„Es muss eine klare Willensbildung geben“
Buchvorstellung und Gespräch zu „Bürokratie, Regulierung, Verwaltung in der Krise – Update für Deutschland“ von Dr. Johannes Ludewig (NKR)
Bei der Diskussion zum Buch „Bürokratie, Regulierung, Verwaltung in der Krise – Update für Deutschland“ kamen viele Themen zur Sprache, die auch für die nächste Bundesregierung relevant sind: Die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, die Qualität von Gesetzen und ihre Umsetzbarkeit sowie die Digitalisierung. Als besondere Herausforderung sah die Gesprächsrunde die Ebenen übergreifende Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen. Es diskutierten Dr. Johannes Ludewig, der Herausgeber der Schriftenreihe Prof. Jörg Bogumil, der ehemalige Innenminister Thomas de Maizière und Prof. Patrizia von Nanz, Vizepräsidentin des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE). Die Moderation übernahm der Journalist und Medienunternehmer Gabor Steingart.
Fünf Punkte, die in die Zukunft weisen
Thomas de Maizière stellte fünf Kernpunkte des Buches vor:
Lobbying by Quality
Das Einzige, was von außen Einfluss auf die Politik haben sollte, ist Lobbying by Qualität und nicht Lobbying by Interest.
Bürokratie in den Bundesländern messen
Bürokratie muss auch in den einzelnen Bundesländern gemessen werden. Bisher wird das nicht auf Landes-, sondern nur auf Bundesebene getan. Der Bund ist zwar der Gesetzgeber, führt die Gesetze jedoch nicht aus.
Das zentrale Problem für die Digitalisierung der deutschen Verwaltung ist die ungeheure Komplexität der Willensbildung im föderalen Staat. … In der Krise wird deutlich, was auch in normalen Zeiten immer öfter Sorge bereitet: Deutschland ist, denkt und handelt zu kompliziert.
Entscheidungen treffen
Die Entwicklung von Software oder von Ideen sind nicht das Problem, aber es wird zu wenig und zu schleppend entschieden. Daher bräuchte es beispielsweise Mehrheitsentscheidungen oder andere Strukturen, die dazu führen, dass Entscheidungen getroffen werden. So käme Deutschland etwa in der Digitalisierung erheblich voran.
Planungsbeschleunigung
Im seinem Urteil zum Klimaschutzgesetz stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass ausreichende Vorgaben für eine Emissonsreduzierung ab 2031 fehlen. Die Richter verpflichteten den Gesetzgeber, die Minderungsziele für Emissionen besser zu regeln. Aus diesem Urteil, so Thomas de Maizìere, ließe sich ein verfassungsrechtlicher, mindestens aber ein verfassungspolitischer Auftrag herauslösen: Eine erhebliche Planungsbeschleunigung in gesellschaftspolitisch wichtigen Bereichen.
In der Krise muss anders entschieden, verwaltet und geführt werden als in der Normalität
Auf Landesebene gibt es ihn, den Krisenmodus, nicht jedoch auf Bundesebene. Das muss dringend geändert werden durch ein Bundeskatastrophenschutzgesetz. Dass wir eine Krisenresilienz für Deutschland brauchen, ist der fünfte Punkt in dem Buch, den Thomas de Maizière besonders hervorhob.