Münchner Kompetenzmnagement
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Vom Ist- in den Soll-Zustand

Das Münchner Kompetenzmanagement: die Entwicklung der Mitarbeiter im Mittelpunkt strategischer Überlegungen

„Es betrifft mich!“ Vielleicht ist das die wichtigste Erkenntnis und gleichzeitig Grundlage für das, was die Landeshauptstadt München in den nächsten Jahren mit seinen rund 38.000 Mitarbeitern vorhat: gezielte Entwicklung ihrer Mitarbeiter. Künftig soll auch die Personalbeurteilung daran geknüpft werden. Das funktioniert nicht ohne entsprechende IT-Unterstützung, viele Info-Veranstaltungen, Überzeugungsarbeit – und einer Ausnahmegenehmigung.

Die bayerische Hauptstadt muss am Ball bleiben. Das gilt nicht nur für die prosperierende Wirtschaft an der Isar, sondern auch für die Verwaltung. Die Landeshauptstadt ist anders als Berlin und Hamburg kein Stadtstaat und mit rund 38.000 Mitarbeitern Deutschlands größte kommunale Arbeitgeberin.

Jan Kießling leitet den Aufbau und die Umsetzung des Kompetenzmanagements in der Landeshauptstadt München.
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Weiterhin stetiges Wachstum  

In München ist von einer weiterhin deutlich steigenden Bevölkerung auszugehen. Heue leben rund 1,5 Mio. Bürger in der bayerischen Landeshauptstadt. Die Einwohnerzahl wird voraussichtlich 2022 die 1,7-Millionengrenze überschreiten, bis Ende 2030 rechnet man mit 1,8 Mio. Einwohnern. Gegenüber 2015 ist dies noch einmal ein Wachstum von 16,4 Prozent. Die Stadtverwaltung ist gefordert.


MKM in Kurzform

Mit dem Münchner Kompetenzmanagement (MKM) will die Landeshauptstadt ein modernes Personalentwicklungsinstrument aufbauen.  Um einen möglichst hohen Nutzen zu erzielen, sollen vorhandene PE-Instrumente wie Dienstliche Beurteilung und Qualifizierungsplanung integriert werden. Ziel ist es, sowohl einen Überblick über die Qualifikationen im Personalbestand zu erhalten als auch leistungsstarkes und motiviertes Personal bei der Stadt zu halten und weiter zu qualifizieren. Die MKM-Pilotphase konnte laut Stadtverwaltung erfolgreich durchgeführt werden, bislang allerdings ohne den Einsatz einer passenden IT-Lösung. Die Stadt sondiert aktuell den Markt, um effizient und effektiv beschaffen zu können. 


Aufgrund des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels wird es zunehmend schwieriger, qualifiziertes Personal zu gewinnen. Laut einer von der IHK beauftragten Prognose sollen 2030 allein in der Region München rund 73.000 Fachkräfte fehlen. Zwar zieht es Tausende hoch qualifizierte Arbeitskräfte an die Isar, die Stadtverwaltung konkurriert im Gegenzug aber mit einer Vielzahl renommierter und finanzkräftiger Unternehmen. Die Anforderungen an die Personalgewinnung steigen stetig. 

Mitarbeiter nicht nur halten, entwickeln!

Darauf müssen sich Ämter und kommunale Betriebe vorbereiten. Es wird zunehmend wichtig, Nachbesetzungen frühzeitig zu planen, das vorhandene Personal zu entwickeln und zu binden. Dazu ist eine Analyse des Personalbestands mit Blick auf die vorhandenen Kompetenzen und Qualifikationen hilfreich. „Wir müssen einfach wissen, welche Entwicklungspotenziale und Motivation schon jetzt unter unseren Mitarbeitern vorhanden sind, die künftig relevant werden“, erklärt Jan Kießling. „Dazu wollen wir künftig den Entwicklungsstand unserer Mitarbeiter stärker mit den heutigen und künftigen Anforderungen vergleichen.“ Aber nicht einfach nur so. Der Verwaltungswirt war in den vergangenen Jahren für verschiedene Bereiche der Stadtverwaltung in Projekten tätig und verantwortet nun den Aufbau und die Umsetzung des Münchner Kompetenzmanagements. Das „MKM“ setzt erst einmal ein positives Menschenbild voraus.

