Eine so vielfältig ausgeprägte Stadtgesellschaft ist für uns seit Jahrzehnten Normalität und gehört sozusagen zu unserer DNA. Wir verstehen diese Zuwanderungsrealität als Sicherung unserer Zukunftsfähigkeit als Stadt.
Jeder Dritte Dortmunder hat einen Migrationshintergrund. Die Stadt liegt damit 6 % über dem Durchschnitt des Landes Nordrhein-Westfalen. Neben Mitmenschen aus der Türkei und zugewanderten Syrern im Rahmen der Flüchtlingswelle 2015 muss Dortmund auch die Integration von circa 8.000 Armutsflüchtlingen aus Bulgarien und Rumänien organisieren. „Eine so vielfältig ausgeprägte Stadtgesellschaft ist für uns seit Jahrzehnten Normalität und gehört sozusagen zu unserer DNA. Wir verstehen diese Zuwanderungsrealität als Sicherung unserer Zukunftsfähigkeit als Stadt“, so Dortmund-OB Ullrich Sierau. Die stetige Migration sei fest im Stadtbild verankert. Jedoch muss Dortmund große Herausforderungen meistern und sich weiterhin gut organisieren, um langfristige Integration zu leisten und den Zusammenhalt in der Bevölkerung zu erhalten.
Fast 30 neue Flüchtlinge pro Woche
Über 8.300 Geflüchtete wurden der Stadt im Zeitraum von Januar 2015 bis Mitte Oktober 2018 zugewiesen. Nach aktuellstem Stand leben 9.234 Flüchtlinge in der Ruhr-Stadt. Pro Woche kommen beinahe 30 neue Geflüchtete hinzu. Zwischenzeitlich musste das Jugendamt 1.500 unbegleitete Minderjährige betreuen. „Diese große Anzahl an Menschen, die in kurzer Zeit nach Dortmund kamen und noch kommen, stellt die Stadtverwaltung, die Politik und die Stadtgesellschaft durchaus vor große Herausforderungen“, erklärt Sierau, „von Anfang an war uns bewusst, und es zeigt sich jetzt immer deutlicher, dass die meisten dieser Menschen dauerhaft in Dortmund bleiben werden.“ Über 65 % der Personen mit Migrationshintergrund sowie Zugewanderten in Dortmund haben eine langfristige Aufenthaltserlaubnis.
8.000 Geflüchtete dezentral untergebracht
Von Anfang an war uns bewusst, und es zeigt sich jetzt immer deutlicher, dass die meisten dieser Menschen dauerhaft in Dortmund bleiben werden.
Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Mona Wallraff spricht mit Blick auf die Stadt von einem „diversitätsgeleitetem Integrationsverständnis“. Die Sozialwissenschaftlerin hat die Erfolgsfaktoren von Integration am Beispiel von Dortmund untersucht. Als Stärke der Stadt sieht sie die etablierten Strukturen und Netzwerke. Diese sollten den neuen Gegebenheiten angepasst und auf die Neueinrichtung gesonderter Institutionen für Geflüchtete soweit wie möglich verzichtet werden.
Als Schlüssel zur gelingenden Integration betrachtet Wallraff die dezentrale Versorgung und Unterbringung der Geflüchteten. Nur so könne ein Dialog mit der einheimischen Bevölkerung angeregt werden. „Von Januar 2015 bis heute sind über 8.000 Menschen in ‚eigene‘ Wohnungen umgezogen – weitere werden folgen. Der Übergang aus einer Gemeinschaftsunterkunft in eine Wohnung ist für Flüchtlinge ein ganz wesentlicher Meilenstein auf ihrem Weg zur Integration“, bestätigt auch der Oberbürgermeister.
Masterplan Migration/Integration in Dortmund
Als Koordinations- und Querschnittsstelle der Integrationsarbeit fungiert die Migrations- und Integrationsagentur Dortmund (MIA-DO). Die Einrichtung ist im Amt für Angelegenheiten des Oberbürgermeisters angesiedelt. In Folge des Teilhabe- und Integrationsgesetzes des Landes NRW wurde außerdem das Kommunale Integrationszentrum gegründet. Beide Organisationen arbeiten an der Umsetzung des Masterplans Migration / Integration der Stadt Dortmund. Das Leitbild setzt sich aus den Handlungsfeldern Bildung, Arbeit und Unternehmen, soziale Balance in den Stadtbezirken und weltoffene / internationale Stadt zusammen. Explizit sollen die Chancengleichheit gesichert, dem Fachkräftemangel entgegengewirkt, mit Migrationsorganisationen und Integrationsakteuren der Stadtbezirke kooperiert und die Anerkennungskultur, gesellschaftliche Teilhabe und der Zusammenhalt der Bürger gestärkt werden.
Parallelprozesse vermeiden
„Zum anderen gibt es die „Dortmunder Gesamtstrategie Neuzuwanderung“, die sich explizit mit den Lebensverhältnissen der Menschen aus Südosteuropa und auch Flüchtlingen beschäftigt“, führt Sierau aus. Die Strategie dient dem Wissensmanagement und wird durch das Sozialdezernat in Zusammenarbeit mit dem Jugenddezernat und dem Kommunalen Integrationszentrum koordiniert.
Die Verantwortlichen für die Gesamtstrategie und den Masterplan stehen in stetiger Abstimmung mit Zivilgesellschaft, Netzwerken und nicht-staatlichen Organisationen vor Ort. Damit solle vermieden werden, dass Parallelprozesse entstehen, erläutert der Oberbürgermeister. Des Weiteren sind der Integrationsrat sowie Kultur- und Jugendarbeit in die Integrationsarbeit eingebunden.
Beratung durch die „FreiwilligenAgentur“
Das Engagement von Ehrenamtlichen spielt in unserer Integrationsarbeit eine sehr große und tragende Rolle.
Bereits bei der Unterbringung sowie in der weiteren Versorgung und Betreuung wurden Vereine, Verbände und Bürger involviert. “Das Engagement von Ehrenamtlichen spielt in unserer Integrationsarbeit eine sehr große und tragende Rolle“, betont der SPD-Politiker. Im Rahmen der Organisation von Übergangsunterbringungen seien zahlreiche neue Vereine und Initiativen entstanden, die bis heute bestehen.
Die „FreiwilligenAgentur“ berät Organisationen und Ehrenamtliche bei Integrationsprojekten und ist Ansprechpartner für Menschen, die gerne selbst ehrenamtlich tätig werden möchten. Die Agentur trägt maßgeblich dazu bei, dass ehrenamtliche Integrationsarbeit langfristig und nachhaltig organisiert wird und unterstützt Flüchtlinge dabei, selbst gemeinnützig tätig zu werden.
Stadtteilbezogene und langjährige Ehrenamtsarbeit
Ein weiteres Kernprojekt der Integrationsarbeit ist die stadtteilbezogene Ehrenamtsarbeit. Als Vorzeigebeispiel nennt der Oberbürgermeister das dezentrale Netzwerk „lokal willkommen", welches vom Sozialamt koordiniert wird. Mittlerweile arbeitet das Netzwerk in fünf Stadtteilen. Auch Vereine wie den „Train of Hope e.V.“ oder „Projekt Ankommen e.V.“ hebt das Stadtoberhaupt positiv hervor.
Aber auch bestehende ehrenamtliche Träger wie „Africa Positive e.V.“ und der „Verbund sozial-kultureller Migrantenvereine in Dortmund e.V.“, die in diesem Jahr ihr zehnjähriges bzw. 20-jähriges Bestehen feiern, haben maßgeblich in der Ausgestaltung der Integrationsarbeit mitgewirkt. „Dass diese Vereine in Dortmund eine Heimat gefunden haben, in der sie sich so entwickeln konnten, macht mich durchaus stolz.“
Dortmund setzt auf Dialog und Kooperation
Wir arbeiten traditionell sehr eng mit den Akteurinnen und Akteuren vor Ort zusammen, die sich für ein vielfältiges, interkulturelles, interreligiöses und weltoffenes Dortmund einsetzen.“
Ein Beispiel dafür ist die Kampagne "Wir ALLE sind Dortmund", welche in Zusammenarbeit zwischen der Stadt und dem „Arbeitskreis der Abrahamsreligionen“ entstanden ist. Der Initiative haben sich rund 150 Einrichtungen angeschlossen, um gegen Fremdenfeindlichkeit, Islamophobie und Antisemitismus vorzugehen und eine gemeinsame Friedensbotschaft zu vermitteln.
Wir arbeiten traditionell sehr eng mit den Akteurinnen und Akteuren vor Ort zusammen, die sich für ein vielfältiges, interkulturelles, interreligiöses und weltoffenes Dortmund einsetzen.
Seit 2016 veranstaltet die Stadt jährlich das Event „Dortbund! Eine Stadt. Viele Gesichter“. Hier haben Institutionen, Vereine, Verbände, Initiativen, Kirchen, Gewerkschaften und Kulturschaffende die Möglichkeit, mit der Stadtgesellschaft in Dialog zu treten. Das jährliche Roma-Kulturfestival „Djelem Djelem“ bringt den Dortmundern die Vielfalt der Roma-Kulturen näher.
„Der regelmäßige Dialog mit den Religionsgemeinschaften und den mittlerweile vielfach professionell ausgerichteten Migrantenorganisationen ist ein wichtiges Instrument einer vertrauensvollen Integrationsarbeit und Kooperation“, hebt Sierau hervor.
Der regelmäßige Dialog mit den Religionsgemeinschaften und den mittlerweile vielfach professionell ausgerichteten Migrantenorganisationen ist ein wichtiges Instrument einer vertrauensvollen Integrationsarbeit und Kooperation.
Anderen Kommunen rät der Dortmunder Oberbürgermeister allen Akteuren ein aktives und chancengleiches Mitgestalten zu ermöglichen: „Wichtig ist die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses von Integration und Teilhabe, von der Bildung von Beteiligungsprozessen, Netzwerken, Dialogstrukturen sowie der Aufstellung von Strategien und Zielen mit den relevanten Einrichtungen und Trägern innerhalb und außerhalb der Verwaltung.“ Migration und das Zusammenleben von Menschen verschiedener Herkunft sei als Normalität anzunehmen. Integration soll dabei als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, aber auch als Chance begriffen werden.