Ländlich, digital, attraktiv - Digitale Lösungsansätze für ländliche Räume
Was macht digitale Initiativen auf dem Land erfolgreich?
Die ländlichen (und gleichzeitig strukturschwachen) Regionen Deutschlands befinden sich oft in einer Abwärtsspirale: Durch einen Bevölkerungsrückgang werden öffentliche Infrastrukturen weniger genutzt und müssen in der Folge aufgegeben und zurückgebaut werden. Dies wiederum senkt die Attraktivität der betroffenen Gemeinde, was zu weiterer Abwanderung führen kann. Können digitale Technologien helfen, diesen Teufelskreis zu durchbrechen?
Herausforderungen ländlicher Räume
Die Herausforderungen ländlicher Räume sind vielfältig und beeinflussen sich meist gegenseitig. Dazu zählen:
- Digitale Infrastruktur, denn nur 70 Prozent der Haushalte in ländlichen Gemeinden steht schnelles Internet mit mindestens 50 Mbit/s zur Verfügung – im Vergleich zu rund 97 Prozent der Haushalte im urbanen Raum.
- Mobilität, da die Gewährleistung eines Mobilitätsangebots, außerhalb des privaten Verkehrs, aufgrund der großen Entfernungen und der geringen Bevölkerungsdichte eine Herausforderung für ländliche Gebiete darstellt. An vielen Orten gibt es nur einen Schulbus.
- Gesundheit, weil der Mangel an ländlichen Ärzten und die Schließung von Krankenhäusern die Gesundheitsversorgung in ländlichen Gebieten unter Druck setzen.
- Bildung, weil die Auswanderung junger Erwachsener und Familien die Bildungs und Unterstützungsdienste der Kommunen beeinflusst und umgekehrt.
- Arbeit und Wirtschaft, weil die Vielfalt der Ausbildungs und Beschäftigungsmöglichkeiten in städtischen Gebieten dazu führt, dass junge, qualifizierte Arbeitskräfte aus ländlichen Gebieten auswandern.
- Nahversorgung, weil es schwierig ist, ein enges Netzwerk lokaler Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten, insbesondere in ländlichen Gebieten.
Digitale Lösungsansätze
Durch eine Umfrage unter fast hundert digitalen Projekten in ländlichen Gebieten unterscheidet die Studie zwischen verschiedenen Arten von Lösungen:
Infrastruktur für Digitales
Die Grundstruktur digitaler Transaktionen spielt in dieser Liste eine besondere Rolle, da sie nichts mit der Verwendung digitaler Hilfsmittel zu tun hat, sondern vielmehr Bedingungen dafür schafft. Zu den Projekten, die Bedingungen dafür schaffen, gehören: lokale gemeinnützige Netzwerkunternehmen, Koproduktionen von Bürgern zum Ausbau der digitalen Infrastruktur sowie Remote-Office- und Collaborative-Arbeitsbereiche.
Information und Kommunikation
Unter Information und Kommunikation sind Lösungsansätze zusammengefasst, wobei Informationen nur digital bereitgestellt oder auf einfache Weise ausgetauscht werden. Solche Verfahren sind zum Beispiel, Liquiditätsempfehlungen oder regionale Online-Arbeitsausschüsse.
Digital vermittelte Dienstleistungen
Digital vermittelte Dienstleistungen haben einen digitalen Anbahnungsprozess, münden aber in einer physischen Leistung. Darunter fallen unter anderem: Carsharing, Mobile Dienstleistungs- und Warenversorgungsangebote, Teleapotheken, Community Medicine Nursing & Telematik, Ambient Assisted Living (AAL) oder Digitale Verkaufsförderung regionaler Produkte.
Digital koordinierte Koproduktion
Digital koordinierte Koproduktion kann sowohl in physischen wie in digitalen Leistungen resultieren, basiert aber auf der digital angebahnten Zusammenarbeit vieler einzelner Bürger. Projekte die Zusammenarbeit fördern sind Digitale Bürgerbeteiligung, Digital koordinierte Nachbarschaftshilfe, Crowd Logistics und Ridesharing.
Digital erbrachte Dienstleistungen
Digital erbrachte Dienstleistungen werden nicht nur digital angebahnt, sondern auch digital umgesetzt. Solche Dienstleistungen sind z.B. Digitale Verwaltung, Telemedizin oder E-Learning-Angebote.
Schwierigkeiten digitaler Projekte in Ländlichen Räumen
Trotz aller Unterschiede bei Herausforderungen und Lösungsansätzen stoßen digitale Projekte in ländlichen Räumen bei ihrer Umsetzung auf ähnliche Schwierigkeiten: An erster Stelle nennen die befragten Projekte die Finanzierung, die häufig aus zeitlich begrenzten Fördermitteln aus Bundes-, Landes- oder Stiftungsprogrammen oder Projektmitteln der lokalen Aufgabenträger stammt.
An zweiter Stelle der Schwierigkeiten stehen die eingesetzten technischen und organisatorischen Lösungen, beispielsweise unkomfortable Benutzeroberflächen oder umständliche Abwicklungsprozesse.
Handlungsempfehlungen
Die Studie bietet Handlungsempfehlungen für Projektmanager und diejenigen, die das Framework entwickeln.
Projekdurchführenden sollten:
- Erkunden: Ein Beispiel ist das frühe Testen von Prototypen statt der Orientierung an Bedarfserhebungen.
- Kommunizieren & Vernetzen: Beispielsweise mit einem durchdachten Kommunikationskonzept und der Zusammenarbeit mit Multiplikatoren vor Ort.
- Nachhaltiges Managen: Insbesondere schrittweise Projektentwicklung und flexible Projektplanung.
Politik und Verwaltung sollte:
- Informieren: Indem z.B. der Erfahrungsaustausch zwischen Projekten gefördert wird.
- Fördern & Finanzieren: Unter anderem mit einem Wandel der Förderpraxis von Modellprojekten hin zur Nachahmung.
- (De-)Regulieren: Vor allem das Öffnen von Experimentierräumen.
Die vorliegende Studie des Kompetenzzentrums Öffentliche IT geht detailliert auf die bereits genannten Maßnahmen und Handlungsempfehlungen ein, mit denen Projektdurchführende, Verwaltung und Politik die Erfolgsaussichten von Digitalprojekten in ländlichen Räumen erhöhen können.