E-Government kommt ohne Fortbildung nicht voran
Anke Weigend über den Zertifikatslehrgang „Digitallotsinnen und -lotsen E-Government“
Bescheidene Bilanz
Das Bild von einer Kommunalverwaltung, die ihre Leistungen kundenorientiert online anbietet und dabei selbst auf „intelligente“ Prozesse setzt, die optimal mit Informations- und Kommunikationstechnologien unterstützt werden, bestimmt schon seit rund 20 Jahren die Modernisierungsbemühungen der Kommunen in Deutschland. Rückblickend fällt die Bilanz wirksamer E-Government-Aktivitäten nach all diesen Jahren aber eher bescheiden aus.
Als Hauptbarrieren werden oft benannt, dass Online-Angebote nicht bekannt sind und Dienste nicht durchgängig digital angeboten werden. Doch auch ein Blick in die Verwaltung hinein, dort wo die Prozesse ablaufen, gestaltet, neu gedacht und modernisiert werden, ist wichtig, um Erfolgsfaktoren für das E-Government zu identifizieren und umzusetzen.
Ein zentraler Erfolgsfaktor ist die Weiterbildung der Beschäftigten. Auf diesem Gebiet gibt es jedoch deutliche Defizite.
Fehlende Digitalisierungskompetenz
So gaben bei einer Bedarfsanalyse der Dualen Hochschule Gera-Eisenach unter mitteldeutschen Kommunen im Jahr 2020 82 Prozent der Befragten an, dass Mitarbeiter:innen nicht umfassend im Umgang mit den E-Government-Anwendungen geschult wurden. Ein dringender Schulungsbedarf besteht vor allem bei der generellen Digitalisierungskompetenz.
Fast 90 Prozent der befragten Gebietskörperschaften wünschten sich Schulungen zum Thema Analyse und Dokumentation von Prozessen sowie zum Management und der Durchführung von E-Government-Projekten. Generell besteht in größeren und E-Government-starken Kommunen dringlicher Bedarf hinsichtlich der Stärkung der Digitalisierungskompetenz der Mitarbeiter:innen und Vermittlung allgemeiner Grundlagen von E-Government-Anwendungen sowie der Organisation von E-Government-Projekten inklusive Prozessanalyse.
In kleineren und E-Government-schwachen Kommunen, wie beispielsweise Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden, konzentrierte sich das Interesse darüber hinaus auch auf einzelne Verfahren, insbesondere auf die Verwendung eines Dokumentenmanagementsystems sowie der e-Akte und der e-Vorgangsbearbeitung. Diese Defizite rufen nach einer umfassenden Weiterbildung.
Zertifikatslehrgang „Digitallotsinnen und Digitallotsen E-Government“
Professor Jürgen Müller von der Dualen Hochschule Gera-Eisenach hat gemeinsam mit der dbb akademie den Zertifikatslehrgang „Digitallotsinnen und Digitallotsen E-Government“ entwickelt.
Der Lehrgang qualifiziert Mitarbeiter:innen von öffentlichen Verwaltungen zu Multiplikator:innen, die Impulse innerhalb der Verwaltung setzen können. Sie müssen keine IT-Expert:innen sein, sondern können aus allen Bereichen der Verwaltung kommen. Sie kennen die Rahmenbedingungen, haben Erfahrung in den Abläufen ihrer Verwaltung und Empathie für die Beschäftigten, die vom digitalen Wandel betroffen sind.
In drei Modulen zu je fünf Tagen werden rechtliche und politische Grundlagen, organisatorisches und fachliches Wissen vermittelt sowie Kompetenzen geschaffen, um E-Government-Lösungen in der Verwaltung voranzutreiben. Der Kurs schließt mit einer schriftlichen Prüfung sowie dem Schreiben einer Projektarbeit und deren Verteidigung ab. Das Zertifikat der Dualen Hochschule hat eine Gültigkeit von fünf Jahren und kann verlängert werden.
Der 8. Zukunftskongress Staat & Verwaltung widmet sich dem Thema „Neue Verwaltung“ am 20.6.2022, 16.00 - 17.15 Uhr, bcc - Berlin Congress Center
Link zur Fachkonferenz: Personalentwicklung und Fortbildungskonzepte: Digitale Souveränität erlangen