Die Bundesverwaltung in der Cloud
„Wir haben einen riesigen Bedarf, datengetriebene Geschäftsmodelle zu entwickeln. Etwa wenn es um die Übermittlung immenser Daten der Gesundheitsämter an das Robert-Koch-Institut geht. Die Antwort darauf ist aus meiner Sicht ganz deutlich eine Cloud“. Das konstatierte Holger Lehmann, Leiter des Leitungsstabes und Pressesprecher im ITZ-Bund, dem zentralen IT-Dienstleister des Bundes.
In der Bundesverwaltung hat man die Vorteile der Cloud – Flexibilität, Schnelligkeit, Mobilität und Effizienz – längst erkannt. Seit einigen Jahren betreibt der Bund in seinem Rechenzentrum ITZ-Bund die private Bundescloud, arbeitet so wirtschaftlicher und behält die Hoheit über seine Daten.
Holger Lehmann sieht für die Bundesverwaltung jedoch keinen dauerhaften Alleingang: „Wir brauchen Patenschaften mit der Wirtschaft, wenn wir Cloud Computing gemeinsam stemmen wollen und müssen.“ Die Bundesverwaltung stehe bereits mit allen großen Cloud-Anbietern der Welt in Kontakt, um Infrastruktur-Modelle zu schaffen, die ein bestimmtes Schutzniveau und ein bestimmtes Sicherheitsniveau haben.
NRW mit landeseigener Cloud
NRW hat mit dem IT.NRW einen landeseigenen IT-Dienstleister und mit d-nrw einen weiteren großen Dienstleister, der sowohl dem Land als auch den Kommunen gehört. Hinzu kommen 40 kommunale Dienstleister, die alle als klassische Rechenzentren gestartet sind. „Damit nicht jedes einzelne für sich selbst immer wieder Lösungen finden müsse, bietet sich eine Cloud an, die alle IT-Dienstleister miteinander verbindet,“ sagt Prof. Andreas Meyer-Falcke, CIO des Landes.
Mit Verweis auf die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes plädierte Prof. Meyer-Falcke dafür, die Nutzerperspektive einzunehmen: „Aus Sicht des Bürgers ist nicht von Bedeutung, ob er eine Bundesleistung, eine Landesleistung oder eine Kommunalleistung abruft.“ Sein Ziel sei es einfach, dass er die Leistung digital bekomme. Und das funktioniere nur, wenn es einen Portalverbund gibt, aus dem diese Leistung abgerufen werden kann.
Die Komplexität verringern
„Die ursprüngliche Idee der Cloud entstand daraus, dass wir sehr komplexe und langdauernde IT-Projekte haben, bei denen man die IT-Ressourcen nicht immer gleichmäßig auslasten kann. Auch die Fachbereiche haben unterschiedliche Bedürfnisse, aber die Funktionalitäten lassen sich zusammenfassen und übergreifend nutzen“, erläuterte Isabella Groegor-Cechowicz, Vice President der Region EMEA bei Amazon Web Service (AWS). Das Unternehmen hatte bereits relativ früh festgestellt, dass es in solchen Systemen eine relativ hohe Komplexität gibt, zum Beispiel Server neu beschafft und Fachverfahren darauf aufgesetzt werden müssen. Dazu brauche es agile Teams, die selbständig DevOps entwickeln, aber auch durch internetbasierte Schnittstellen miteinander sprechen.
Um Cloud erfolgreich umzusetzen, brauche es drei Bausteine, so Isabella Groegor-Cechowicz: Eine Cloud-Strategie, einen Kulturwandel innerhalb der Organisation und Vergabeverfahren, die Rechtssicherheit schaffen und wirtschaftliche Impulse zum Beispiel bei lokalen Start-Ups setzen. Gute Vorreiter sind bei den Vergabeverfahren etwa die EU oder Großbritannien, dessen erstes Vergabeverfahren 2011 vielen Start-ups sowie kleinen und mittelständischen Betrieben die Möglichkeit gab, sowohl regelkonform als auch besonders leicht an den Staat liefern zu können.
Agile Softwareentwicklung braucht Cloud
Philipp Möser, Geschäftsführer bei DigitalService4Germany, rät mit Blick auf eine erfolgreiche Strategie dazu, „mit einzelnen Problemen anzufangen und diese iterativ umzusetzen“. Als entscheidenden Faktor für die Entwicklung neuer digitaler Produkte sieht er ebenfalls die Cloud und begründet dies mit den Anforderungen einer agilen Softwareentwicklung: Um ein neues Produkt testen, iterieren und weiterentwickeln zu können, müsse man in der Lage sein, die Software sehr schnell auszurollen. Dazu wiederum brauche es einen sehr schlanken Betriebsprozess. „Und dafür,“ so Philipp Möser, „bietet Cloud im Endeffekt die ideale Lösung.“