Allerdings ist es mit der Kreativität so eine Sache. Bewegt sie sich innerhalb des rechtlichen Rahmens, insbesondere der Grenzen, die den diversen Aktionsformen durch das Strafrecht gesetzt werden, so mag sie vielleicht lästig sein oder als störend empfunden wären, justiziabel ist sie dennoch nicht.
Ganz anders ist die Lage jedoch dann, wenn durch diese Kreativität ganz bewusst Strafgesetze verletzt werden, weil sich die Aktionskünstler hierdurch ein besonders hohes Maß an öffentlichem Interesse erhoffen. Derartige Aktionsformen werden dann regelmäßig mit der Überschrift „ziviler Ungehorsam“ etikettiert. Gerade so, als könnte durch verbale Kunstgriffe ein neuer Rechtfertigungsgrund geschaffen werden.
Dazwischen gibt es jedoch -unjuristisch formuliert- eine Art „Grauzone“, in der es nicht ganz offensichtlich ist, ob eine Handlung gegen das Strafrecht verstößt oder von der Rechtsordnung noch toleriert wird.
Ein klassisches Beispiel hierfür ist das Schreiben der Letzten Generation an den Hamburger Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher und andere Mandatsträger der Hamburger Bürgerschaft, denn dort verlangten die Absender zunächst die Akzeptanz ihrer Forderungen – anderenfalls werde die Gruppe unverzüglich „…für eine maximale Störung der öffentlichen Ordnung in Hamburg sorgen.“
Ein Fall für den Generalbundesanwalt oder den Staatsschutz?
Einschlägig könnte hier § 105 StGB sein (Nötigung von Verfassungsorganen). Diese Vorschrift will die Funktionsfähigkeit und -freiheit von Verfassungsorganen schützen. Unter diesem Schutz stehen auch die Verfassungsorgane der Länder bzw. Stadtstaaten.
Tathandlung ist die rechtswidrige, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt begangene Nötigung „Befugnisse nicht oder in einem bestimmten Sinne auszuüben“.
Ist die Ankündigung „maximale Störung der öffentlichen Ordnung“ die Androhung von Gewalt? In der juristischen Literatur heißt es hierzu: „Der Gewaltbegriff ist in Anlehnung an § 81 StGB zu bestimmen, Drohungen mit einem empfindlichen Übel genügen NICHT.“ In dem zitierten § 81 (Hochverrat gegen den Bund) verlangt die Rechtsprechung eine restriktive Auslegung des Gewaltbegriffs.
Selbst wenn man vor dem Hintergrund dieser Rechtslage in dem Schreiben keine strafbare Handlung sieht, war es dennoch richtig und wichtig, dass sich die Hamburger Politik derartigen Drohungen nicht beugt. Wer seine Meinungsbildung und Entscheidungsfindung von Drohungen abhängig macht oder auch nur maßgeblich beeinflussen lässt, leistet dem Rechtsstaat und der Demokratie einen Bärendienst.