chatbots, der über Sprachbefehle Landwirten und der ländlichen Bevölkerung über zentrale staatliche Programme informiert. Das Sprachmodell basiert auf den Datensätzen der verschiedenen Sprachen, die in Indien (insbesondere im ländlichen Raum) gesprochen werden. Zu diesem Zweck sammelt die Regierung im Rahmen ihres Bhasha-Daan-Programms über Crowdsourcing Sprachdatensätze für die verschiedenen Sprachen. In der Testphase unterstützt der Chatbot bereits 12 Sprachen, darunter Englisch, Hindi, Marathi, Bengali, Kannada, Tamil, Telugu, Odia und Assamesisch. Ein Benutzer kann also eine Sprachnotiz in jeder dieser Sprachen senden und erhält eine entsprechende Antwort ebenfalls per Sprachnotiz. 

In der Ankündigung des Regierungshaushalts 2023 gab die indische Regierung zudem bekannt, dass sie über das Programm INDIAai (https://indiaai.gov.in/) die Einrichtung von drei Kompetenzzentren für KI in Spitzenbildungseinrichtungen plant, um das nationale KI-Programm voranzutreiben. 

Solche maschinellen Übersetzungstools sind auch in anderen Ländern auf dem Vormarsch und werden zunehmend auch von NGOs und Hilfsorganisationen eingesetzt, die mit Flüchtlingen und Migranten arbeiten. In mehreren Asylverfahren in den USA scheint es dabei jedoch insbesondere bei den in Afghanistan gesprochenen Sprachen Pashto und Dari Probleme zu geben. In einem Fall wurde der Antrag abgelehnt, weil angeblich die schriftliche Bewerbung nicht mit den Angaben im Interview übereinstimmte. Der Fehler lag dabei darin, dass die automatische Übersetzung das Pronomen „ich“ durchgehend durch „wir“ ersetzte. Nicht immer scheint den Behörden bewusst zu sein, dass Übersetzungssoftware für weniger verbreitete Sprachen wie Pashto nicht so gut funktioniert wie etwa für Englisch oder Spanisch. Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die in solchen Fällen die Anliegen von Asylbewerber:innen vertreten, fordern daher eine zusätzliche menschliche Kontrolle der Übersetzungen. 

Diese beiden Praxisbeispiele zeigen die vielfältigen Möglichkeiten, aber auch die Begrenzungen auf, die man beim Einsatz von KI-Tools im Bereich der Verwaltung bedenken muss. Ohne Frage ist der Faktor Mensch weiterhin von zentraler Bedeutung und insbesondere bei sensiblen Fragestellungen auch nicht durch einen Algorithmus ersetzbar. Gleichwohl tuen staatliche Einrichtungen und Behörden gut daran, sich den aktuellen technologischen Entwicklungen nicht zu verschließen und ihren Einsatz zur Entlastung des menschlichen Personals wohlwollend zu prüfen.