Das Unternehmen wirbt auf seiner Homepage mit dem Angebot von sieben „ausschließlich ethisch-ökologischen Investmentfonds“. Die börsennotierte AG legt großen Wert auf die Feststellung, dass das Unternehmen stets auch gesellschaftspolitisch aktiv (gewesen) sei, man habe einen „grünen Bewusstseinswandel im Geldwesen“ revolutioniert. Kurzum: Noch ökologischer und ethischer geht nicht.
Und während die Klima-Kleber, gerne auch Umweltaktivisten genannt, immer wildere Aktionsformen erdachten und praktizierten, begann der Rechtsstaat langsam aber sicher mit der Verteidigung der Rechtsordnung. Zunächst gab es für die angeklagten „Aktivisten“ eher betont milde „Strafen“, vermutlich in der Hoffnung, ein Schüsschen vor den Bug werde die Straftäter zukünftig davon abhalten, weitere Straftaten wie z.B. Sachbeschädigung oder Nötigung zu begehen. Das allerdings erwies sich als -erwartbarer- großer Irrtum, teilweise wurde noch im Gerichtssaal erklärt, natürlich werde man sich auch weiterhin irgendwo festkleben, teilweise war dies schon geschehen, als das Gericht seinen Dienst noch nicht beendet hatte. Rasch wurde klar, dass hier nicht „nur“ Autos blockiert, Kunstwerke beschädigt oder Konzerte gestört werden sollten, gleichzeitig sollte der Rechtsstaat vorgeführt werden. Allerdings wurden die Sanktionen spürbarer. Immer noch bewegten und bewegen sie sich am unteren Ende der Strafrahmen, aber die verhängten Geldstrafen kamen für die „Aktivisten“ dennoch überraschend. Das Straftaten nach über einem Jahr „Aktivismus“ plötzlich wie Straftaten behandelt werden sollten, hat offenkundig viele überrascht.
„Da muss man doch helfen!“ ( Achtung: nicht dem Rechtsstaat, sondern den Verurteilten) hat sich da offenkundig Ökoworld gedacht, diese grandiose Idee allerdings nicht für sich behalten, sondern der erstaunten Öffentlichkeit mit hörbarem Stolz präsentiert. Und schon titelte DER SPIEGEL „Unternehmen zahlt Strafen der „Letzten Generation“. Gerichte verhängen gegen Klimakleber regelmäßig Geldstrafen, Behörden stellen Einsätze in Rechnung. Für all das will das Unternehmen ÖKOWORLD aufkommen – und die Beträge den Aktivisten erstatten.“
Bleibt die Frage: Wenn die Angeklagten wissen, dass eine verhängte Geldstrafe von Dritten übernommen wird, wie kann das Urteil dann die gewünschte Wirkung hinterlassen? Weder die Angeklagten selber noch etwaige Nachahmungstäter würden von einer Tatwiederholung abgehalten.
Teilweise wurde sogar der Vorwurf erhoben, das Unternehmen mache sich bei Übernahme der Kosten der Strafvereitelung (§ 258 StGB) schuldig. Hier allerdings hatte der BGH schon vor über 30 Jahren entschieden, dass die Erstattung bereits gezahlter Strafen, Bußgelder oder Kostenbescheide diesen Tatbestand NICHT erfüllt.
Auch die Vorwürfe einer möglichen Anstiftung ( § 26 StGB) oder der Beihilfe ( § 27 StGB) lassen sich juristisch NICHT sauber begründen.
Des ungeachtet ließen – erwartungsgemäß- massive Proteste gegen den Plan des Unternehmens nicht lange auf sich warten und irgendwann muss es den Verantwortlichen gedämmert haben, dass die Idee -zurückhaltend formuliert- nicht die Allerbeste war. Von den aktienrechtlichen Problemen ganz zu schweigen. Also übte man sich in der bewährten Disziplin des Zurück-Ruderns, bis die taz titelte „Ökoworld macht Rückzieher“. Als eingeknickt wollte der Ökoworld-Chef Platow allerdings auch nicht gelten, also versprach er flugs, die Klebeszene großzügig aus seinem Privatvermögen zu unterstützen. Natürlich ethisch-ökologisch ist vermuten.
Frage: Warum lassen wir den Rechtsstaat nicht einfach das machen, was seine ur-eigene Aufgabe ist: Den Rechtsstaat gegen Angriffe zu verteidigen, der Rechtsordnung Geltung zu verschaffen und in Rechtsstreitigkeiten gerechte Entscheidungen zu treffen?