Von Open Spaces zu Open Minds: Offene Großgruppenformate als Schlüssel zur nachhaltigen Transformation
Es ist also entscheidend, dass alle wichtigen Interessensgruppen in den Veränderungsprozess einbezogen werden, da fehlende Akzeptanz andernfalls zu Widerstand führen kann – was allerdings nicht bedeutet, dass alle in alles involviert werden müssen. Es sollte jedoch während des gesamten Prozesses verschiedene Möglichkeiten zur Einbindung geben, damit die Transformation eine Erfolgschance hat. Hier bietet sich der Open Space-Ansatz als wichtiger und wirksamer Schlüssel an, mit dem sich diese Herausforderungen bewältigen lassen.
Der Open Space-Ansatz ist eine Methode zur Strukturierung und Moderation von Großgruppenveranstaltungen wie z. B. organisationsweiten Veranstaltungen oder Konferenzen. Er ermöglicht offene und partizipative Diskussionen zu den verschiedensten Themen, bei denen alle Teilnehmenden gleichermaßen einbezogen werden und ihre Ideen und Anliegen einbringen können. Wir sehen vielfältige Anwendungsmöglichkeiten für diesen Ansatz. Beispielsweise nutzen wir ihn, um Transformationskonzepte umfangreich zu diskutieren, zu entwickeln und gemeinsam mit den Beteiligten zu gestalten. Dadurch wird die Entwicklung von Transformationen auf einer breiteren Basis gefördert und die Akzeptanz erhöht. Dies ist zwar in der öffentlichen Verwaltung bisher eher unüblich, kann aber durchaus den erwünschten Erfolg bringen. Beispiele für die Anwendung von Open Space-Formaten im Verwaltungskontext sind das #NExTcamp des NExT e.V. oder das Barcamp U30 im Rahmen des Zukunftskongresses Staat & Verwaltung – hier handelt es sich um verwaltungsübergreifende Vernetzungsformate.
Ein wichtiger Punkt bei der Konzeption eines Open Spaces ist die gemeinsame Entwicklung einer Agenda, die nicht von Anfang an festgelegt ist. Während der Agenda-Erstellung wird sichtbar, welche Themen für die Mitarbeitenden oder Gruppe relevant sind und wie viele Personen Interesse an diesen vorgeschlagenen Themen haben. Dieses Format gibt den Teilnehmenden Raum für Ideenaustausch und die Erarbeitung von Lösungen. Der Prozess basiert auf Prinzipien wie Offenheit, Freiwilligkeit, Selbstorganisation, Kooperation und Eigenverantwortung.
Open Space als Strukturgeber für die Transformation
Open-Spaces in Form von Barcamps sind recht verbreitet und beliebt, da sie einen schnellen Austausch mit Gleichgesinnten zu Themen wie agilen Methoden oder Inklusion ermöglichen. Es gibt Open Spaces auch in Form von Planungsevents mit 100-150 Personen oder Baugruppentreffen, bei denen Beteiligte eines genossenschaftlichen Bauprojekts viel Gestaltungsspielraum haben. Auch bei Transformationsprozessen kann das Open Space-Format erfolgversprechend sein. Wie könnte das aussehen? Angenommen, ein bereits skizziertes Transformationskonzept und die Motivation zur Veränderung werden als Ausgangspunkt im Open Space vorgestellt.
Das Ziel könnte beispielsweise sein, eine zukünftige Organisationsstruktur mit einem verbesserten Informationsfluss zu schaffen, wobei typische Praxisfälle analysiert, reflektiert und angepasst werden können. Die Teilnehmenden können ihre Erfahrungen einbringen und je nach Interessenlage die entsprechenden Sessions auswählen (z.B. Schulungen oder notwendige Veranstaltungen) und sich dort engagieren, um das Konzept aus verschiedenen Perspektiven zu analysieren und zu verbessern.
Das Open Space bietet außerdem Raum für gemeinsame Entscheidungen darüber, welche Ideen in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden können. Zum Beispiel könnte man nach 4-6 Monaten erneut im Open Space zusammenkommen und überprüfen, was insgesamt erreicht wurde, ob das Transformationskonzept angepasst werden muss und welche Schritte für die nächsten 4 Monate geplant werden sollen.
Die Checklist für Open Space-Formate
Das Open-Space-Format ist grundsätzlich äußerst flexibel und kann sowohl vor Ort in Gruppen als auch online umgesetzt werden, wobei die Gruppengröße von einigen wenigen bis zu hundert Personen variieren kann.
Bei Open Space-Formaten gibt es keine festgelegte Agenda. Eine sorgfältige Planung und angemessene Vorbereitung sind für ihren Erfolg dennoch entscheidend. Wir haben die wichtigsten Punkte zusammengefasst:
- Die Teilnehmenden sollten rechtzeitig eine Einladung erhalten
- In den Räumlichkeiten sollte genug Platz für Beamer oder ggf. akkustische Verstärkung (bei Plenumsrunden) vorhanden sein.
- Eine wichtige Rolle kommt den Moderator*innen zu, die spontane Beiträge einbinden, Diskussionen in eine konstruktive Richtung lenken und insgesamt für eine gute Atmosphäre sorgen müssen.
- Ein Open Space Event sollte ansprechend und interessant gestaltet sein, damit ein größtmögliches Interesse an der Teilnahme entstehen kann.
