Funktionale Ausschreibungen für öffentliche Holzbauprojekte
Zur Absicherung der erforderlichen Holzbaukompetenz bei der Planung eines Holzbauprojekts gibt es für den öffentlichen Auftraggeber verschiedene Optionen.
Ausschreibung von Ausführungsleistungen
Für die Ausschreibung von Ausführungsleistungen stehen grundsätzlich zwei Methoden zur Verfügung: die Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis, die neben der allgemeinen Baubeschreibung eine detaillierte Beschreibung von Teilleistungen beinhaltet, oder das Leistungsverzeichnis mit Leistungsprogramm – auch „funktionale Ausschreibung“ genannt.
Letztere bietet die Möglichkeit, durch eine frühe Vergabe der Bauleistung die Holzbaukompetenz des Unternehmens einzubinden. Bei der funktionalen Ausschreibung handelt es sich um eine Art der Ausschreibung, bei der für eine zu lösende Bauaufgabe (oder Teile davon) auf Grundlage einer detaillierten Beschreibung eines Gebäudes ein Angebot abgegeben wird. Diese Form der Ausschreibung birgt Risiken, insbesondere die Gefahr der wirtschaftlichen Optimierung durch das Unternehmen zu Lasten der Gestaltungs- und Ausführungsqualität, und muss durchaus kritisch betrachtet werden. Dennoch bietet sie die Möglichkeit, die Ausführung wenig komplexer Gebäude, z.B. einfache Wohnungsbauten, zu vergeben und durch die damit verbundene frühe Einbeziehung des Holzbauunternehmers Erfahrungsdefizite auszugleichen. Gleichzeitig hat diese Vergabemethode den Vorteil, dem Anbieter Raum für firmenoptimierte Lösungen zu bieten.
Voraussetzungen zum Gelingen einer funktionalen Ausschreibung
Funktional ausgeschriebene Bauleistungen sind für öffentliche Auftraggeber grundsätzlich nur unter bestimmten Bedingungen zulässig. Die Art der Ausschreibung muss begründet werden. Bei vorgefertigten Holzbauten können Gründe zum Tragen kommen, die für eine Abweichung von der Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis sprechen und mit der VOB konformgehen, wie z. B.:
- Wissensvorsprung auf Bieterseite
- Existenz mehrerer unterschiedlicher technischer Lösungen
- Verlagerung von Teilen der (Werk-)Planung auf den Bewerber
Grundvoraussetzung für das Gelingen einer funktionalen Ausschreibung ist eine klar strukturierte Ausschreibungssystematik. Sie sollte gestalterische, funktionale und konstruktive Vorgaben definieren, Spielraum für Optimierung bieten sowie die Eignungs- und Zuschlagskriterien beinhalten. Gleichzeitig ist eine präzise Definition der Schnittstellen sowie eine Abgrenzung des Leistungsumfangs der einzelnen Gewerke notwendig.
Im Rahmen des Forschungsprojekts leanWOOD wurde eine solche Systematik entwickelt. Sie basiert auf der Kostenberechnung der DIN 276 (Projektkostenermittlung & HOAI Honorarabrechnung für Architekten und Ingenieure) und kann als Ergänzung des Vergabehandbuchs des Bundes dienen. Mit Hilfe dieser Systematik kann der planende Architekt – unter Zuhilfenahme einer (vorgezogenen) Kostenberechnung – eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm entwickeln. Gleichzeitig bietet sie die im Rahmen der HOAI geforderte Grundlage für die Bepreisung der Leistungsverzeichnisse.
Wertungskriterien
Ein oftmals unterschätzter Punkt bei der Auswahl der ausführenden (Holz-)Bauunternehmen ist das Thema Wertung und Zuschlag. Gemäß Vergabeverordnung ist der Zuschlag nicht dem billigsten Anbieter zu erteilen, sondern dem wirtschaftlichsten. Beim vorgefertigten Holzbau, insbesondere im Rahmen einer funktionalen Ausschreibung, sind qualitative Wertungskriterien der ausführenden Firma von besonderer Bedeutung. Dabei muss es ein hohes Maß an Transparenz geben. Die Zuschlagskriterien des Vergabeverfahrens müssen bereits in der Auftragsbekanntmachung bzw. in den Vergabeunterlagen kenntlich gemacht werden.
Kriterien wie die Lieferung der geforderten Qualitäten gemäß Ausschreibung oder die termingerechte Umsetzung sind bekannt. Darüber hinaus ist es wichtig, die Qualität der Werkstattplanung, die Erfahrung des technischen Büros, Elementierungskonzepte, aber auch Logistikkonzepte und Taktung der Modulanlieferung und Montagekonzeption in die Bewertung mit einfließen zu lassen. Die Kompetenz und Erfahrung des Holzbauunternehmens in all diesen Belangen ist entscheidend für einen reibungslosen Ablauf. Erst durch die optimale Umsetzung aller Prozesse, von der Werkstattplanung über die Vorfertigung bis hin zur Montage, lassen sich die Vorteile der vorgefertigten Bauweise effizient nutzen, denn der günstigste Preis verliert erheblich an Bedeutung, wenn die genannte, notwendige Prozesskette gestört oder nicht beherrscht wird.
leanWOOD bietet an dieser Stelle eine Kriterienmatrix als Vorlage, die neben dem Preis die Qualität des Umsetzungskonzepts berücksichtigt.
Der Text basiert auf der Broschüre „leanWOOD“, siehe: H. Kaufmann, W. Huss, S. Schuster und M. Stieglmeier (2017), „leanwood – Optimierte Planungsprozesse für Gebäude in vorgefertigter Holzbauweise“. Broschüre, München. [Online], S. 26–29
Weitere Informationen: