Kompetenzerfassung als Schlüssel
Vom Talentmanagement bis hin zur Mitarbeiterentwicklung mit boost.rs
Wer sich arbeitssuchend meldet, kann sich über die eServices der Bundesagentur für Arbeit ein Bewerberprofil einrichten. Neben Keywords für Jobgesuche können fachliche und vereinzelt zwischenmenschliche Fähigkeiten angegeben werden. Die Angaben werden meist in Betreuung durch einen Jobvermittler aufgenommen und sind für den Arbeitssuchenden im Zugang beschränkt.
Um beispielsweise Veränderungen im Lebenslauf vorzunehmen, muss der Vermittler angefragt werden. Eigenschaften wie „Kreativität“ oder „Zuverlässigkeit“ dürfen nur entsprechend einer Anzahlvorgabe ausgewählt werden und haben kaum Einfluss auf die letztendlichen Vermittlungsangebote. Das Bewerberprofil ist sehr starr und wird hauptsächlich für die Jobsuche, nicht aber für die sonstige Weiterbildung des Bürgers genutzt.
Kompetenzerfassung durch AI
Das französische Pendant zum Arbeitsamt „Pole Emploi“ setzt im Rahmen ihres Portals „Emploi Store“ eine Software ein, die es Arbeitnehmern erlaubt, ihre Stärken und Erfahrungen einfach, schnell und visuell ansprechend zu erfassen und zu präsentieren. Das französische Start-up „boost.rs“ hat dafür mithilfe von Artificial Intelligence die Berufskompetenzen nach ESCO-Klassifikationen sowie den US-amerikanischen O’NET-Kompetenzen in einer Software gebündelt.
Kompetenz im Ist- und Soll-Zustand
Der Nutzer kann selbst jobspezifische zwischenmenschliche sowie sonstige Fähigkeiten, berufliche Laufbahn und Erfolge in einem Kompetenzprofil zusammentragen. Für eine gewisse Berufsgruppe werden durch das System erforderte Kompetenzen vorgeschlagen, die das Profil vervollständigen bzw. aufzeigen, wie sich der Arbeitnehmer weiterbilden könnte.
So wird nicht nur einen Ist-Zustand dokumentiert, sondern zusätzlich die Möglichkeit geboten, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln und diese Informationen auf dem Arbeitsmarkt zu präsentieren.
Bedarfe erkennen, Talente einsetzen
Auch Unternehmen haben die Möglichkeit, boost.rs zu nutzen. Mitarbeiter können ihr Profil kontinuierlich pflegen und der jeweiligen Firma zur Verfügung stellen. Die jeweiligen Anforderungen werden in der Datenbank gesammelt. Je intensiver die Mitarbeiter ihre Profile pflegen, desto mehr Daten stehen den Personalern zur Verfügung. Gibt man etwa eine Programmiersprachen-Anforderung in die Datenbank ein, werden die Mitarbeiter angezeigt, die mit diesen prozentual am stärksten übereinstimmen.
Das Personalmanagement hat so einen Überblick über die Kompetenzen der Mitarbeiter und kann dieses Wissen heranziehen, um Weiterbildungsbedarfe oder Talente zu erkennen. So können Mitarbeiter für offene interne Stelle gefunden oder vorbereitet werden.
Beurteilungssystem ergänzen
Eine Herangehensweise, die besonders für die öffentliche Hand dienlich sein könnte. Denn die Kompetenzerfassung in dieser Form kann ergänzend zum Beurteilungssystem genutzt und im Kompetenzmanagement herangezogen werden.
Beispielsweise könnten die vorliegenden Daten verwendet werden, um Mentoring-Programme (Reverse Coaching) beispielsweise für technische Kompetenzbedarfe zu organisieren. Langjährige Mitarbeiter können so für „neue Beschäftigungen“ fit gemacht werden.
Außerdem werden Mitarbeiter durch die Auseinandersetzung mit ihren Kompetenzen stärker für neue Einsatzmöglichkeiten oder Marktanforderungen sensibilisiert. Eine fortlaufende Weiterbildung und bewusste Entwicklung bilden eine stabile Grundlage für eine resiliente Organisation. Die Mitarbeiter werden außerdem stärker an Personalprozessen beteiligt, was zur Motivation und Aktivierung beitragen kann.