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Digitalisierung „bis an die letzte Milchkanne“

Innenminister Christian Pegel (M-V) im Interview

Beim diesjährigen eGovernment-Wettbewerb ausgezeichnet, unbeirrbar im Breitbandausbau und kompetenzinnovativ mit dem neuen Zentrum für Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern (ZDMV): Das Flächenland im digitalen Aufwind. Wir sprachen mit Innenminister Christian Pegel über den Wandel im Land.
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Verwaltung der Zukunft: Sehr geehrter Herr Minister Pegel, können Sie kurz sagen, welchen Stellenwert die Digitalisierung in Mecklenburg-Vorpommern für Sie derzeit hat?

Pegel: Einen sehr hohen. Die Informations- und Kommunikationstechnik ist die Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts. Unsere Welt wird immer digitaler, das gilt für unseren Berufsalltag wie für unser Privatleben. Wirtschaftlicher Erfolg wie Lebensqualität sind mittlerweile eng verbunden mit der digitalen Welt.  

Besonders für ein Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern ist es enorm wichtig, dünn besiedelte ländliche Räume an dieser Technologie teilhaben zu lassen. Die Digitalisierung trägt dazu bei, dass beispielsweise junge Familien die Vorteile des Lebens auf dem Land genießen können, weil sie dank schnellen Internets mobil arbeiten, Behördengänge online erledigen, telemedizinische Angebote nutzen können usw. Digitale Angebote sind also immens wichtig, um Menschen in unseren Dörfern und Städten zu halten und neue hinzuzugewinnen.

VdZ: Für Mecklenburg-Vorpommern als Flächenland hat die Verfügbarkeit von schnellem Internet und die Erreichbarkeit der Ämter eine hohe Bedeutung. Was wollen Sie hier in Zukunft erreichen?

Pegel: Die Landesregierung hat die Bedeutung des schnellen Internets insbesondere für den ländlichen Raum schon vor vielen Jahren erkannt. M-V hat sich deshalb seit dem ersten Aufruf des Bundesförderprogramms für den Breitbandausbau aktiv – und sehr erfolgreich – für den geförderten Breitbandausbau engagiert. Unser Ziel ist nach wie vor flächendeckend zukunftsfähiges Glasfaser- und Mobilfunknetz „bis an die letzte Milchkanne“. 

Die Erreichbarkeit der Ämter, also die Digitalisierung der Verwaltung, spielt dafür natürlich ebenfalls eine große Rolle. Mecklenburg-Vorpommern digitalisiert derzeit, wie alle übrigen Bundesländer und der Bund, die Verwaltungsleistungen. Aus Papieranträgen werden Onlineanträge. Die Verwaltung wird damit rund um die Uhr von überall aus zugänglich.

Mit dem Themenfeld Bauen und Wohnen, das Mecklenburg-Vorpommern übernommen hat, sind wir schon weit. Der digitale Bauantrag ist online und wird allen Bundesländern und Kommunen zur Nachnutzung angeboten. Im Übrigen wurde der digitale Bauantrag kürzlich im bundesweiten eGovernment-Wettbewerb als das beste OZG- oder Registermodernisierungsprojekt ausgezeichnet. Darauf sind wir sehr stolz, denn die Baugenehmigung ist eine sehr komplexe Verwaltungsleistung.

VdZ: Förderstopp des Bundes für den Ausbau des Glasfasernetzes: Wie sehr trifft das Ihr Land für die weiteren Digitalisierungsvorhaben?

Pegel: Der unangekündigte und auch für die Antragssteller nicht vorhersehbare plötzliche Antragsstopp im Graue-Flecken-Programm hat, mutmaßlich nicht nur in M-V, Unruhe verursacht, die durch eine frühere Einbindung der Länder hätte vermieden werden können.  Nach jetzigem Stand droht in M-V kein akuter Stillstand des Breitbandausbaus. Unsere Landkreise und kreisfreien Städte sind aktuell noch mit dem Ausbau im Rahmen des Weiße-Flecken-Programms beschäftigt. Teilweise konnten bereits Anträge für einen geförderten Ausbau der grauen Flecken gestellt werden. Der Bund hat zugesagt, dass die vor dem Antragsstopp am 17.10.2022 gestellten Anträge bis spätestens 31. Januar 2023 beschieden werden sollen.  Festzuhalten bleibt, dass der Glasfaserausbau in M-V trotz des Antragsstopps dennoch kontinuierlich voranschreitet. 

Sobald die neue Förderrichtlinie in Kraft tritt, an der der Bund gerade arbeitet, können auch wieder neue Anträge gestellt werden. Im Förderbeirat werden Bund, Länder und Kommunen für das neue Förderverfahren gemeinsam Förderkriterien entwickeln, die in allen Ländern einen kontinuierlichen Fortgang des Breitbandausbaus ermöglichen.

VdZ: Der Übergang ins Digitale – wie wichtig ist die Abstimmung über ein mögliches Zentrum für Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern (ZDMV) hierbei, welche aktuell im Landtag stattfindet?

Pegel: Bei der Digitalisierung kommt es entscheidend darauf an, dass IT-Systeme, Anwendungen und Prozesse nahtlos ineinandergreifen. Mit dem neuen Landesamt, dem ZDMV, bündeln wir Wissen innerhalb der Landesverwaltung, schaffen schlanke, effiziente Strukturen und vermeiden Mehrfacharbeit im Bereich von IT und Digitalisierung. Das trägt dazu bei, die Handlungsfähigkeit der Verwaltung auch künftig zu sichern. Bislang kümmert sich jedes Ressort eigenständig um IT und Digitalisierung. Das wollen wir ändern. Mit dem ZDMV wollen wir aus vielen kleinen IT-Einheiten in den Ressorts ein großes schlagkräftiges Team für die digitale Verwaltung formen. Spezialisierte Fachleuten können ihr Wissen ressortübergreifend zur Verfügung stellen. Wir werden damit den steigenden Anforderungen an eine wirksame Cybersicherheit der Computernetze des Landes noch einmal deutlich besser gerecht. Neue technologische Möglichkeiten können wir besser und schneller für die Verwaltung nutzbar machen. Und die einzelnen Behörden der Landesverwaltung werden weitestgehend von der operativen IT-Arbeit entlastet und könnten sich noch stärker auf ihre Ressortverantwortung fokussieren.

VdZ: Wenn Sie jetzt in Richtung Zukunft denken, wie wird die Arbeit der digitalisierten Verwaltung in Mecklenburg-Vorpommern aussehen?

Pegel: Unsere Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen können rund um die Uhr von jedem Ort der Welt den Service unserer Verwaltung online in Anspruch nehmen. Anträge sind einfach und gut verständlich, sie werden zügig beantwortet und der aktuelle Stand lässt sich jederzeit abrufen. Es wird viel Papier gespart. Wir nutzen die Daten, die wir bereits haben. Damit reduzieren wir Anträge deutlich. Und wir brauchen nicht die x-te Kopie von einem Dokument. Die Nutzung der Daten ist sicher vor Missbrauch sowie für die Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen transparent. 

Auch die Verwaltung profitiert von der Digitalisierung. Automatisierte Prozesse führen dazu, dass Behördenmitarbeiter sich deutlich weniger mit Formularen und ähnlichem, dafür mehr mit inhaltlichen Dingen beschäftigen. Bei der Digitalisierung steht der Mensch im Mittelpunkt, das gilt für die Bürgerinnen und Bürger wie auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung. In der Summe führt die Digitalisierung der Verwaltung auf allen Seiten zu weniger Aufwand, weniger Bürokratie und schafft somit Zeit für andere Aufgaben.