BK Engagement Global
© Simone M. Neumann

LkSG, CSDDD und Co.

Bedeutung und Chancen von Lieferkettengesetzen für die faire Beschaffung in Kommunen

Seit dem 1. Januar 2023 gilt in Deutschland das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, kurz LkSG. Das Gesetz verpflichtet Unternehmen ab 1.000 Mitarbeiter*innen zur Einhaltung verschiedener Sorgfaltspflichten entlang ihrer Lieferketten. Im Frühjahr 2024 verabschiedete die Europäische Union darüber hinaus die „Corporate Sustainability Due Diligence Directive“ (CSDDD), eine EU-weite Lieferkettenrichtlinie. Müssen öffentliche Einkäufer*innen nun überhaupt noch Sozialkriterien in Vergaben fordern, jetzt da Unternehmen ohnehin zu menschenrechtlicher Sorgfalt gesetzlich verpflichtet sind? Ja! Wir erläutern, warum und wie Lieferkettengesetze Kommunen bei einer fairen Beschaffung unterstützen können.

Kommunen können einen bedeutenden Beitrag zur Verbesserung menschenwürdiger Lebens- und Arbeitsbedingungen entlang globaler Lieferketten leisten, indem sie auf Produkte aus fairem Handel setzen und Güter vermeiden, die unter Verletzung menschenrechtlicher Standards hergestellt wurden. Das deutsche Vergaberecht bietet explizit Möglichkeiten, Nachhaltigkeits- sowie soziale Kriterien in Ausschreibungen zu fordern. Seit Inkrafttreten des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) im Januar 2023 sind zudem deutsche Unternehmen ab 1.000 Mitarbeiter*innen – und damit viele Betriebe, die als Auftragnehmer für öffentliche Aufträge in Frage kommen – zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten entlang ihrer Lieferketten verpflichtet. Zu den Pflichten gehören unter anderem die Einrichtung eines Risikomanagements, Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich und gegenüber unmittelbaren Zulieferern, Abhilfemaßnahmen für Betroffene von Menschenrechtsverletzungen, die Einrichtung eines Beschwerdemechanismus sowie verschiedene Dokumentations- und Berichtspflichten. Die Sorgfaltspflichten beziehen sich zunächst nur auf das eigene Geschäftshandeln und das Handeln unmittelbarer Zulieferer. Bei mittelbaren Zulieferern sieht das Lieferkettengesetz lediglich eine anlassbezogene Sorgfaltspflicht vor, wenn ein Unternehmen Kenntnis über ein (mögliches) menschenrechtliches oder umweltbezogenes Risiko erlangt.

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Doch inwiefern sind die Verpflichtungen auf Unternehmensseite auch für die öffentliche Beschaffung relevant? Zunächst existiert eine Reihe öffentlicher Unternehmen, welche in Konkurrenz am Markt tätig sind und mehr als 1.000 Mitarbeiter*innen beschäftigen. Diese Unternehmen müssen das LkSG unmittelbar einhalten. Prominentestes Beispiel dürfte hier die Deutsche Bahn sein, aber auch Stadtwerke oder kommunale Verkehrsbetriebe können durch das LkSG verpflichtet werden, ökologische und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten umzusetzen. Für diese Unternehmen ist die Umsetzung mit der besonderen Herausforderung verbunden, dass bei der Beschaffung von Liefer- oder Dienstleistungen einerseits die vergaberechtlichen Grundsätze der Transparenz, Gleichbehandlung und vor allem der Nichtdiskriminierung eingehalten werden müssen, die Auswahl der Vertragspartner aber andererseits durch das LkSG limitiert ist. Öffentliche Unternehmen müssen daher einen Weg finden, die Inhalte des LkSG in ihre Vergabeprozesse zu integrieren. Hierzu können sie beispielsweise bestimmte Pflichten des Gesetzes als Ausführungsbedingungen erlassen oder von den bietenden Unternehmen einen Nachweis über das Vorhandensein eines Lieferkettenmanagements oder Lieferkettenüberwachungssystems verlangen.

Aber auch für diejenigen öffentlichen Auftraggeber, die nicht in den Anwendungsbereich des LkSG fallen, ergeben sich durch das Gesetz neue Pflichten und Möglichkeiten. So schafft § 22 LkSG einen Ausschlussgrund für jene Unternehmen, die mit einem Bußgeld belegt wurden. Unternehmen, die gegen die Vorgaben des LkSG verstoßen, müssen daher damit rechnen, dass sie keinen Zugang mehr zu lukrativen öffentlichen Aufträgen erhalten. In geeigneten Fällen können öffentliche Auftraggeber darüber hinaus die Dokumentation des Unternehmens zur Einhaltung des LkSG verlangen, um deren Leistungsfähigkeit und Gesetzestreue in einem Vergabeverfahren zu evaluieren.

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Das LkSG stellt mit seinen Pflichten allerdings nur einen wichtigen Zwischenschritt zu einer nachhaltigeren Gestaltung von Lieferketten dar: Durch die europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) wird ein EU-weiter Mindeststandard geschaffen, der jeweils in nationales Recht umgesetzt werden muss. Dabei ist der Anwendungsbereich der CSDDD enger, da diese bei der Definition der verpflichteten Unternehmen vor allem an die gewählte Gesellschaftsform (in Deutschland vor allem die AG und die GmbH) anknüpft. Regiebetriebe oder AöR werden daher voraussichtlich nicht mehr von den Regelungen der CSDDD erfasst. Andererseits werden die Konsequenzen bei Verstößen verschärft: Neben hohen Bußgeldern droht nicht zuletzt eine zivilrechtliche Haftung bei Verstößen, die wirtschaftlich hohe Schäden bei den betroffenen Unternehmen verursachen können.

Doch ob mit oder ohne Lieferkettengesetze: Nachhaltigkeitskriterien in öffentlichen Vergaben sind ein zentraler Hebel zur Beeinflussung des Marktes – vor allem, wenn die bietenden Unternehmen selber nicht unter das LkSG fallen und dementsprechend nicht gesetzlich zur Einhaltung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten verpflichtet sind. Kommunen sollten sich daher über ihre Möglichkeiten und Pflichten informieren und, wo immer möglich, soziale und nachhaltige Kriterien in ihren Vergaben fordern. Die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) von Engagement Global unterstützt im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Kommunen dabei, ihr entwicklungspolitisches Engagement voranzubringen und in den Verwaltungsstrukturen zu verankern. Zur fairen Beschaffung bietet die SKEW kommunalen Akteuren ein umfassendes und kostenfreies Seminar-, Informations- und Beratungsangebot. Weitere Informationen finden Sie unter www.service-eine-welt.de.