Zudem ist Transformation eine komplexe Angelegenheit. Daher ist es wichtig, sowohl bei der Vorstellung des Konzepts als auch bei der Moderation darauf hinzuwirken, dass im Open Space auch tatsächlich Entscheidungen getroffen werden können. Alle Teilnehmenden sind gleichberechtigt und dürfen ihre Meinungen gleichermaßen äußern. Die Diskussion ist offen, und die Haltung ist darauf ausgerichtet, gemeinsam gute Lösungen zu erarbeiten und konstruktiv miteinander in den Austausch zu treten.
Motivation durch Partizipation
Die Teilnahme an einem Open Space-Format kann Mitarbeitenden zeigen, dass ihre Stimme gehört wird und ihre Ideen und Anliegen ernst genommen werden, was sich wiederum positiv auf Motivation und Engagement auswirkt. Zudem können durch offene Diskussionen neue Perspektiven und Lösungen entdeckt werden, die sonst vielleicht übersehen worden wären. Ein weiterer wichtiger Aspekt von Open Space ist der partizipative Ansatz des Formats, das auf Vertrauen und Selbstorganisation basiert. Die Teilnehmenden tragen im Wesentlichen die Verantwortung für die Diskussion und die Ergebnisse und müssen gemeinsam Entscheidungen treffen. Dadurch wird ein Gefühl der Eigenverantwortung und Selbstwirksamkeit gefördert, was sich wiederum positiv auf Engagement und Motivation auswirken kann. In Organisationen, die dieses Format noch nicht kennen und einführen müssen, sollte Unterstützung z. B. durch einen Coach oder eine externe Moderation vorgesehen werden, um tatsächlich produktive Diskussionen und Ergebnisse zu ermöglichen. Insbesondere, wenn bei einem Open Space die Reflexion und Anpassung eines laufenden Transformationsprozesses im Mittelpunkt steht, sind externe Coaches empfehlenswert. Bei Open Spaces, die sich auf den Austausch von Informationen beschränken, kann möglicherweise mehr experimentiert werden.
Unterstützung durch die Führungsetage
Der Open Space Ansatz basiert auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. Mitarbeitende werden zur Teilnahme eingeladen, aber nicht aufgefordert. Es ist wichtig, dass das Open Space-Format von der Führungsetage unterstützt wird und die erarbeiteten Lösungsansätze in der Organisation auch umgesetzt werden können. Bei Open Spaces im Kontext eines Transformationsprozesses ist eine erhebliche Unterstützung von Seiten der Führungskräfte erforderlich, um sicherzustellen, dass während der Veranstaltung tatsächlich Entscheidungen getroffen werden können.
Open Spaces sollten ansprechend gestaltet sein und Spaß machen können – selbst in der Verwaltung. In der Regel zahlt sich das aus. Open Spaces werden langfristig gut besucht und entwickeln sich zu einem Ort kreativer und konstruktiver Zusammenarbeit.
Positive Auswirkungen von Open Spaces bei der Transformation in Verwaltungen
Im Zuge eines Transformationsprozesses kann Open Space zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor werden: Wenn die Mitarbeitenden ihre Expertise einbringen, können die wesentlichen Aspekte einer Transformation berücksichtigt werden. Gleichzeitig erhöht ein Open Space die Bereitschaft und Offenheit der Mitarbeitenden zur aktiven Mitwirkung und Mitgestaltung – auf diese Weise werden anfängliche Widerstände abgebaut. Ein weiterer Vorteil von Open Spaces ist die Vernetzung über Abteilungsgrenzen hinweg und die Förderung von Kommunikation und Zusammenhalt innerhalb der Organisation.
Anwendungsbereiche des Open Space-Formats in Verwaltungen
Neben der Transformation bietet sich das Open Space- Format auch bei der Umsetzung einer neuen IT-Strategie in einer Behörde an, um alle Mitarbeitenden in den Veränderungsprozess einzubeziehen. In einer partizipativen Veranstaltung können die Teilnehmenden gemeinsam Ideen entwickeln, aber auch Bedenken und Widerstände diskutieren, um die Umsetzung der IT-Strategie zu erleichtern und zu verbessern.
Eine weitere Option ist, das Format als Beteiligungsprozess für Bürger*innen und Interessengruppen zu konzipieren: Die Teilnehmenden werden in den Verwaltungsprozess einbezogen und können ihre Ideen und Anregungen einbringen. Auf diese Weise erhält die Verwaltung aus erster Hand wertvolle Informationen und kann den Entscheidungsprozess auf eine breitere Basis stellen. Die Einbindung der Bürger:innen und Interessengruppen führt außerdem zu größerer Akzeptanz für getroffene Entscheidungen, da die Beteiligten das Gefühl haben, gehört zu werden.
Fazit
Zusammenfassend betrachtet kann Open Space als entscheidender Hebel für erfolgreiche Transformationen angesehen werden. Durch die Beteiligung aller Teilnehmenden am Veränderungsprozess lassen sich auf einer breiteren Grundlage bessere Entscheidungen treffen. Außerdem wird die Akzeptanz für diese Entscheidungen erhöht und die interne Zusammenarbeit gestärkt. Durch offene Diskussionen und Selbstorganisation der Teilnehmenden können zudem Engagement und Motivation gefördert werden. Besonders der öffentlichen Verwaltung empfehlen wir Open Space als eine wichtige Methode, um die Transformation zu beschleunigen und nachhaltige Veränderungen zu bewirken.