Ist „Mindful Leadership“ der geeignete Führungsansatz für agile Organisationen?
Mit dieser Frage befasste sich Alexander Hobbach im Zukunftsforum "Personalentwicklung und Fortbildungskonzepte: Agilität in der digitalen Transformation".
Im Zukunftsforum von „neue Verwaltung“ und dbb akademie werden traditionell neue Ansätze der Personalentwicklung und Fortbildung aus Wirtschaft und Verwaltung aufgegriffen und zur Diskussion gestellt. Im Mittelpunkt von neuen Konzepten sollten allerdings immer die Beschäftigten stehen, nicht ausschließlich die Technik oder der generelle Wunsch der Leitungsebene nach mehr Innovation, Agilität und Effizienz.
Es sind die Ziele vieler Organisationen, innovativer, agiler und effizienter zu werden in Zeiten weitreichender Transformationen im Kontext des digitalen Wandels. Es geht darum, schneller auf neue Anforderungen oder Kundenbedürfnisse zu reagieren, die Organisation möglichst flexibel zu gestalten, Kräfte der Selbstorganisation und Eigenverantwortung zu stärken und eine Kultur des Vertrauens und der Zusammenarbeit zu entwickeln. Auch die Daimler AG muss sich permanent diesen Herausforderungen stellen.
Alexander Hobbach erläuterte in seinem Vortrag sehr anschaulich, wie sich die hochgesteckten Ziele nach mehr Innovation, Agilität und Flexibilität mit „Mindful Leadership“, das heißt achtsamer Führung, verbinden lassen.
Seine These ist, dass eine achtsame Haltung die Grundlage für Agilität in Organisationen darstellt. Der Fokus liegt nicht auf agilen Werkzeugen und Methoden, die so mancher als Wundermittel gegen die Krise sieht, sondern auf einem entsprechenden „Mindset“, der inneren Haltung.
Ein Mindset kann steif und inflexibel sein – festgefahren in starren Bahnen, fremdgesteuert per Autopilot oder abgelenkt im Multitasking Modus. Oder es kann dynamisch und auf Wachstum ausgerichtet sein und gekennzeichnet durch Offenheit und Mut, Selbststeuerung, Präsenz und Fokussierung.
Ein achtsamkeitsbasiertes Mindset beinhaltet eine hohe Lern- und Veränderungsbereitschaft, Neugier und Experimentierfreude sowie eine gewisse Resilienz und Frustrationstoleranz. Diese Haltung entfaltet ihre positive Wirkung sowohl auf der Ebene des Individuums als auch auf der Ebene von Gruppen und Teams sowie der gesamten Organisation.
Als Führungsansatz spielt „Mindful Leadership“ aus Sicht von Alexander Hobbach besonders in agilen (oder nach Agilität strebenden) Organisationen eine zentrale Rolle. Mindfulness soll Führungskräften helfen, auf Augenhöhe und mitarbeiterzentriert zu führen, Vertrauen und Wertschätzung zu geben, mit neuen und herausfordernden Situationen umzugehen, eingefahrene Handlungsabläufe aufzubrechen und eine achtsamkeitsbasierte, positive und innovative Organisationskultur zu schaffen.
Der Achtsamkeitsansatz ist dabei als Gegenbewegung zur Daueraktivität, Unkonzentriertheit und zum Multitasking-Modus zu sehen, die zu Erschöpfungszuständen und Burn-Out führen können. Der Weg muss deshalb vom „doing agile“ zum „being agile“ gehen, Mindful Leadership trägt dazu bei. Maßnahmen des achtsamkeitsbasierten Ansatzes sind Trainings (regelmäßige persönliche Praxis), Routinen (bewusste Anwendung im Teamalltag) sowie die Etablierung einer entsprechenden Kultur (Entwicklung organisationaler Achtsamkeit).
Beeindruckend ist die Anzahl der Teilnehmenden bei der Daimler AG an den Aktivitäten zum Thema Achtsamkeit: 4.000 Teilnehmende an den Informationsveranstaltungen, mehr als 800 Teilnehmende an Trainings und Workshops (Führungskräfte und Mitarbeiter*innen gemischt). „Ins Erleben bringen …“ nennt Alexander Hobbach die Trainings und „Mindful Breaks“. So finden die Trainings nach Möglichkeit in Klöstern statt und in einigen Standorten der Daimler AG wurden bereits separate Meditationsräume eingerichtet.
Die Fragen der Teilnehmenden des Forums konzentrierten sich auf folgende Aspekte:
- Was hat die Daimler AG dazu veranlasst, diesen achtsamkeitsbasierten Ansatz einzuführen?
- Wie haben Sie es geschafft, das Management zu überzeugen?
- Wie könnte dieser Ansatz in der öffentlichen Verwaltung implementiert werden?
Hierzu ein paar kurze Anmerkungen seitens des Referenten (auch im Video auf wegweiser.tv zu finden), da in diesem Format leider die Zeit für eine ausführliche Diskussion fehlte:
Als Führungskraft in einer neuen agilen Organisationseinheit zu digitalen Innovationen hat Alexander Hobbach selbst erlebt, was agiles Arbeiten bedeutet, wie zum Beispiel das Hinterfragen und Reflektieren der traditionellen Führungsrolle. Agilität lässt sich nicht verordnen, schon gar nicht top-down. Mit Hilfe einer starken „Graswurzel-Bewegung“ und dem Commitment des mittleren Managements wurde auch die Aufmerksamkeit und Akzeptanz des oberen Managements erreicht, die tägliche Überzeugungsarbeit eingeschlossen.
Sehr viel Mut und Ausdauer gehören dazu, iteratives Vorgehen mit Pilotbereichen sowie Offenheit und persönliche Praxis der Führungskräfte.
Die Fortsetzung folgt im nächsten Jahr, dann kann Alexander Hobbach die Teilnehmenden ganz analog „ins Erleben bringen“!