Smart Governance durch SDDI-Pilotkommunen – Teil 1: Das SDDI-Konzept
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Smart Governance durch SDDI-Pilotkommunen – Teil 1: Das SDDI-Konzept

Von Prof. Dr. rer. pol. Christian Schachtner, Studiengangleiter Public Management der IUBH Internationale Hochschule

Smart Governance versteht neben klassischen E-Government-Diensten im Bürger- und Unternehmerkontakt auch die Entwicklung neuer Dienste im Bereich intelligenter Datenanalyse, -verknüpfung und -bereitstellung. So soll ein Mehrwert für die Zivilgesellschaft, aber auch für kommerzielle Anbieter geschaffen werden. Im folgenden Beitrag wird vorwiegend die kommunale Ebene als Akteur im Bereich des Geodatenmanagements durch die Schaffung einer offenen Dateninfrastruktur inklusive Open Source Tools zur Datenmodellierung energie- und verkehrsplanerischer Datensätze dargestellt. Darüber hinaus werden die Möglichkeit der Koordinierung über eine Geschäftsmodellentwicklung über Datengenossenschaften aufgezeigt.

Verstehen sich öffentliche Einrichtungen als ganzheitlicher Servicedienstleister für die Erfüllung der Erwartungen von Bürger*innen beziehungsweise Unternehmen, bedeutet dies heute nicht nur, Verwaltungsleistungen online und nutzerzentriert gestaltet bereitzustellen. Vielmehr sind neben qualitätsgesicherten und effizienten Technologien, zum Beispiel über Chatbot-Beratungsangebote oder faktorbasierte Entscheidungsvorlagengenerierung über BigData-Anwendungen, vollkommen neuartige und möglichst intelligente Datennutzungsszenarien anzustreben, um ganzheitlichen Service zu bieten.

Enormes Potential durch Datennutzung

Dieses Verständnis über das Potential von Daten schärft sich zunehmend, da wachsende und vielfältigere Datenbestände generiert werden und die Auswertung von Daten durch offene und frei verfügbare Tools sowie den technologischen Fortschritt im Bereich Data Sciences erleichtert wird. Zu letzteren gehören etwa Datenclustering, Algorithmusentwicklung und Machine-Learning. Insofern entsteht für die öffentliche Verwaltung ein enormes Potential durch die intelligente Nutzung von Daten in Form von strategischen Partnerschaften, da die Behörden selbst über viele wertvolle Datensätze verfügen, die von Unternehmen und Wissenschaft nachgefragt werden.

Damit ist, wie McKinsey und die Bitkom 2018 in ihren Ausführungen zum sogenannten „Smart Government“ feststellen, der essenzielle Raum für Kollaboration eröffnet, welcher virtuell über Portalverbünde oder Netzwerkkooperationen mit Dritten zur iterativen Gestaltung innovativer Anwendungen genutzt werden kann. Insofern gewinnt co-kreatives Arbeiten zur Sicherstellung von methodischem und technologischem Know-how an Bedeutung. Zur Datenverknüpfung und -aufbereitung erscheint aber auch eine Wertschätzung zum Service-Engineering als akzeptierter Ausfluss einer Innovationskultur benötigt zu werden, um behördenübergreifende Kooperationen eingehen zu können.

Smart District Data Infrastructure - das Projekt

Diesem Umstand will das Projekt des Smart District Data Infrastructure Konzepts, kurz SDDI, durch eine offene und fluide Dateninfrastruktur auf Basis international anerkannter Standards schaffen. Dieses soll anhand eines kooperativen Modells neben Metropolregionen auch durch kleine Gebietskörperschaften und weitere Stakeholder zur Gestaltung und dem Betrieb von datengestützten Use Cases ausgearbeitet werden. Anders als bisherige Verzeichnisdienste öffentlicher Einrichtungen, wie das von Bund und Ländern gefüllte Portal „govdata.de“, soll das durch das Zentrum Digitalisierung Bayern (ZDB) unter wissenschaftlicher Leitung des Lehrstuhls für Geoinformatik der Technischen Universität München sowie einer Vielzahl an Interessenvertretern aus Tech-Wirtschaft, Kommunen und Beratungsunternehmen einen skalierbaren Datenspeicher als digitales Infrastruktursystem öffentlich zugänglich machen. Die regionalen Infrastrukturdaten werden (sog. geobasierter „Digitaler Zwilling“) als ein virtuelles Abbild physischer Objekte oder Systeme (semantische 3D-Stadtmodelle / Building Information Models - BIM) mit Raumbezug (zum Beispiel durch Katasterdaten, topografische und geologische Daten) abgebildet. Diese sollen beteiligungsorientiert über weitere, regional verfügbare (sensorgestützte) Datenbestände ausgebaut werden.

Modellierung vom Semantischen Modell bis Stadtsimulation
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Damit können ganzheitliche Planungen im Bau- und Stadtplanungssektor, auch in Hinblick in energie- und ökologische Effizienz, angestoßen und umfassendere Kalkulationen von Szenarien vorgenommen werden. Darüber hinaus ist eine Verbreitung der offenen Standards beabsichtigt, um ein umfassendes Ökosystem an Datenstruktur zu etablieren, um hieraus eine möglichst breite Nutzerpalette zu schaffen. Diese Gemeinwohlorientierung folgt dem aus Public Private Partnership-Ansatz bekannten Werteversprechen des „Corporate Social Responsibility“.

Liberale Zusammenarbeit trägt zu Erfolg bei

Aus Sicht des Verfassers hängt der Erfolg des Gesamtprojekts an einer gestaltungsoffenen, agilen und liberalen Zusammenarbeit der regionalen SDDI-Community und der kollaborativen Bereitschaft der kommunalen, gemeinnützigen und wissenschaftlichen Akteure. Die Implementierungsphase läuft noch bis Ende 2020. Bisher fand die Auswahl der ersten Modellregionen und zwei Workshops mit allen Modellregionen zur Definition der Roadmap statt: Dazu gehörten die Klärung der konkreten Use Cases, Ziel- und Methodenklärung der Arbeit der Stakeholder inklusive Hebelwirkungen. Bis zur Implementierung des Regelbetriebs in Tourismus, Gesundheit, Mobilität, E-Government, Stadt-/Regionalplanung, Bauen etc. müssen weiter Verfahren und Tools zur Anwendungsentwicklung evaluiert und Transfermaterialien und Lehr-/Lernformate sowie rechtliche Schritte der Genossenschaftsgründung geschaffen werden.

Eine wesentliche Frage ist auch, wie die Genossenschaft im Spannungsfeld zwischen Gemeinnützigkeit und kommerzieller Dienstleistungserbringung einen Weg des Austarierens gemeinsam mit den in federführender Rolle befindlichen Gebietskörperschaften finden, sich jedoch gleichzeitig im fluiden Netzwerk handlungsfähig und organisatorisch reifend bewähren können.