Vom Serverraum im Keller zum konsolidierten Betrieb im Rechenzentrum
Herausforderungen der IT-Dienstleistersteuerung - Teil 1 von 4
Die digitale Modernisierung der öffentlichen Verwaltung erfordert eine grundlegende Transformation der IT-Infrastruktur – von dezentralen Serverräumen hin zu zentralen Rechenzentren. In dieser vierteiligen Serie beleuchtet Anne Heimberg die Chancen, Herausforderungen und Auswirkungen dieses Wandels auf Effizienz, Sicherheit und IT-Dienstleistersteuerung.
Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung gehört zu den zentralen Aufgaben, die in den nächsten Jahren bewältigt werden müssen. Dabei spielt die IT-Infrastruktur eine entscheidende Rolle. Traditionell nutzen viele Behörden dezentral organisierte Serverräume und eigene IT-Lösungen, die im Laufe der Zeit gewachsen sind und oft individuelle Anforderungen erfüllen. Die zunehmende Komplexität und der steigende Anspruch an Effizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit machen es jedoch erforderlich, diese Strukturen zu modernisieren. Der Übergang von dezentralen Serverräumen hin zu konsolidierten IT-Dienstleistungen in zentralen Rechenzentren stellt für Bund, Länder und Kommunen gleichermaßen eine enorme Transformation dar.
2021 wurden die Arbeitsschwerpunkte der Digitalstrategie der Bundesregierung definiert. Ziel ist es unter anderem die IT-Infrastruktur des Bundes zu harmonisieren und optimieren. Auch die Strategien der Länder und Kommunen setzen auf die Bereitstellung und den Betrieb zentraler Informationstechnik durch eigene IT-Dienstleister. Laut einer Umfrage der msg systems aus dem Jahr 2023 sind vor allem gesetzliche und politische Vorgaben die Hauptgründe für die IT-Auslagerung in den Verwaltungseinheiten.
Auf Bundesebene bedeutet eine solche Zentralisierung des Betriebs, die lokalen Serverräume und einzelne Rechenzentren in die Masterrechenzentren des IT-Dienstleister des Bundes (ITZBund) zusammenzuführen. Hierzu werden im Rahmen der IT-Konsolidierung Bund zwei strategische Programme umgesetzt. Zum einen die Dienstekonsolidierung, mit der Verantwortung im Bundesministerium des Innern und für Heimat und zum anderen die IT-Betriebskonsolidierung Bund (BKB) unter der Federführung des Bundesministeriums der Finanzen.
Ziel der IT-Betriebskonsolidierung ist es, bis Ende dieses Jahres rund 200 Bundesbehörden in die IT-Betriebsplattform Bund (BP-Bund) zu migrieren, deren Aufbau im Jahr 2021 abgeschlossen wurde und die Netzwerkkabel in einer Länge von 13,2 km und 108 physische Serversysteme umfasst. Die Konsolidierung auf die standardisierten Servermodelle (IaaS) des ITZBund soll bis 2028 abgeschlossen sein. Sogenannte Behördenprojekte sind innerhalb der einzelnen Bundesbehörden für die Umsetzung der BKB zuständig.
Dieser Wandel birgt sowohl immense Potenziale als auch komplexe Herausforderungen. Während durch Konsolidierung und Standardisierung enorme Effizienzgewinne erzielt werden können, müssen gleichzeitig individuelle Anforderungen und spezifische organisatorische Strukturen berücksichtigt werden. Die folgenden Abschnitte beleuchten wichtige Aspekte dieses Transformationsprozesses inkl. der Vorteile und Hürden einer Konsolidierung.
Aus der Nische in die Cloud: Warum die öffentliche Verwaltung auf zentrale Rechenzentren setzen sollte
Der Übergang zu zentralisierten Rechenzentren eröffnet der öffentlichen Verwaltung zahlreiche Chancen. Folgend werden die vier wesentlichen Vorteile benannt:
- Standardisierung und Automatisierung: Der Hauptvorteil liegt dabei in der Effizienzsteigerung, der durch Standardisierung und Automatisierung ermöglicht wird. Rechenzentren wie das ITZBund bieten skalierbare Lösungen, die nicht nur Kosten sparen, sondern auch die Betriebssicherheit erhöhen. Die Bündelung von Ressourcen erlaubt eine optimierte Nutzung von IT-Kapazitäten und verringert die Notwendigkeit, redundante Systeme zu betreiben. Geschäftsprozesse, wie beispielsweise die E-Rechnung, werden einheitlich digitalisiert und automatisiert.
- IT-Sicherheit und Datenschutz: Ein entscheidender Vorteil ist die Verbesserung der IT-Sicherheit. Zentralisierte Rechenzentren sind in der Regel nach hohen Sicherheitsstandards zertifiziert, wie beispielsweise der ISO 27001. Diese Standards gewährleisten nicht nur den Schutz sensibler Daten, sondern erfüllen auch die Anforderungen an die Verarbeitung von Verschlusssachen (VS-NfD). Gerade für Behörden, die mit vertraulichen oder personenbezogenen Daten arbeiten, bietet dies eine erhebliche Entlastung.
- Kapazitätsgewinnung und Entschärfung des Fachkräftemangels: Zusätzlich trägt die Konsolidierung zur Lösung eines der drängendsten Probleme der öffentlichen Verwaltung bei: dem Fachkräftemangel. Insbesondere die Gewinnung von IT-Personal gestaltet sich für den öffentlichen Sektor immer schwieriger. Indem spezialisierte IT-Aufgaben an zentralisierte Dienstleister ausgelagert werden, reduziert sich der Bedarf an hochqualifiziertem Personal innerhalb einzelner Behörden. Zusätzlich können sich freigewordene Ressourcen auf die Kernaufgaben der Behörde fokussieren.
- Reaktionszeit und Erreichbarkeit: Die IT-Abteilung kleinerer Behörden ist oft nicht rund um die Uhr besetzt. Ein zentrales Rechenzentrum kann auf Störungen oder Anfragen wesentlich schneller reagieren, da spezialisierte Teams zu jeder Zeit zur Verfügung stehen. Automatisierte Systeme und klare Prozesse ermöglichen eine zeitnahe Identifikation und Behebung von Problemen sowie Notfällen. Durch den gebündelten Betrieb in einem Rechenzentrum wird die IT-Infrastruktur besser überwacht und gewartet. Das bedeutet weniger Ausfallzeiten und eine konstante Verfügbarkeit für alle Nutzer. Dies ist besonders wichtig für kritische Verwaltungsprozesse, die ständige Erreichbarkeit erfordern. Dazu zählen unter anderem Bereiche wie die Energie- und Wasserversorgung, aber auch das Gesundheitswesen.
Trotzdem liegen laut einer Umfrage der msg systems im Jahr 2023 nur 44 % des IT-Infrastruktur-Betriebs (z. B. Clients, Server, Netze, Storage, Archivierung) der Bundesbehörden bei einem öffentlichen IT-Dienstleister. In den Großstädten und Landesbehörde sieht es mit 66 % ein wenig besser aus [1].
Was sind die Gründe für diese Zahlen? Welchen Hürden begegnet die öffentliche Verwaltung? Der nächste Teil der Serie beschäftigt sich mit den Herausforderungen solcher Megaprojekte.