Fokus
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Lasst uns bei all der Begeisterung für KI die Menschzentrierung nicht wieder vergessen!

In den letzten Jahren hat sich im öffentlichen Sektor eine bedeutende Entwicklung abgezeichnet: Die dringende Notwendigkeit, einen stärkeren Fokus auf die Menschzentrierung bei der Digitalisierung zu legen. Dieses Bewusstsein ist nicht neu, da es bereits seit Jahren in anderen Bereichen etablierte Prinzipien der Usability und User Experience gibt, die uns wertvolle Impulse liefern.

Vor zwei Jahren haben wir einen Praxisleitfaden zur „Menschzentrierten Digitalisierung” veröffentlicht, der einen weiteren wichtigen Impuls in diese Richtung darstellte. Seitdem ist eine spürbare Veränderung zu beobachten: Immer mehr Verwaltungen und Ministerien sprechen nicht mehr nur von Digitalisierung an sich, sondern richten ihren Fokus auf die Menschen, die im Mittelpunkt dieser Digitalisierung stehen.

Es ist unbestritten, dass jede Form der Digitalisierung auf die Bedürfnisse und Anforderungen der Menschen ausgerichtet sein sollte. Dabei geht es weit über die bloße Verwendung von Begriffen hinaus – es geht um die tatsächliche Umsetzung und Handlung. Interessanterweise stellt sich die Frage, ob die bloße Änderung von Bezeichnungen auch zu methodischen Veränderungen in unserer Vorgehensweise führt. Bedauerlicherweise muss ich jedoch oft feststellen, dass die alleinige Anpassung von Begrifflichkeiten noch keine grundlegende Neuausrichtung inhaltlicher Art mit sich bringt. Ganz gleich, ob wir nun von menschzentrierter" oder nutzer*innenorientierter" Digitalisierung sprechen.

Methoden für echte Menschzentrierung in der öffentlichen Verwaltung 

Ganz ähnliche Erfahrungen haben wir vor einigen Jahren gemacht, als wir den Übergang von Digitalisierung" zu digitaler Transformation" vollzogen haben. Auch hier zeigte sich, dass allein die Änderung der Begrifflichkeit nur begrenzte Veränderungen mit sich brachte. Das zentrale Anliegen im Bereich der Menschzentrierten Digitalisierung" besteht darin, tatsächlich mit den Menschen im Mittelpunkt zu beginnen.

Eine menschzentrierte Digitalisierung macht in der öffentlichen Verwaltung neue Herangehensweisen erforderlich.
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Dies bedeutet nicht nur, sie im Hinterkopf zu behalten oder gelegentlich zu befragen, sondern eine tiefgehende und fundierte Auseinandersetzung mit ihren Bedürfnissen sowie die nahtlose Integration dieser Bedürfnisse entlang des gesamten Entwicklungsprozesses. 

Fachleute für Usability und User Experience (UUX) orientieren sich dabei an den Prinzipien der menschenzentrierten Gestaltung, wie sie in der DIN EN ISO 9241-210 definiert sind, sowie an den grundlegenden Prinzipien des Design Thinkings. Ein anschauliches Beispiel für die Unterscheidung zwischen technikzentrierter und menschzentrierter Herangehensweise ist der Double Diamond"-Prozess des British Design Councils, der die Aktivitäten in zwei Phasen unterteilt: Die Problemdefinition und die Lösungsentwicklung. Trotz der verstärkten Betonung der Bedürfnisse der Menschen in neuen Gesetzen und Strategiepapieren haben wir jedoch oft Schwierigkeiten, diese Prinzipien aus den Normen und Standards dann auch in der Verwaltungspraxis umzusetzen. Unsere Beobachtung: Im öffentlichen Sektor suchen wir – den neuen Gesetzen und Strategiepapieren zum trotzweiterhin  primär nach Lösungen anstelle von Dienstleister*innen, die uns dabei unterstützen, die Probleme zunächst gründlich zu verstehen. 

Der Double Diamond-Prozess macht zugleich deutlich: Es bedarf eines Paradigmenwechsels in der Praxis der Ausschreibungen. Wir müssen lernen, nicht nur nach konkreten Lösungen zu suchen, sondern nach der Kompetenz, einen offenen und iterativen Prozess zu durchlaufen, der sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Dies erfordert neue Ansätze in der Projektausschreibung und eine verstärkte Fokussierung auf die Qualität des Prozesses. Wer die Menschzentrierung ernsthaft verfolgt, muss den Status quo kritisch analysieren und insbesondere die Vergabe von Digitalisierungsprojekten überdenken. 

