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Nachwachsende Rohstoffe in der öffentlichen Beschaffung?

Ergebnisse des Projekts "Identifikation, Visualisierung und Analyse verwaltungsinterner Strukturen zur Förderung der öffentlichen Beschaffung von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen"

Das Projekt fokussierte die internen Prozesse in öffentlichen Verwaltungen bei der Beschaffung von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen, um hieraus Rückschlüsse über Möglichkeiten einer verstärkten Beschaffung nachhaltiger Produkte ziehen zu können. Dabei wurden die bei den Beschaffungsprozessen zusammenwirkenden Gruppen (Bedarfsträger, Einkäufer und Verwaltungsleitung) innerhalb der öffentlichen Verwaltungen analysiert. Die folgenden vier Arbeitspakete wurden bearbeitet.

Ergebnisse der Fragebogenstudie  

Lediglich jeweils ein Viertel der Befragten weisen ökologischen bzw. sozialen Nachhaltigkeitsaktivitäten in ihrer eigenen Verwaltung eine hohe oder sehr hohe Bedeutung zu. Daher überrascht es auch nicht, dass lediglich bei knapp einem Sechstel der öffentlichen Verwaltungen bereits Vorgaben für die Beschaffung von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen existieren. Wenn solche Vorgaben vorhanden sind, lassen sich folgende Schlüsse ableiten:

  • Ein Anstoß zur vermehrten Beschaffung von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen wird zumeist durch die Verwaltungsleitung oder – etwas weniger häufig – den Einkauf initiiert.
  • Der öffentliche Druck spielt ebenfalls eine signifikante Rolle, sogar leicht stärker als gesetzliche Vorgaben.
  • Hinweise von Bürger*innen und, in etwas geringerem Ausmaß, Wünsche der Bedarfsträger sind für die Definition von Vorgaben zur Beschaffung von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen im Mittel seltener entscheidend.
  • Das Marketing der Hersteller von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen hat offenbar nur geringe Wirkung auf diese Vorgaben.

Wie hoch der tatsächlich beschaffte Anteil an Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen ist, hängt erheblich von der Ausprägung des Nachhaltigkeitsgedankens, also ob diese sehr hoch, hoch, mittel, gering oder sehr gering ist, über die jeweiligen Produktgruppen ab. Abbildung 1 zeigt, dass sich zwischen dieser Ausprägung und der Beschaffungsintensität klare Parallelen erkennen lassen.  

Abbildung 1: Produktgruppenvergleich

Jedoch wird hier auch ersichtlich, dass der grundsätzliche Anteil von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen am Beschaffungsvolumen (hier im Beispiel mindestens 40 %) produktgruppenabhängig und teilweise gering ist. Daher müssen auf Seiten der öffentlichen Verwaltungen erhebliche Hürden existieren, die einer stärkeren Nachhaltigkeitsorientierung entgegenstehen. Die unterschiedlichen wahrgenommenen Hürden sind in Abbildung 2 verdeutlicht.

Abbildung 2: Potenzielle Hürden von öffentlichen Auftraggebern

Öffentliche Verwaltungen sehen vor allem den finanziellen und personellen Mehraufwand bei der Beschaffung von bzw. der Recherche nach Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen als Haupthinderungsgründe. Zweifel an der tatsächlichen Eignung der Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen dagegen kaum. Ein mangelndes Angebot wird von etwas weniger als der Hälfte der befragten öffentlichen Verwaltungen als Hinderungsgrund für eine verstärkte Beschaffung von Gütern aus nachwachsenden Rohstoffen angeführt. Eine etwaig mangelnde Unterstützung seitens der höheren Verwaltungsebenen, des Einkaufs oder der Bedarfsträger scheint eher selten eine Rolle zu spielen.

Ausschreibungsanalyse

Eine Recherche zugehöriger Ausschreibungstexte über eineinhalb Jahre (01/2020 – 08/2021) sollte aufzeigen, welche Siegel in Ausschreibungen häufig Verwendung finden. Über alle Produktgruppen hinweg, wurden hierbei am häufigsten die Umweltsiegel FSC, PEFC und Blauer Engel gefordert. Produktgruppen, in welchen die Verwendung von Siegeln bereits weit verbreitet ist und die daher auch am häufigsten im Rahmen der Recherche gefunden wurden, sind Büroartikel, Textilien sowie Büro- und Raumausstattung. Nur wenige Ausschreibungen mit Vorgabe von Umweltsiegeln konnten jeweils in den Produktgruppen Verpackungsmaterialien, Energie, Schmierstoffe sowie Dünge- und Pflanzenschutzmittel gefunden werden. Während in den Produktgruppen Verpackungsmaterialien und Energie Umweltsiegel, die nachhaltig angebaute nachwachsende Rohstoffe fördern, existieren (z.B. Blauer Engel), besteht in den anderen beiden Produktgruppen Potential für die Erarbeitung eines Umweltsiegels, das in den Ausschreibungen gefordert werden könnte, um so nachwachsende Rohstoffe standardisiert zu fördern.

Fallstudien

An die Befragung anschließend wurden Fallstudien anhand von Experteninterviews erstellt. Diese sollten Beschaffungsprojekte von öffentlichen Verwaltungen, die bereits heute schon eine Vorreiterrolle innehaben, detailliert analysieren sowie Treiber und Hemmnisse für eine vermehrte Beschaffung von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen herausarbeiten. Als häufig genannte Treiber konnten die Schaffung einer Stelle für nachhaltige Beschaffung, die Einführung verwaltungsinterner (verbindlicher) Vorgaben sowie ein intra- und interkommunaler Austausch identifiziert werden. Als größte Hemmnisse wurden die Unsicherheiten der Bedarfsträger und ein als mangelnd empfundenes Angebot genannt. Diese Ergebnisse decken sich mit den Erkenntnissen der Fragebogenstudie. In Teilen wurden darüber hinaus auch Vorbehalte gegenüber Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen im Allgemeinen als potenzielles Hemmnis angeführt. Um dem entgegenzuwirken, wurden strategische, organisatorische sowie führungs- und kommunikationsbezogene Maßnahmen abgeleitet. Wichtig ist vor allem ein vollumfängliches Informationsangebot für die Beschaffer*innen u.a. in Form von Schulungen, eine sukzessive Umstellung hin zu Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen und sogenannte „Testkäufe“, um die Bedenken schrittweise zu verringern.

Internet-Plattform www.nawa-ro.de

Abschließend wurden im Laufe des Jahres 2022 die gewonnenen Erkenntnisse aufbereitet und auf einer Internet-Plattform visuell aufbereitet zur Verfügung gestellt. Unter www.nawa-ro.de finden sich alle Ergebnisse sowie Auswertungsanalysen detailliert aufgeführt.