Vom Pilotprojekt zur aktuellen Studie
Im Rahmen der 25. Beschaffungskonferenz stellte sich die Frage: Wo steht die öffentliche Beschaffung heute, insbesondere in Bezug auf die Digitalisierung? Um dies zu ermitteln, wurde eine Kurzstudie durchgeführt, die sich auf den Idealprozess eines Beschaffungszyklus fokussierte. Vom ersten Schritt der Bedarfsermittlung bis hin zu Vertragsmanagement und Controlling wurde untersucht, welche digitalen Tools zum Einsatz kommen, welche Anbieter führend sind und wo noch Potenziale bestehen.
Die Umfrage, die der Studie zugrunde liegt, erhielt etwa 100 Rückmeldungen, überwiegend aus dem Kreis großer Behörden. Die Beteiligung kleinerer Institutionen war zwar geringer, dennoch bieten die Ergebnisse interessante Einblicke in den aktuellen Stand der Digitalisierung öffentlicher Beschaffungsprozesse.
Digitale Durchdringung öffentlicher Beschaffungsprozesse
Ein zentrales Ergebnis der Studie zeigt, dass der Großteil der Behörden bereits digitale Ausschreibungen durchführt. 76 bis 100 % der Befragten gaben an, digitale Lösungen für Ausschreibungen zu verwenden – eine beachtliche Zahl, die den Fortschritt in diesem Bereich unterstreicht. Ebenso weit verbreitet sind elektronische Lösungen bei der Angebotsöffnung und der Zuschlagserteilung. Besonders in der Auftragsabwicklung ist die digitale Durchdringung hoch, was auf ein zunehmend automatisiertes Vorgehen hinweist.
Allerdings offenbaren sich auch Lücken, insbesondere bei der Markterkundung und Bestandsführung. Hier setzen nur etwa 34 % der Befragten digitale Tools ein. Es besteht daher noch erhebliches Potenzial, insbesondere für innovative Unternehmen und Eigenentwicklungen. Ein Beispiel dafür wurde auf der Konferenz von einem jungen Unternehmen präsentiert, das eine auf Künstlicher Intelligenz basierende Lösung zur Markterkundung entwickelt hat.
Potenziale und Herausforderungen
Trotz des weit verbreiteten Einsatzes digitaler Tools in Kernbereichen wie Ausschreibung und Angebotsbearbeitung gibt es noch Raum für Verbesserungen. Vor allem bei internen Verwaltungsprozessen, wie der Bedarfsermittlung, kommen digitale Lösungen bisher nicht flächendeckend zum Einsatz. Die Studie sieht hier ein großes Potenzial, die Effizienz der Verwaltungsprozesse weiter zu steigern.
Fazit der Studie
Während die digitale Durchdringung in vielen Bereichen des öffentlichen Beschaffungsprozesses bereits stark ausgeprägt ist, zeigen sich insbesondere in den Bereichen der Markterkundung und der internen Prozesse noch Optimierungsmöglichkeiten. Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen sowohl den erzielten Fortschritt als auch die bestehenden Herausforderungen, die die öffentliche Beschaffung in den kommenden Jahren begleiten werden.
Rückblick: E-Procurement 2006
In der im Anschluss zur Studienvorstellung geführten Debatte brachte Dr. Ralf Togler, Vorstandsvorsitzender der KoPart eG, einen interessanten Rückblick auf die Digitalisierung und die damit verbundenen Herausforderungen zur Sprache. Er griff dabei auf persönliche Erfahrungen aus dem Jahr 2006 zurück, als er im Rahmen seiner Diplomarbeit das Thema E-Procurement untersuchte. Schon damals beschäftigte er sich mit den einschlägigen Themen. Dennoch bleibt das ernüchternde Fazit, dass viele der damals diskutierten Punkte auch nach fast zwei Jahrzehnten noch nicht flächendeckend umgesetzt wurden.
Gleichzeitig betonte Dr. Togler aber auch, dass trotz langjährigen Herausforderungen und bürokratischen Hürden in einigen Bereichen spürbare Verbesserungen erzielt werden konnten. Besonders hob er hervor, dass es gelungen sei, in bestimmten Bereichen schneller zu werden und verkürzte Angebotsfristen zu realisieren. Dies ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer effizienteren und flexibleren Beschaffung.
Impulse und Debatte
Allerdings forderte Dr. Togler auch ein Bewusstsein für die enorme zeitliche Spannweite, die mit der Modernisierung des öffentlichen Einkaufs verbunden ist. Er machte deutlich, dass in den letzten 20 Jahren ein erheblicher Wandel stattgefunden hat, der unter anderem durch technologische Innovationen vorangetrieben wurde. Ein Beispiel hierfür seien moderne digitale Werkzeuge, die heute fester Bestandteil des Beschaffungsprozesses sind, aber vor zwei Jahrzehnten noch gar nicht existierten. Mit diesen „schwarzen Kästchen“, wie er die heute omnipräsenten Smartphones und Mobile Devices nannte, die uns mittlerweile Zugang zu einer Vielzahl von Informationen und Möglichkeiten bieten, eröffnen sich neue Perspektiven.