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Insights zur Cloud-Beschaffung im Öffentlichen Sektor

Strategien, Herausforderungen und Entwicklungsperspektiven

Die Studie “Im Spannungsfeld zwischen Innovation und Souveränität: Cloud & die digitale Zukunft der Verwaltung - Der Markt, seine Entwicklungsperspektiven und Entscheidungsstrukturen”, durchgeführt von der Wegweiser Research & Strategy GmbH in Zusammenarbeit mit Capgemini, untersucht im ersten Teil das Informations- und Entscheidungsverhalten öffentlicher Auftraggeber bei Cloud-Beschaffungen und -Dienstleistungen. Diese Analyse basiert auf der Befragung von etwa 1.500 Behörden auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene. Aus rund 400 zurückgesendeten Fragebögen sowie aus Fokusgruppen und Interviews mit Schlüsselpersonen im öffentlichen Sektor lassen sich zentrale Trends und Entwicklungsperspektiven ableiten.

Cloud-Technologien haben in den letzten zehn Jahren die IT-Landschaft weltweit erheblich verändert, insbesondere in der Privatwirtschaft. Viele Dienstleistungen, die wir heute als selbstverständlich ansehen, wie Streamingdienste, Videoanrufe oder Mobilitätsservices, wären ohne die Cloud nicht möglich. Auch für die Industrie 4.0 ist die Cloud eine zentrale Voraussetzung.

Die aktuelle Situation in deutschen Behörden

Die Nutzung und Akzeptanz von Cloud-Technologien durch deutsche Behörden war bisher zurückhaltend. Der öffentliche Diskurs war hauptsächlich geprägt von Bedenken hinsichtlich der Souveränität und Kontrolle über die Daten. Dabei bietet die Cloud ein enormes Potenzial für transformative Veränderungen im öffentlichen Sektor. Dies zeigt sich unter anderem im Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 6. November 2023 zur deutschen Verwaltungscloud-Strategie.

"Der Nutzen einer Cloudbasierten Lösung muss mehr publik gemacht werden."

Die Digitalisierung und der verstärkte Einsatz von Cloud-Technologien sind zentrale Themen in der öffentlichen Verwaltung Deutschlands. Die Studie geht daher den folgenden Fragen nach:

  • Wie sieht die aktuelle Cloud-Strategie aus?
  • Welche Entscheidungsstrukturen prägen den Cloud-Einkauf?
  • Welche Herausforderungen müssen überwunden werden?

Diese umfassende Studie soll dazu beitragen, bestehende Bedenken und Blockaden zu lösen. Im ersten Schritt wurde das Cloud-Angebot für den öffentlichen Sektor in Deutschland mit seinen Entwicklungsperspektiven erhoben und transparent gemacht. Derzeit werden Befragungen mit Fokus auf die Wirtschaft durchgeführt. Diese beiden Schritte münden schließlich in konkrete Handlungsempfehlungen, die breit nutzbar aufbereitet werden.

Die Ergebnisse liefern wertvolle Einblicke und Perspektiven für die zukünftige Gestaltung von Cloud-Beschaffungen und -Dienstleistungen im öffentlichen Sektor. Sie zeigen auf, wie Cloud-Technologien genutzt werden können, um Effizienz und Innovation in der Verwaltung zu fördern und gleichzeitig die Kontrolle und Sicherheit der Daten zu gewährleisten.

Methodik und Umfrage-Dimensionen​ der Cloudstudie
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In diesem Artikel fassen wir die wichtigsten Erkenntnisse und Entwicklungen für den ersten Teil der Studie zusammen.

Aktuelle Cloud-Strategien und Planungen

"Es herrscht noch zu viel Unsicherheit, ob man Public Clouds nutzen kann, Besseres, gemeinsames Verständnis aller handelnden Personen ist erforderlich."

Die öffentliche Verwaltung in Deutschland zeigt ein zunehmendes Interesse an Cloud-Lösungen. Dies spiegelt sich in der aktuellen Cloud-Strategie wider: 66% der befragten Verwaltungen planen, in den nächsten Jahren Cloud-Technologien zu implementieren. Dennoch haben aktuell nur eine geringe Anzahl der Verwaltungen mit den Vorbereitungen durch die Umsetzung der BSI-Mindeststandards zur Cloudnutzung begonnen. Die Deutsche Verwaltungscloud wird dabei von 67% der Verwaltungen als zukünftiger Anbieter von Verwaltungsleistungen „as a Service“ (aaS) erwartet. Jedoch bestehen Bedenken hinsichtlich der Abhängigkeit von Cloud-Service-Anbietern (64 %). Sicherheit, Datenschutz und Kontrollverluste sind für über 55 % der Befragten zentrale Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt.

Informationsverhalten

Ein Großteil der Behörden befindet sich noch am Anfang ihrer Cloud-Journey. Die Informationsbeschaffung im Bereich Cloud-Computing haben mehr als 50% fest in ihrer IT-Abteilung verankert. Erste Proof-of-Concepts (PoC) wurden bereits durchgeführt, wobei die Erfahrungen stark variieren. Erstaunlicherweise haben mehr als 55 % der Befragten bisher keine Erfahrungen mit Cloud Computing, was auf eine große Wissenslücke hinweist. Bisher investieren 20% der Befragten in die Cloud-Kompetenzen ihrer Mitarbeitenden.

