Digitale Agenda Amt Hüttener Berge
Ländliche Kommune erarbeitet die erste digitale Agenda Schleswig-Holsteins
Höhn: Das Amt Hüttener Berge ist in Schleswig-Holstein die erste Amtsverwaltung, die eine Digitale Agenda erarbeitet hat. Was waren dabei Ihre Beweggründe?
Andreas Betz (Amtsdirektor): Für mich gab es im Wesentlichen fünf Beweggründe für die Erarbeitung von Hüttis Digitaler Agenda:
- Zunächst die zentrale Frage, wie wir uns im ländlichen Raum aufstellen, um die Potenziale unserer schnellen Internetverbindungen (Glasfaserverbindungen in jedes Haus) zum Vorteil und Nutzen aller Bürgerinnen und Bürger sowie der ortsansässigen Betriebe zu heben?
- Welche konkreten Handlungsfelder ermöglichen dabei rasche Erfolge und was ist die Rolle der Gemeinden sowie des Amtes dabei? Wichtig war und ist uns dabei, den digitalen Wandel in Hüttis Digitaler Agenda „breit“ zu denken. Weitaus häufiger als auf meinen neuen Personalausweis warte ich auf dem Land auf den nächsten Bus. Das spricht nicht gegen moderne eGovernment-Angebote unserer Verwaltung, sollte uns aber motivieren, die digital unterstützte Daseinsvorsorge mit derselben Priorität voranzutreiben.
- Uns ging es um eine digitale Gesamtplanung für unser Amt, in der sich alle mit ihren Interessen wiederfinden und die von Politik, Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen, aber auch von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Verwaltung akzeptiert wird.
Nicht zuletzt: Der digitale Wandel ist in aller Munde, kommt in den ländlichen Regionen aber nicht wirklich voran. Der Abstand zu den Ballungszentren vergrößert sich. Unser Amtsausschuss und die Verwaltung wollten sich mit dieser Entwicklung nicht abfinden, sondern mit der Digitalen Agenda ein Zeichen setzen, dass sich aus der Digitalisierung ganz neue Chancen für den ländlichen Raum ergeben - bereits hier und heute!
Höhn: Hüttis Digitale Agenda versteht sich als Rahmenplanung aller digitalen Aktivitäten im Amt Hüttener Berge, vom Breitbandausbau über die Digitalisierung weiterer Verwaltungsprozesse bis hin zu diversen Angeboten für die digital unterstützte Daseinsvorsorge. Wie ist es Ihnen gelungen, all das in einem gut 60-seitigen Dokument unterzubringen?
Betz: Nach dem Motto „aus der Praxis für die Praxis“ haben wir zusammen mit dem Team von HÖHN COSULTING einen umfassenden Beteiligungsprozess mit acht parallelen Arbeitsgruppen (wir nennen Sie „Fokusgruppen“) und zwei Bürgerforen durchgeführt. Insgesamt haben rd. 200 Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaftsvertreter und ehrenamtlich wie hauptamtlich Engagierte aktiv an der Erarbeitung der Agenda mitgewirkt. Unser gemeinsamer Anspruch: Keine Agenda für die Schublade zu entwickeln, sondern ein priorisiertes Arbeitspapier mit konkreten Maßnahmen für die nächsten fünf Jahren, die unser Amt auf dem Weg zur digitalen Kommune ein gutes Stück voranbringen.
Höhn: Wie haben Sie sich für dieses innovative Projekt personell aufgestellt? Wie und durch wen wurden die sehr verschiedenen konzeptionellen Baustellen der Digitalen Agenda koordiniert?
Betz: Aus heutiger Sicht bin ich sehr froh, 2017 auf der Grünen Woche in Berlin in einer spannenden Diskussionsrunde der Akademie für ländliche Räume den Geschäftsführer der HÖHN CONSULTING GmbH kennen gelernt zu haben. Gemeinsam entwickelten wir die Idee zu Hüttis Digitaler Agenda. Das Team von HÖHN CONSULTING hat den Agendaprozess hervorragend konzipiert und moderiert. Dessen Ergebnis, Hüttis Digitale Agenda, wird für uns auf Jahre ein roter Faden für die kommunale Digitalisierung sein. Ein Amt mit unserer Größe und Personalausstattung hätte eine Digitale Agenda ohne externe Unterstützung nur sehr schwer erarbeiten können. Davon bin ich nach Abschluss des Projektes mehr überzeugt denn je. Wichtig war jedoch auch, dass ich das Projekt zur Chefsache erklärt und mich an vielen Stellen aktiv eingebracht habe, um meine Expertise in die Konzeption einfließen zu lassen und meiner Politik die strategische Bedeutung der Agenda zu vermitteln.
Unser gemeinsamer Anspruch: Keine Agenda für die Schublade zu entwickeln, sondern ein priorisiertes Arbeitspapier mit konkreten Maßnahmen für die nächsten fünf Jahren.
