„Wir digitalisieren die Arbeitsprozesse im BIBB und gestalten ein attraktives, zukunftsfähiges Arbeitsumfeld"
VdZ sprach mit dem Leiter der Zentralabteilung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) über die Umsetzung einer digitalen Agenda
VdZ: Herr Schuldenzucker, wenn Sie sich zurückerinnern – gab es einen entscheidenden Moment, der den Anstoß dazu gab, eine digitale Agenda einzuführen?
Andreas Schuldenzucker: Das BIBB hat sich frühzeitig mit den Herausforderungen aber auch Chancen einer Digitalisierung beschäftigt und 2018 in seiner „Strategie-2025“ festgelegt: Wir digitalisieren die Arbeitsprozesse im BIBB und gestalten ein attraktives, zukunftsfähiges Arbeitsumfeld. Mit der darauf aufbauenden Digitalisierungsstrategie, die das BIBB 2019 mit dem Beratungszentrum des Bundesverwaltungsamtes (BVA) erarbeitet hat, wurde das Thema schließlich mit konkreten Zielen und Maßnahmen einer Digitalisierungsagenda hinterlegt. Bereits ab 2018 hatten wir im Rahmen unserer „Mobilitätsstrategie“ damit begonnen alle geeigneten Arbeitsplätze mit mobilen Endgeräten auszustatten und unsere VPN-Struktur auszubauen. Damit wurden die technischen Voraussetzungen für das mobile Arbeiten und die Telearbeit geschaffen und es musste nicht mehr nur auf überschaubare Kontingente begrenzt werden. Ein Meilenstein und wichtige Grundlage für die heutigen Möglichkeiten des mobilen Arbeitens im BIBB (bis zu 50 Prozent der regelmäßigen monatlichen Arbeitszeit), aber auch für das nächste große Digitalisierungsprojekt – die Einführung der elektronischen Akte im Rahmen der Umsetzung des E-Government-Gesetzes. Im Weiteren war diese Ausstattung aber auch die Garantie für die Arbeitsfähigkeit des Instituts in der Corona-Pandemie, auch wenn dies damals noch niemand ahnen konnte.
Ein gutes Timing – ging der Impuls von einer Person Ihrer Behörde aus oder haben mehrere Kollegen und Kolleginnen die Notwenigkeit einer digitalen Agenda erkannt?
Herr Schuldenzucker: Es wäre nicht angemessen, heute einen Impulsgeber für die Digitalisierung zu benennen. In jedem Fall bedarf es aber Mitarbeitende, die eigene Ideen zur Digitalisierung entwickeln, aber ebenso entsprechende Bedarfe des Hauses erkennen, Vorschläge aufgreifen und Pläne zur Umsetzung erarbeiten. Letztendlich steht und fällt ein solches Projekt mit der Unterstützung der Leitung und aller Führungskräfte und der Akzeptanz der Mitarbeitenden. Der Präsident des BIBB, Prof. Dr. Esser, hat die Digitalisierung stets, aber auch mit Bedacht gefördert und dabei institutspolitisch wichtige Weichen gestellt. Transparente Planungs- und Entscheidungsprozesse, die Beteiligung der Personalvertretungen, der Verantwortlichen für den Datenschutz oder die IT-Sicherheit und auch der Mitarbeitenden waren entscheidende Planungs- und Umsetzungsparameter. Für das Projekt mit dem BVA wurde beispielsweise ein Projektteam eingesetzt, dessen Mitglieder hausweit Multiplikatoren in das Projekt, aber ebenso aus dem Projekt in die Abteilungen und Stäbe waren. Über eine Steuerungsgruppe erfolgte der regelmäßige Austausch auch mit der Institutsleitung.
Wie gestaltete sich seitdem die Entwicklung der digitalen Agenda und welche Hindernisse galt es zu überwinden?
Herr Schuldenzucker: Mit dem BIBB-BVA Projekt zur Erarbeitung einer Digitalisierungsstrategie sollten
- über die reine Umsetzungsplanung des E-Government-Gesetzes (EGovG) hinausgehende weitere Digitalisierungsprojekte erarbeitet, visualisiert und priorisiert werden,
- die bisherigen Maßnahmen der Digitalisierung im BIBB (zum Beispiel aktuelle Umsetzungen zum EGovG, Mobilitätsstrategie) miteinander verbunden, ihnen eine „Klammer“ gegeben werden,
- echte, messbare und erreichbare Digitalisierungsziele abgestimmt und
- den Mitarbeitenden die erforderliche Orientierung und letztendlich der Umsetzungsplanung verlässliche Strukturen gegeben werden.
Dabei wurden drei aufeinander aufbauende Phasen abgestimmt. Die Erarbeitung eines Digitalen Selbstbildes (unter anderem gemeinsames Verständnis der Digitalisierung im BIBB), anschließend die Abstimmung strategischer Digitalisierungsziele und zuletzt die Festlegung auf eine Digitalisierungsagenda mit konkreten Maßnahmen zur Zielerreichung.