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Wir müssen einfach wissen, welche Entwicklungspotenziale und Motivation schon jetzt unter unseren Mitarbeitern vorhanden sind, die künftig relevant werden,

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„Unser Personal ist ganz klar unsere größte Ressource – gemeinsam mit unseren Mitarbeitern wollen und müssen wir uns fortentwickeln“, unterstreicht Kießling. Dabei habe man aber kein eingeengtes Muster im Kopf. Denn Stadt und Verwaltung hätten sich längst „diversifiziert“: „Unsere Stärke liegt heute in der großen Vielfalt.“ 

Der Fokus: beurteilungsfähiges Personal

Unter den 38.000 städtischen Mitarbeitern werden etwa 14.000 regelmäßig beurteilt. Hier regeln bisher starre Richtlinien den Ablauf für Beamte und Arbeitnehmer, ausgenommen sind einzelne Beschäftigtengruppen, die davon ausgenommen sind. In München will man langfristig weg von der klassischen, reinen Personalbeurteilung hin zu einer entwicklungszentrierten Betrachtung. Anstatt alle vier Jahre, sollen Mitarbeiter übergangsweise alle drei und langfristig jede zwei Jahre eine Beurteilung erhalten. Die Personalentwicklungsthemen sollen dabei stark mit den aktuellen rechtlichen Vorgaben zur dienstlichen Beurteilung verbunden werden. Das ist leichter gesagt als getan. Um die Beurteilungsrichtlinien anzupassen, musste die Stadt eine Ausnahmegenehmigung beim zuständigen Innenministerium beantragen und umfangreiche rechtliche Vorarbeiten durchführen

„Wir beschreiben die Anforderungen an einzelne Stellen und vergleichen diese zukünftig regelmäßig mit den Entwicklungsständen der Beschäftigten.“ Die Ergebnisse werden als Grundlage für Personalgespräche zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften genutzt. Daraus resultieren individuelle Entwicklungspläne.“ So erhalten die 3.500 städtischen Führungskräfte ein aktuelleres Bild von Anforderungen, Leistungen und Perspektiven. Auch die Mitarbeiter wissen, woran sie sind, gewinnen an Selbstvertrauen und erfahren transparent, wie sie sich besser auf heutige und künftige Anforderungen einstellen können.

Ein „Soll-Profil“ wird in München künftig die Kompetenzanforderungen für eine Stelle beschreiben. Jedes Profil besteht dabei aus zehn Mitarbeiter- bzw. 13 Fühurngskraftkompetenzen die auf einer siebenstufigen Skala durch den direkten Vorgesetzten bewertet werden.
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13 Kompetenzanforderungen

So soll künftig ein „Soll-Profil“, das die unmittelbare Führungskraft erstellt, die Kompetenzanforderungen für eine Stelle beschreiben. Jedes Profil besteht dabei aus zehn bzw. 13 Kompetenzen. Dazu gehören auszugsweise neben Fachkenntnissen, Kommunikations- und Innovationsfähigkeit bei den Mitarbeitenden, auch „Verantwortungsvolle Mitarbeiterführung“, „Strategische Führung“ und „Führungswille“ bei den Führungskräften. Das „Ist-Profil“ beschreibt die aktuellen Kompetenzausprägungen einer Person und wird anhand einer siebenstufigen Skala im Rahmen der Beurteilung ausgeprägt. Abweichungen zwischen „Ist“ und „Soll“ sollen künftig digital aufbereitet werden und als eine Perspektive auf das Thema Entwicklung in konkrete Maßnahmenpläne münden. Hierbei wird der Augenmerk auf positive sowie negative Deltas gelegt. Das PE-Portfolio der Landeshauptstadt München wird in diesem Zusammenhang um weitere, einer Kompetenzentwicklung dienlichen, Maßnahmen erweitert. „Durch eine geeignete IT-Unterstützung kann der fachliche Nutzen zusätzlich positiv bestärkt werden“, heißt es im entsprechenden Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 2016. „Eine Kompetenzmanagementsoftware bietet eine weitestgehend medienbruchfreie Verknüpfung einzelner Personalentwicklungselemente mit zusätzlichen Funktionalitäten und generiert damit einen qualitativ-strategischen Mehrwert.“