Zurück zur Technik? Die Auswirkungen von KI auf die Menschzentrierung 

Unser ausgeprägter Hang zu mehr Technikzentrierung zeigt sich besonders deutlich im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI). Dabei geht es nicht um die Entwicklung von KI-Anwendungen an sich – denn bei jeder neuen Technologie gibt es zunächst eine Begeisterung für die Technik; Technologien werden aus dieser Begeisterung heraus entwickelt, und die ersten Nutzer*innen sind fasziniert von den Möglichkeiten dieser neuen Technologie.

Die Theorie des Human-Centered Design ist bereits gut verstanden (und in Form von ISO-Normen seit vielen Jahren standardisiert). Herausforderungen ergeben sich bei der praktischen Umsetzung dieser Prinzipien in der öffentlichen Verwaltung – insbesondere in der öffentlichen Vergabe.
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Dies war bereits bei Computern und iPhones der Fall und wiederholt sich nun auch im Zusammenhang mit KI-Technologien. Der Fokus liegt anfangs auf den Werkzeugen und Technologien und es erscheint naheliegend, sich zunächst zu fragen, was diese Werkzeuge leisten und wie sie unsere Arbeit verbessern können. 

Es geht vielmehr um die Anwendung von KI in der öffentlichen Verwaltung. In diesem Prozess neigen wir dazu, die Menschen aus den Augen zu verlieren. Ben Schneidermann hat treffend bemerkt: Die alte Computertechnik drehte sich darum, was Computer können, während die neue Computertechnik sich darum dreht, was Benutzer*innen erreichen können. Wir müssen uns von der Vorstellung lösen, dass wir die Lösung bereits in der Hand halten und lediglich nach einem passenden Problem suchen müssen. 

Stattdessen sollten wir die Bedürfnisse und Herausforderungen der Menschen in unserer Behörde oder Verwaltung in den Vordergrund stellen. Erst dann können wir KI-Werkzeuge sinnvoll und zielführend einsetzen. Anhand unserer Herangehensweise an KI wird sich zeigen, ob wir tatsächlich unsere Denkweise verändert haben und die Menschzentrierung nicht nur als leeres Schlagwort, sondern als grundlegende Ausrichtung für die Implementierung von Künstlicher Intelligenz verinnerlicht haben.

Die Notwendigkeit einer Neuausrichtung in der Digitalisierung

Damit schließt sich der Kreis: Es ist von entscheidender Wichtigkeit, unsere Herangehensweise an die Digitalisierung grundlegend zu überdenken. Statt uns primär auf die Werkzeuge und Technologien zu konzentrieren, sollten wir unseren Fokus auf die tatsächlichen Probleme und Bedürfnisse der Menschen richten. Die zentrale Frage, die die öffentliche Verwaltung stellen sollte, lautet: „Gibt es in unserem Bereich Probleme, die wir besser lösen können?" Anstatt sich auf eine technikzentrierte Digitalisierung zu versteifen, die sich auf die Fähigkeiten der Werkzeuge konzentriert, müssen wir zunächst die zentralen Probleme identifizieren, die einer Lösung bedürfen.

Leider beobachte ich in der Verwaltung oft das Gegenteil: Projektteams und Abteilungen widmen sich der künstlichen Intelligenz (KI), um nach möglichen Anwendungsfällen für diese Technologie zu suchen. Dies ist zweifellos wichtig, um sich mit den neuen technischen Möglichkeiten vertraut zu machen. Jedoch vernachlässigen wir dabei häufig die Bedürfnisse und Herausforderungen der Menschen, die zukünftig mit diesen Technologien arbeiten sollen. 


Fortsetzung folgt am 20.2.

Hier gehts zum zweiten Teil des Beitrags
Menschzentrierte KI
Menschenzentrierte KI

Menschzentrierte KI

– wie kann der Einsatz im öffentlichen Sektor gelingen?

Der zweite Teil des Artikels wird sich auf die effektive und menschenzentrierte Integration von Künstlicher Intelligenz in die öffentliche Verwaltung fokussieren. Dabei betrachten wir insbesondere die Bedeutung der transparenten Zusammenarbeit zwischen Menschen und KI, beispielsweise bei behördlichen Fachanwendungen, um Produktivitätssteigerungen zu erzielen. Für eine erfolgreiche Integration von KI in den öffentlichen Sektor ist es dabei entscheidend, ein Umfeld zu schaffen, das Experimente und Innovationen fördert, um den Mitarbeitenden die Möglichkeit zu geben, sich mit KI-Technologien vertraut zu machen. Wir werden einen passenden Rahmen skizzieren, der das Experimentieren mit KI-Werkzeugen in der öffentlichen Verwaltung fördern kann.