Machen es die Banken und Sparkassen den Ganoven zu leicht?
Barzahlungen sind – jedenfalls bei uns in Deutschland – noch immer sehr populär
Diese Liebe zum Bargeld dürfte ein wichtiger Grund dafür sein, warum sich Geldautomaten bei den Kundinnen und Kunden von Banken und Sparkassen so großer Beliebtheit erfreuen. In erster Linie wohl deshalb, weil die Versorgung mit Bargeld dort schnell und ohne große Formalitäten möglich ist. Außerdem ist man bei Bedarf nicht an die Öffnungszeiten der Kreditinstitute gebunden.
Gerade diese (von einzelnen örtlichen Besonderheiten abgesehen) rund-um-die-Uhr Zugänglichkeit der Automaten hat allerdings auch eine magische Anziehungskraft auf Ganoven mit besonders hoher krimineller Energie, die nicht mittels Bankkarte und PIN an ihr eigenes Geld gelangen wollen, sondern mittels Festsprengstoffe mit hoher Sprengkraft oder Gasgemischen an das Geld der Banken und Sparkassen, das in diesen Automaten gelagert wird.
Und da diese nicht selten in solchen Gebäuden eingebaut wurden, in denen sich auch Wohn- und Geschäftsräume befinden, birgt jede einzelne Automatensprengung ein hohes Risiko. Nicht nur wegen des Vermögensverlustes oder der zwangsläufig entstehenden großen Sachschäden – auch Personenschäden sind zu befürchten, sei es bei Anwohnern oder Passanten.
In den letzten Jahren hat die Zahl derartiger Sprengungen kontinuierlich zugenommen. Mittlerweile widmet das BKA diesem Phänomen ein eigenes, bundesweites Lagebild, das für 2021 deutschlandweit 392 (!) Sprengungen verzeichnete. Zwar liegt diese Zahl leicht unter der des Jahres 2020, aber nach ersten Medienberichten dürfte 2022 ein neuer Rekord aufgestellt worden sein. Knapp 500 Automaten sollen im vergangenen Jahr gesprengt worden sein. Eine traurige Höchstmarke. Schwacher Trost: 40% der Sprengungen waren erfolglos, weil die Täter kein Geld erbeuten konnten.
Vor diesem Hintergrund ist es eigentlich verwunderlich, dass die Politik erst jetzt rechtlich verpflichtende Nachrüstungen thematisiert, zumal die bisherigen Bemühungen, auf freiwilliger Basis entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, ganz offensichtlich nicht den gewünschten Erfolg hatten.
Im Kern geht es darum, den Tätern das Interesse am Geld zu nehmen. Dieses Interesse würde sich schlagartig reduzieren, wenn die Täter wüssten, dass sie mit der Sprengung „bestenfalls“ den Geldautomaten zerstören – aber nicht das darin befindliche Geld nutzen könnten.
In diesem Zusammenhang wird gerne auf die Niederlande verwiesen, die flächendeckend Systeme eingeführt hat, die bei einer Sprengattacke das Bargeld in den Automaten mit Klebstoff unbrauchbar macht. Die hiesige Kreditwirtschaft verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass bereits „Färbesysteme“ im Einsatz seien, „es aber aktuell noch an zertifizierten Klebesystemen in Deutschland fehle“.
Wie hoch die präventive Wirkung derartiger Schutzmechanismen ist, lässt sich auch daran erkennen, dass 2022 in nur zwei Bundesländern – NRW und Niedersachsen – gut die Hälfte aller Sprengungen erfolgte. Dort leben zwar nur in etwa knapp 30% der bundesdeutschen Bevölkerung, aber beide Länder grenzen unmittelbar an die Niederlande. Da bekommt der Begriff „Rübermachen“ eine völlig neue Bedeutung.
Und während die Bundesinnenministerin und zahlreiche Kolleginnen und Kollegen aus den Bundesländern erhöhte Anstrengungen der Banken und Sparkassen einfordern, weisen diese jede Kritik zurück. Es könne nicht in der alleinigen Verantwortung der Kreditinstitute liegen Sprengungen zu verhindern.
Das hört sich leider so an, als würden die Strafverfolgungsbehörden diese Thematik nicht ernst nehmen, nicht alle Anstrengungen unternehmen, um auch derartige Taten aufzuklären und neue zu verhindern. Das Gegenteil ist der Fall.
Weiter so wie bisher ist jedenfalls keine gute Strategie.