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Die Lösung muss in ein paar Jahren unter möglicherweise anderen Umständen weiterhin funktionieren.

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1. Die Führungskraft (FK) und Geschäftsleitung (GL) entwickeln ein Anforderungsprofil; 2. FK und Mitarbeiter (MA) gleichen ab und ermitteln mithilfe einer künftigen Datenbank (dB) den Status-quo des MA; 3. FK und MA erstellen ein individuellen Entwicklungsplan für den MA.
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Skalierbare und flexible Lösungen finden

Eine passende IT-Lösung gibt es bisher noch nicht. Aktuell führt die Stadt deshalb eine Marktanalyse durch, dann sollen die tatsächlichen Anforderungen an das System festgelegt und danach ausgeschrieben werden. Make/Buy/Use/Compose? Entscheidungen über Millionenbeträge sind vor allem immer dann schwierig, wenn sie weit in die (digitale) Zukunft reichen. „Die Lösung muss in ein paar Jahren unter möglicherweise anderen Umständen weiterhin funktionieren.“ Es kommen viele Ziele zusammen. Und es gilt Erfahrungen aus früheren Projekten zu berücksichtigen. 

Die Software soll bei den Mitarbeitergesprächen unterstützen, helfen, die dienstliche Beurteilung zu dokumentieren und schließlich auch als Schnittstelle zu Maßnahmen der Aus- und Fortbildung dienen. Weil nicht auf der „grünen Wiese“ geprobt wird, muss die Software an andere Verfahren anknüpfen und sich integrieren lassen. Die Landeshauptstadt hat sich weiterhin „Benutzerfreundlichkeit“ und „Bedienbarkeit“ auf die Fahnen geschrieben; nicht nur bei externen Services, sondern auch für den internen Gebrauch von Soft- und Hardware. 

Bereits Ende 2012 beauftragte der Münchner Stadtrat (Foto) dem Personal- und Organisationsreferat, ein Konzept für ein IT-gestütztes, standardisiertes Kompetenzmanagement zu entwickeln.
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Im Zuge einer Vielzahl laufender IT-Projekte – im Personalbereich u. a. Aus- und Fortbildungsmanagementsystem, E-Recruiting – orientieren sich die Regelwerke in der Beschaffung grundsätzlich an marktüblichen Standards. Es gelten die Schlagworte „Adaptierbarkeit“, „Übertragbarkeit“, „Skalierbarkeit“. Also vielleicht eine cloud-basierte Variante? „Wir sondieren derzeit, ob solche Alternativen für uns überhaupt infrage kommen“, erklärt Kießling. „Schließlich geht es hierbei um sensible Stammdaten unserer Mitarbeiter – Datenschutz- und IT-Sicherheit spielen dabei eine übergeordnete Rolle.“

Pilotphase abgeschlossen – es geht in die Verlängerung    

Eine erste Pilotphase des Projekts ist bereits abgeschlossen. Daran nahmen ca. 30 Führungskräfte und 150 Mitarbeiter ausgewählter Ämter und städtischer Gesellschaften teil. Die Aufgabe: Soll-Profile von Stellen erarbeiten, Ist-Profile der Beschäftigten erstellen sowie Soll-Ist-Abgleiche der Profile samt dienstlicher Beurteilung durchführen und erweiterte Mitarbeitergespräche umsetzen.

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Wir beschreiben die Anforderungen an einzelne Stellen und vergleichen diese zukünftig regelmäßig mit den Entwicklungs-ständen der Beschäftigten.

