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© Simone M. Neumann

Von Insellösungen zu mehr Einheitlichkeit

Eine gemeinsame IT-Architektur für die öffentliche Verwaltung

Im Rahmen des 3. ZuKo THINKTANK wurde im Gestaltungsbereich III „Architektur“ mit Beteiligten aus Bund, Ländern, Kommunen sowie von öffentlichen und privaten IT-Dienstleistern über die Frage diskutiert, wie eine zukunftsfähige, einheitliche IT-Architektur für Bund, Länder und Kommunen gestaltet werden kann.

Ausgangspunkt war die Tatsache, dass die digitale Transformation der öffentlichen Verwaltung in Deutschland an einem entscheidenden Wendepunkt steht: Der demografische Wandel und der sich verstärkende Fachkräftemangel, knapper werdende Haushaltsmittel und steigende Sicherheitsanforderungen zwingen zum Umdenken. Das bisherige Tempo der digitalen Transformation in der Verwaltung reicht nicht aus, um den bestehenden Herausforderungen und der wachsenden Komplexität zu begegnen.

„Weiter so“ ist keine Option. Cloudbasierte Plattformen werden zwar als Lösung angesehen, doch der Plattformbegriff muss im Verwaltungskontext erst noch geschärft werden.
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„Weiter so“ ist keine Option

Die derzeitige Verwaltungslandschaft ähnelt einem Flickenteppich inkompatibler Systeme, geprägt von Insellösungen und veralteten Technologien. Dies behindert nicht nur die Zusammenarbeit über verschiedene Verwaltungsebenen hinweg, sondern birgt auch erhebliche Sicherheitsrisiken. An diesem Wendepunkt sind grundlegende Veränderungen notwendig, um die Potenziale der Informationstechnologie voll auszuschöpfen.

Notwendigkeit einer offenen und gemeinsamen IT-Architektur

Für eine vernetzt arbeitende Verwaltung zwischen Bund, Ländern und Kommunen ist eine einheitliche IT-Architektur unerlässlich. Nur so kann das Once-Only-Prinzip durchgesetzt werden, das für Bürgerinnen und Bürger sowie für Unternehmen und Organisationen erhebliche Entlastung schafft. Diese Architektur muss flexibel, skalierbar und sicher sein, um den unterschiedlichen Anforderungen der Beteiligten auf den verschiedenen Verwaltungsebenen gerecht zu werden.

Moderne Ansätze wie Cloud-native Architekturen und Plattformen senken die Wertschöpfungstiefe und ermöglichen es der öffentlichen Verwaltung, sich auf ihr Kerngeschäft zu fokussieren anstatt auf die zugrundeliegende Technik. Die Cloud sorgt somit für eine Entlastung. Auch wenn cloudbasierte Plattformen in der Diskussion auf dem 3. ZuKo THINKTANK unwidersprochen als Lösung angesehen wurden, muss der Plattformbegriff im Verwaltungskontext erst noch geschärft werden, damit eine gemeinsame Strategie darauf aufbauen kann.

Standardisierung und Verbindlichkeit

Eine der größten Herausforderungen bei der Schaffung einer gemeinsamen IT-Architektur ist die Standardisierung und Verbindlichkeit. In der deutschen Verwaltung mangelt es keineswegs an Standards. Hinter der Forderung nach Standardisierung steht der Wunsch einer Überwindung der bestehenden Heterogenität und Fragmentierung der IT-Landschaft. Die Durchsetzung von Standards ist jedoch auch mit erheblichen Kosten verbunden, sodass immer eine kritische Abwägung des Nutzens erfolgen muss.

In bisherigen Lösungsansätzen und Transformationsprogrammen wurde oft zu kleinteilig gedacht. Es sollte allen Akteuren recht gemacht und zu vieles bewahrt werden. Entscheidend für die Zukunft ist, die IT-Architektur der Anwendungen so zu vereinheitlichen, dass sie auf standardisierten Plattformen betrieben werden können – idealerweise auch unter Einsatz von Open-Source-Lösungen.

Die Diskussionsrunde des "Gestaltungsbereich III: Architektur" auf dem 3. ZuKo-THINKTANK.
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Was erwarten wir von der Politik?

Aus der gemeinsamen Diskussion lassen sich folgende Handlungsempfehlungen an die politischen Entscheider*innen zusammenfassen:

  1. Ohne Zweifel sind Cloud-Services und Plattformen der richtige Weg für eine moderne IT-Architektur der Verwaltung. Die Politik sollte den Einsatz dieser Technologien fördern und entsprechende Rahmenbedingungen für eine intelligente föderale Arbeitsteilung sowie für die Nutzung der Cloud-Infrastruktur von Drittanbietern schaffen.
  2. Der Staat kann und muss nicht alles selbst machen. Er sollte sicherstellen, dass die Innovationskraft von Wirtschaft und Startups genutzt wird, um gemeinsam die Digitalisierung der Verwaltung zu beschleunigen.
  3. Investitionen sollten in diejenigen Innovationen und Projekte fließen, die einen messbaren Beitrag zur Vereinfachung und Beschleunigung der Verwaltungsprozesse leisten. Grundlage dafür ist eine kontinuierliche Wirkungsorientierung, die alle Vorhaben und Entscheidungen leiten sollte.
  4. Benötigt werden übergreifende Lösungen, die für möglichst viele Behörden funktionieren. Dadurch können die verfügbaren finanziellen und personellen Ressourcen sinnvoller eingesetzt werden. Sonderwege sollten zukünftig nur zugelassen werden, wenn sie nach eingehender, unabhängiger Prüfung für unerlässlich und wirtschaftlich befunden wurden.
  5. Die digitale Transformation der Verwaltung erfordert eine nutzerzentrierte Neugestaltung aller Verwaltungsprozesse. Dazu müssen die Abläufe komplett neu gedacht und radikal vereinfacht werden – mit dem Ziel, alle Beteiligten spürbar zu entlasten: Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Organisationen sowie die Verwaltung selbst, insbesondere in den Kommunen.

Die Handlungsempfehlungen sind zum großen Teil nicht neu und auch nicht überraschend. Ihre Umsetzung erfordert jedoch einen stärkeren politischen Willen, als er bislang aus der Politik zu vernehmen war. Angesichts der zunehmenden Komplexität brauchen wir den Mut, auch kleinere Schritte zu gehen, Experimente zu wagen und, wo nötig, auch begonnene Projekte abzubrechen und nochmal neu anzufangen, wenn die gesetzten Ziele der Entlastung, Vereinfachung und Beschleunigung nicht erreicht werden.

Große Hoffnung verbanden die Teilnehmenden mit der vom IT-Planungsrat angekündigten föderalen Digitalstrategie. Sie hat das Potential, entscheidende strategische Weichen für die digitale Transformation der Verwaltung der nächsten Jahre zu stellen. Dann heißt es, Kurs halten und volle Kraft voraus!