Die Generalunternehmervergabe auf kommunaler Ebene
Alternative Beschaffungsformen bleiben die Ausnahme| Ergebnisse einer praxisorientierten Studie
Die Vergabe öffentlicher Bauaufträge stellt einen volkswirtschaftlich bedeutenden Faktor dar. Die Ergebnisse der genannten Studie zeigen, dass in den Jahren 2015 bis 2017 das für öffentliche Bauaufträge vorgesehene jährliche Auftragsvolumen von 73 Prozent der befragten Kommunen die fünf Millionen Euro-Grenze überschritt. Dazu schrieben knapp ein Drittel der befragten Kommunen jährlich mindestens einen Bauauftrag in der Größenordnung ab 1,5 Millionen Euro aus.
Mit 40 Prozent unterbesetzten kommunalen Vergabestellen und einer jährlich sinkenden Anzahl an Unternehmen, die sich für öffentliche Aufträge bewerben, ist es an den kommunalen Auftraggebern, gesetzliche Spielräume auszunutzen. In diesem Sinne lohnt sich der Blick über die übliche Losvergabe hinaus auch auf andere alternative Beschaffungsformen.
Generalunternehmer & Generalübernehmervergabe
Solche Beschaffungsformen versprechen insbesondere bei komplexeren Bauvorhaben und knappen Personalkapazitäten die Vorbeugung unverhältnismäßiger Kostennachteile sowie das Generieren substantieller Zeitvorteile (insbesondere bei Eilbedürftigkeit des Bauvorhabens) und Synergieeffekte.
Zu den alternativen Beschaffungsvarianten zählt insbesondere die GU-Vergabe. Diese bezeichnet eine gebündelte Vergabe von Planungs- und Bauleistungen, in der Regel ab der HOAI-Phase 5. Dabei übernimmt ein Auftragnehmer (Generalunternehmer) die Bauleistungen und führt diese zumindest teilweise selbst durch. Werden die Bauleistungen nicht vom Auftragnehmer selbst, sondern von Nachunternehmern erbracht, handelt es sich dagegen um eine Generalübernehmervergabe.
Die rechtliche Zulässigkeit von GU-Vergaben richtet sich im Oberschwellenbereich nach § 97 Abs. 4 S. 2 GWB. Entscheidend ist das Vorliegen von wirtschaftlichen und/oder technischen Gründen, die das Absehen von einer Losvergabe zu Gunsten der Gesamtvergabe rechtfertigen.
Signifikant ist allerdings, dass auch dann, wenn in der Praxis die rechtlichen Voraussetzungen für eine GU-Vergabe erfüllt sind, 30 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden Kommunen dennoch davon absehen. Auch insgesamt zeigt die Studie, dass von 166 Bauaufträgen mit einem Mindestvolumen von 1,5 Millionen Euro in den Jahren 2015 bis 2017 nur jede fünfte im Zuge einer Gesamtvergabe realisiert wurde. Zusätzlich verzeichnet die Studie, dass lediglich jede fünfte der befragten Kommunen Erfahrungen auf diesem Gebiet vorweisen kann.
Vorteile von GU-Vergaben
Gleichzeitig gaben allerdings über 60 Prozent der Kommunen an, mit der Durchführung ihres Auftrages durch einen Generalunternehmer bzw. –übernehmer eher bis sehr zufrieden gewesen zu sein. Darüber hinaus zeigte die Studie, dass es im erforschten Zeitraum lediglich zwei Rügenfälle seitens Mitbieter im Zusammenhang mit einer GU-Vergabe gegeben hat. Ebenfalls war im genannten Zeitraum keine Rückforderung von Zuwendungen auf Grund von Beanstandungen durch Zuwendungsgeber zu verzeichnen.
Trotz dieser Vorteile spielen GU-Vergaben als Beschaffungsvarianten eine recht kleine Rolle. Ein Grund für die nach wie vor strake Vorliebe der kommunalen Auftraggeber für die Einzelvergabe könnte in dem mit ihr verbundenen Ziel der Mittelstandsförderung liegen. Für 83 Prozent der befragten Kommunen war das der entscheidende Grund dafür, von einer GU-Vergabe zu Gunsten einer Losvergabe abzusehen. Zusätzlich zeigte die Studie, dass 75 Prozent der Kommunen neben der Losaufteilung auch weitere Maßnahmen ergreifen (Loslimitierung, Zulassung von Bietergemeinschaften), um den Mittelstand zu fördern.
Im Zusammenhang mit dem vorhandenen Investitionsrückstand, der Bereitstellung von staatlichen Fördermitteln und Personalengpässen sind kommunale Auftraggeber gut beraten, sich die mit alternativen Beschaffungsformen verbundenen Möglichkeiten und Chancen vor Augen zu führen. Zumindest im Hinblick auf die GU-Vergabe hat die genannte Studie einige der damit verbundenen Vorurteile wie die fehlende Zuwendungsfähigkeit und das erhöhte Risiko auf Rügeverfahren entkräftet.