Entscheidungsstrukturen

Die Entscheidungsprozesse in Bezug auf Cloud-Beschaffungen sind stark strukturiert. Öffentliche IT-Dienstleister und Rahmenverträge spielen eine zentrale Rolle. So planen 39% der Verwaltungen, Cloud-Dienste zukünftig über öffentliche IT-Dienstleister zu beschaffen, während 24% Rahmenverträge bevorzugen. Die Studie zeigt auch eine Diskrepanz in der Beurteilung der Leistungsfähigkeit von Cloud-Anbietern: Öffentliche IT-Dienstleister schneiden hierbei besser ab als die großen kommerziellen Anbieter, sogenannte Hyperscaler. 

Cloud-Bereitstellungsmodelle

Die Präferenz der öffentlichen Verwaltungen liegt klar bei der Private Cloud, gefolgt von der Deutschen Verwaltungscloud (DVC), der souveränen Cloud und der Public Cloud. Dies spiegelt das Bedürfnis nach Kontrolle und Sicherheit wider, das für viele Behörden von entscheidender Bedeutung ist, da die Private Cloud als sicherer und kontrollierbarer angesehen wird.

Präferenzen der öffentlichen Verwaltungen bei den Cloud-Bereitstellungsmodellen
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Digitale Souveränität

Digitale Souveränität ist ein zentrales Anliegen der öffentlichen Verwaltung. Für 95% der Befragten bedeutet dies vor allem Datenhoheit, also die Kontrolle über eigene Daten. Weitere wichtige Aspekte sind die Verfügbarkeit der Daten auch in Krisenzeiten (86%) und die Selbständigkeit in der Ausübung digitaler Rollen (82%). Operative Souveränität, wie die Wechselfähigkeit zwischen verschiedenen Cloud-Anbietern, ist für 72 % wichtig, während nur 48% die Minderung von Abhängigkeiten durch Vendor Lock-In als zentral erachten.

Technische und rechtliche Anforderungen

Die technischen und rechtlichen Anforderungen an Cloud-Dienste sind hoch. 84% der Befragten halten Rechenzentren in Deutschland oder der EU für unverzichtbar. Weitere wichtige Kriterien sind die Einhaltung des IT-Grundschutzes des BSI (77%) und die ISO 27001 Zertifizierung (64%). Auch die Einhaltung deutscher oder europäischer Jurisdiktion zum Schutz vor dem US CLOUD Act ist für 64% der Befragten ein Muss.

Fehlende Spezifikationen und politische Bereitschaft

„Klare Vorgaben und Regeln, idealerweise direkt vom Bund mit Gültigkeit für alle.“

Ein häufig geäußertes Anliegen ist das Fehlen politischer Bereitschaft, die Cloud als selbstverständlichen Teil oder Erweiterung der eigenen Infrastruktur zu sehen. Klare Vorgaben und Regeln, idealerweise vom Bund mit Gültigkeit für alle, werden gefordert. Zudem wird darauf hingewiesen, dass sich Behörden an den Standards und Spezifikationen des Marktes orientieren sollten, da diese weiter entwickelt sind als eigene Entwicklungen.

Fazit

Die Ergebnisse des ersten Teils der Studie wurden nun erstmalig auf dem10. Zukunftskongress Staat & Verwaltung 2024 (24.-26.06.2024, WECC Berlin) vorgestellt.

Sie zeigen, dass es in der öffentlichen Verwaltung eine grundsätzliche Bereitschaft zur Nutzung von Cloud-Technologien gibt. Allerdings bestehen noch erhebliche Unsicherheiten und Bedenken, insbesondere hinsichtlich Sicherheit und Kontrolle. Ein strukturiertes Vorgehen bei der Cloud-Beschaffung, klare politische Vorgaben und eine Orientierung an marktüblichen Standards könnten helfen, diese Herausforderungen zu bewältigen und die Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung voranzutreiben.

Ausblick

"Aufgrund der föderalistischen Selbständigkeiten fehlen adaptierbare Lösungen."

Der Markt für Cloud-Dienstleistungen im öffentlichen Sektor entwickelt sich stetig weiter. Zukünftige Entwicklungen werden davon abhängen, wie erfolgreich es gelingt, die bestehenden Bedenken auszuräumen und die Vorteile der Cloud-Technologien voll auszuschöpfen. Kooperationen zwischen öffentlichen IT-Dienstleistern und privaten Anbietern sowie klare rechtliche und technische Vorgaben könnten hierbei entscheidende Rollen spielen.

Die digitale Souveränität bleibt dabei ein zentrales Thema, das weiterhin hohe Priorität genießen wird. Eine kontinuierliche Anpassung der Strategien und eine verstärkte Schulung der Mitarbeitenden in Cloud-Kompetenzen sind unerlässlich, um die digitale Transformation im öffentlichen Sektor erfolgreich zu gestalten.

Der zweite Teil der Studie mit der Erhebung des Angebots der Wirtschaft durch Wegweiser Research & Strategy GmbH und Capgemini läuft aktuell bis Juli 2024. Die Erkenntnisse daraus sowie der gesamte Ergebnisbericht werden am 11. September 2024 im Magnus Haus Berlin vorgestellt. Selbstverständlich halten wir Sie hierzu auf dem Laufenden und stellen den gesamten Ergebnisbericht im Anschluss zur Verfügung.

Für die tatkräftige Unterstützung bedanken wir uns vielmals bei unseren Hauptsponsoren (Amazon Web Service, Google Cloud, IONOS SE, Materna Information & Communications SE), unseren Partnern aus dem öffentlichen Sektor (AKDB, Dataport) sowie weiteren Sponsoren (Arvato Systems, Bechtle, GISA, OVHcloud, SUSE, SVA)!