Hindernisse auf dem Weg zur Konsolidierung
Herausforderungen der IT-Dienstleistersteuerung - Teil 2 von 4
Die digitale Modernisierung der öffentlichen Verwaltung erfordert eine grundlegende Transformation der IT-Infrastruktur – von dezentralen Serverräumen hin zu zentralen Rechenzentren. In dieser vierteiligen Serie beleuchtet Anne Heimberg die Chancen, Herausforderungen und Auswirkungen dieses Wandels auf Effizienz, Sicherheit und IT-Dienstleistersteuerung.
- Hier geht es zu Teil 1 der Serie -
Trotz der klaren Vorteile ist die Konsolidierung von IT-Infrastrukturen ein komplexer Prozess, der mit erheblichen Herausforderungen verbunden ist. Die Umstellung von einem Betrieb im eigenen Serverraum zu einem Dienstleister ist vielfältig und kann grob in 5 Themengebiete eingeordnet werden:
1. Individuelle Anforderungen vs. Standardisierung
Eine Betriebskonsolidierung geht immer mit einem Grad an Standardisierung einher. Nicht selten haben Verwaltungen individuelle Anforderungen bspw. durch eigene Fachverfahren oder regulatorische Vorgaben, die im Gegensatz zur Standardisierung stehen. Unterschiedliche Anforderungen können auch daher rühren, dass ein IT-Dienstleister bspw. unterschiedliche Länder bedient, die aufgrund des Subsidiaritätsprinzips länderspezifische Anforderungen stellen können.
Die Gründung eines Zweckverbands ist auf Ebene der Kommunen ein gebräuchliches Konstrukt, um den IT-Betrieb zu sichern. Leider führen unterschiedliche budgetäre Ressourcen und Priorisierungen gemeinschaftlicher Maßnahmen bei den Verbandsmitgliedern nicht selten zu Differenzen und Unzufriedenheit.
IT-Dienstleister arbeiten meist mit standardisierten Prozessen und Technologien, um Effizienz, Skalierbarkeit und Kostenvorteile zu erzielen. Dies kann jedoch dazu veranlassen, dass spezifische Kundenanforderungen nicht vollständig umgesetzt werden können. Effizienz und Kostenvorteile entstehen nur bei ausreichender Standardisierung, die eine positive Kosten-Nutzen-Rechnung ermöglicht. Ist eine Migration von nur einem sehr geringen Anteil des Betriebs aufgrund von individuellen Anforderungen möglich, führt die Betriebsüberführung zu Doppelstrukturen und Mehrkosten. Wichtig ist daher, die Anforderungen genau zu prüfen.
Handelt es sich um technische, gesetzliche oder fachliche Anforderungen, oder ist die Herkunft der Anforderung kultureller Art. Neben oft unflexiblen Geschäftsbedingungen können die Service-Level-Agreements einen wichtigen Platz bereitstellen, um individuelle Anforderungen bspw. an Verfügbarkeit, Reaktionszeiten und Dauer für Störungsbeseitigung, Sicherheit und Performance zu definieren. Zusätzlich bieten moderne Technologien bspw. Containerisierung oder agile Anwendungsarchitekturen, wie Kubernetes, Flexibilität innerhalb standardisierter Umgebungen. Sie ermöglichen die Integration kundenspezifischer Anwendungen ohne größere Eingriffe in den Standardbetrieb. Diese technische Lösung wurde beispielsweise im Rahmen einer Studie der govdigital umgesetzt. Hierbei haben sich die kommunalen Datenzentren Lecos, die Kommunale Datenverarbeitung Oldenburg (KDO), LVR-InfoKom, ekom21 sowie die Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB) zu einem Kubernetes-Cluster zusammengeschlossen [1] .
2. Projektimplementierung und Vorbereitung
Eine der zentralen Hürden ist die Parallelität mehrerer Großprojekte. Das erklärte Ziel, die Bundesrepublik in digitalen Belangen zukunftsfähig aufzustellen, ist seit geraumer Zeit bekannt. Dennoch kommt es in der Praxis häufig zu erheblichen Verzögerungen und Aufschüben, die sowohl durch interne als auch externe Faktoren bedingt sind. Daraus resultiert, dass die Zeitpläne nicht eingehalten und Projekte parallel umgesetzt werden müssen. Dies gilt insbesondere für die IT-Betriebskonsolidierung des Bundes (BKB) sowie die Dienstekonsolidierung (DK). Die Folge sind enorme organisatorische und personelle Belastungen, besonders für nachgeordnete Bundesbehörden und weniger große Verwaltungen, deren IT-Abteilungen in der Regel klein und personell stark limitiert sind. Diese Abteilungen sehen sich nun der Herausforderung gegenüber, neben den täglichen Aufgaben auch die Umsetzung zweier Großprojekte zu bewältigen.
In diesem Kontext wird die Etablierung eines übergeordneten Programm- oder Portfoliomanagements unabdingbar. Sowohl in der Projektplanung als auch während der Projektumsetzung ist es essenziell, Ressourcen gezielt einzusetzen und einen klaren Fokus auf die Identifikation sowie Nutzung von Synergieeffekten zu legen. Diese Vorgehensweise hilft, bürokratische Hürden abzubauen und einen pragmatischen Ansatz bei der Umsetzung zu verfolgen. Zunächst einfach anmutende, jedoch nicht triviale Beispiele sind die Wiederverwendung von Dokumententemplates, wie etwa Fortschrittsberichte oder Qualitäts- und Risikoregister, sowie die Etablierung einheitlicher und verständlicher IT-Fachbegriffe. Denn schließlich fließen in die Dokumentation von Projekten enorme zeitliche Ressourcen. Diese Maßnahmen sind vor dem Hintergrund der geteilten Verantwortung und Finanzierung der beiden Megaprojekte durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) und das Bundesministerium der Finanzen (BMF) nur unzureichend eingeplant. Der Bundesrechnungshof empfiehlt in seinem Bericht von 2022 die Schaffung einer übergreifenden Organisationseinheit, die die beiden Projekte des IT-K Bund kontinuierlich steuert und bei Bedarf interveniert [2].
Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass Synergieeffekte allein die Problematik der Personalknappheit nicht adäquat kompensieren können. Oftmals ist es notwendig, auch wenn dies nur vorübergehend geschieht, Personalressourcen gezielt für die Projektumsetzung bereitzustellen und rechtzeitig zu besetzen. Im Rahmen des Projekts BKB erhält die Behörde Unterstützung durch ein Behördenbegleitteam, das bei der Projektsteuerung, der Durchführung von GAP-Analysen, der Erstellung von Zielbildern und der Erarbeitung der erforderlichen Dokumentation assistiert. Solche externe personelle Unterstützung ist jedoch nicht die Regel und findet beispielsweise im Kontext der Dienstekonsolidierung (DK) keinerlei Berücksichtigung.
[1] gd.Cloud-K8s: gemeinsames Kubernetes-Cluster - govdigital
[2] IT-Konsolidierung des Bundes - Zielereichung