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"Nach sehr gutem Feedback sind wir nun dazu übergegangen, mit einzelnen Bereichen in eine erste Phase der Umsetzung zu gehen. Die Verständlichkeit und der positive Mehrwert des neues Systems für unsere Mitarbeiter muss im Vordergrund stehen“, sagt Kießling. Auch die zeitlichen Ressourcen der Führungskräfte dürfen bei den Beurteilungs- und Entwicklungsmaßnahmen nicht aus dem Blick geraten. In den vergangenen Wochen veranstaltete das MKM-Team mehrere Informationsveranstaltungen, um den Beteiligten die neuen Maßnahmen zu erklären und mögliche Ängste zu nehmen. Bis zum stadtweiten Start 2024 sind mehrere hundert Schulungen und eine intensive Veränderungsbegleitung geplant. Regelmäßig daran beteiligt sind Mitglieder des Projektteams, Mitarbeiter aus den Pilot-Bereichen sowie Verantwortliche aus zentralen und dezentralen Personal- und Organisationsbereichen. 

Kernteam aus 30 Leuten, 11,5 VzÄ

Kießling ist Projektleiter und als Stabsstelle bei der Stellv. Leiterin des Personal- und Organisationsreferates der Landeshauptstadt angesiedelt. Sein Kernteam besteht aus 30 Leuten (insgesamt etwa 11,5 Vollzeitäquivalente), die zeitlich unterschiedlich damit befasst sind, und sich aus Mitarbeitern verschiedener Bereiche im Sinne einer Matrix-Organisation zusammensetzen (siehe Darstellung).

Das Müncher Kompetenzmanagement wird von 30 Mitarbeitern getragen, die sich aus verschiedenen Fachabteilungen zusammensetzen.
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Das Projekt ist in die vier Teilprojekte „Stellen und Organisation“, „Konzepte und Vorlagen“ „Qualifikation und Entwicklungsplanung“ und „IT und Prozessmodellierung“ gegliedert. Weiterhin wird das Projekt intensiv durch eine rechtliche Qualitätssicherung begleitet. Wen brauchen wir und wer muss was an Kompetenzen und Qualifikationen für die Stellen mitbringen? Neben diesen Leitfragen stand im Vordergrund, möglichst alle Ressorts zu berücksichtigen und die Idee breit zu streuen.

In der Ratsvorlage geht die Münchner Verwaltung davon aus, dass für das Kompetenzmanagement über einen zehnjährigen Zeitraum bis zu neun Millionen Euro anfallen könnten. Darin enthalten wären bereits Personal- und IT-Kosten. „Es geht allerdings um ein mehrstufiges Budget“, betont Kießling, „das wir vor allem mit Blick auf die Beschaffung, die Installation und den Betrieb des IT-Systems mittelfristig so noch nicht absehen können.“ Viele Anforderungen sind noch nicht spezifiziert und werden im Prozess weiterentwickelt. Einiges wird selbst entwickelt und muss auch in Bezug auf eine Zukunftsfähigkeit regelmäßig überdacht und wieder hinterfragt werden.  

München will mehr als interkommunalen Austausch, gemeinsame Entwicklungen!

Ganz allein steht München aber nicht da. So kamen grundsätzliche Ideen zum Kompetenzmanagement von der Bundesanstalt für Arbeit (BA) in Nürnberg. Auch mit dem Deutschen und Bayerischen Städtetag und der KGSt ist die Landeshauptstadt im Austausch. „Was wir aber wollen, ist mehr als nur ein Ideen-Austausch und Best Practice-Beispiele“, sagt Kießling. „Wir würden gern noch viel stärker gemeinsam an innovativen Lösungen arbeiten. Uns geht es darum, ähnliche Themen zum Beispiel auch mal parallel zu evaluieren und Zwischenergebnisse auszutauschen.“ Das wäre „Neuland“ und eine in Kommunen bislang kaum gelebte Praxis.