So wurden entsprechende Projekte mit umfangreichen Maßnahmen angestoßen, wie der weitere Ausbau der bestehenden technischen Infrastruktur zur mobilen Arbeit oder die Einführung einer E-Akte mit einem strategischen und operativen Prozessmanagement sowie der Erarbeitung eines Schulungs- und Fortbildungskonzeptes.
So schlimm die bisherige Corona-Pandemie auch war – der Digitalisierung hat die erforderliche Umstellung auf neue virtuelle und hybride Arbeitsformen und -formate einen enormen Schub gegeben – dies sicherlich nicht nur im BIBB. Die im BIBB verfügbare Technik ermöglichte es den Mitarbeitenden sehr schnell, sich im Homeoffice einzurichten. Neue Kollaborationsformate sicherten zumindest virtuell den Austausch untereinander. Zunächst nur provisorisch über MS-Office abgebildete Workflows gaben einen Vorgeschmack auf deren Einrichtung in der E-Akte und das papierlose Büro. Dies förderte natürlich auch die Bereitschaft und Akzeptanz bei der Einführung der E-Akte. Mittlerweile konnte der hausweite Wirkbetrieb der E-Akte-Bund mit wichtigen elektronischen Workflows gestartet werden. Weitere Prozesse sollen in den nächsten Monaten in die E-Akte überführt und ergänzend dazu die Vorgaben aus dem Onlinezugangsgesetz umgesetzt werden.
So schlimm die bisherige Corona-Pandemie auch war – der Digitalisierung hat die erforderliche Umstellung auf neue virtuelle und hybride Arbeitsformen und -formate einen enormen Schub gegeben – dies sicherlich nicht nur im BIBB.
Sie bezeichnen die digitale Agenda als „Erfolgsgeschichte aus dem Behördenalltag" – Was würden Sie anderen Behörden und Verwaltungen mit auf den Weg geben?
Herr Schuldenzucker: Digitalisierung ist ja kein Selbstzweck. Sie ist ein wesentlicher Baustein einer modernen und zukunftssicheren Arbeitsorganisation, bildet damit wichtige Grundlagen für eine hohe Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeitenden und ist in der Folge ein Garant für eine hohe Qualität der Arbeit.
So ist ohne stabil funktionierende digitale Kommunikationskanäle, wie zum Beispiel eine VPN-Infrastruktur, strukturierte elektronische Workflows und deren Einbindung in elektronische Akten, eine vernünftige mobile Arbeit kaum denkbar.
Mobiles Arbeiten wiederum bedingt Änderungen auch in der Präsenz-Arbeitsorganisation. Vereinbarungen zum Umfang der Präsenz oder zur Flexibilisierung der Arbeitszeit sind ebenso Voraussetzung wie Konzepte zum Einsatz von virtuellen oder hybriden Arbeitsformen im Rahmen einer neuen Präsenzkultur. Schließlich werden auch gewohnte Bürogestaltungs- und Belegungsformate zur Diskussion stehen und neue Lösungen erfordern.
Für die Planung und Durchführung solcher Projekte müssen schließlich ausreichende Ressourcen zur Verfügung stehen. Das ist sicherlich keine neue Erkenntnis. Es überrascht auch nicht, wenn an dieser Stelle noch einmal die Notwendigkeit der Unterstützung der Leitung, die Beteiligung der Gremien nicht nur bei mitbestimmungspflichtigen Vorgängen oder die Mitnahme der Mitarbeitenden hervorgehoben wird. Aber auch solche Selbstverständlichkeiten müssen immer wieder betont werden. In der Euphorie des Projektstartes werden sie allzu schnell vernachlässigt, aber ebenso sicher auch, wenn im Projekt der Alltag einsetzt. Dies dürfte fast jede Projektleitung schon einmal erfahren haben.
Zu guter Letzt: Das BIBB konnte sich bei den verschiedenen Digitalisierungsprojekten auf engagierte hausweite Projektteams mit verantwortungsvollen und kompetenten Projektleitungen und einem motivierten und motivierenden Koordinierungsbüro verlassen. Das ist keine Selbstverständlichkeit und bedarf einer besonderen Erwähnung.
Herr Schuldenzucker, vielen Dank für das Gespräch!
Live beim 8. Zukunftskongress Staat & Verwaltung vom 20. – 22. Juni 2022
ZUKUNFTSWERKSTATT I.II.4: in Zusammenarbeit mit dem BIBB
„Digital wandeln – Der Weg von veralteten Strukturen hinein in die Welt von Morgen – Umsetzung einer Digitalen Agenda"
20. Juni 2022, 14:15 – 15:30 Uhr