Höhn: Wie haben Sie sich für dieses innovative Projekt personell aufgestellt? Wie und durch wen wurden die sehr verschiedenen konzeptionellen Baustellen der Digitalen Agenda koordiniert?
Betz: Aus heutiger Sicht bin ich sehr froh, 2017 auf der Grünen Woche in Berlin in einer spannenden Diskussionsrunde der Akademie für ländliche Räume den Geschäftsführer der HÖHN CONSULTING GmbH kennen gelernt zu haben. Gemeinsam entwickelten wir die Idee zu Hüttis Digitaler Agenda. Das Team von HÖHN CONSULTING hat den Agendaprozess hervorragend konzipiert und moderiert. Dessen Ergebnis, Hüttis Digitale Agenda, wird für uns auf Jahre ein roter Faden für die kommunale Digitalisierung sein. Ein Amt mit unserer Größe und Personalausstattung hätte eine Digitale Agenda ohne externe Unterstützung nur sehr schwer erarbeiten können. Davon bin ich nach Abschluss des Projektes mehr überzeugt denn je. Wichtig war jedoch auch, dass ich das Projekt zur Chefsache erklärt und mich an vielen Stellen aktiv eingebracht habe, um meine Expertise in die Konzeption einfließen zu lassen und meiner Politik die strategische Bedeutung der Agenda zu vermitteln.
Höhn: Vielfach werden Digitalisierungsprojekte auf kommunaler Ebene ohne einen übergreifenden „Bauplan“ angegangen. Wie bewerten Sie aus Ihrer Erfahrung dieses Vorgehen?
Betz: Die Nutzerinnen und Nutzer der digitalen Angebote von morgen erwarten Lösungen mit eingängiger und v. a. einheitlicher Bedienungslogik. Sie möchten sich nicht für jede Anwendung gesondert anmelden und Online-Bezahlungen einheitlich und sicher durchführen. Überhaupt ist die Wahrung der Vertraulichkeit der Daten und der wirksame Schutz gegen jede missbräuchliche Nutzung durch Dritte eine Erwartung, der insbesondere wir als Kommunen größte Bedeutung beimessen müssen. Alle vorgenannten Aspekte - und zahlreichen weitere, etwa die Wirtschaftlichkeit von Lösungsentwicklung und IT-Betrieb - sind starke Argumente für eine ganzheitliche Konzeption und stufenweise Umsetzung digitaler Angebote auf der Basis eines übergreifenden Bauplans. Ich kann nur davon abraten, Digitalisierung als „Stückwerk“ aus isolierten Lösungen mit unterschiedlicher Bedienung und zweifelhaften Sicherheitsstandards zu betreiben.
Höhn: Interkommunale Zusammenarbeit wird ja auch für den Digitalen Wandel auf kommunaler Ebene häufig beschworen. In der Realität herrscht hier jedoch zumeist „Kleinstaaterei“ und Kirchturmdenken vor. Inwieweit kann Hüttis Digitale Agenda dazu beitragen, mehr Kooperation, Arbeitsteiligkeit und Nachnutzbarkeit der entwickelten digitalen Angebote zu erreichen?
Betz: Interkommunale Zusammenarbeit ist gerade bei der Herausforderung der Digitalisierung unumgänglich und ein MUSS. Ich bin sehr froh, dass wir mit dem Land eine Kooperationsvereinbarung geschlossen haben, in der sich die Landesregierung verpflichtet hat, bis zum Ende der Legislaturperiode das Amt Hüttener Berge bei der Umsetzung von Hüttis Digitaler Agenda aktiv zu unterstützen, was eine finanzielle Förderung einschließt. Gemeinsames Ziel ist es, die entwickelten Lösungen allen interessierten Kommunen zur Nachnutzung anzubieten. Außerdem können Vertreter/innen anderer Kommunen am Design unserer Anwendungen aktiv mitwirken, um die interkommunale Zusammenarbeit bereits bei der Konzeption von digitalen Lösungen für die kommunale Ebene zu stärken und dabei Synergien zu nutzen, wo und wann immer dies möglich ist.
Höhn: Bei der Konzeption der digitalen Angebote für Ihr Amt folgen Sie der „LEGO®-Strategie“. Was verstehen Sie darunter?
Betz: Der Politik und Verwaltung ist es sehr wichtig, dass die im Amt Hüttener Berge bereitgestellten digitalen Angebote nach der LEGO®-Strategie modular konzipiert sind. Sie bilden dabei kombinierbare digitale „Bausteine“ auf der Basis einer durchgängigen Technologie und einer einheitlichen Bedienung. Dies erleichtert einerseits die Nutzung der angebotenen Services, verringert andererseits die Entwicklungs- und Betriebskosten und bildet damit eine wichtige Voraussetzung für die Zukunfts- und Ausbaufähigkeit des digitalen Angebots für unsere Gemeinden und des Amtes. Alle Anwendungen müssen daher eine einheitliche Bedienung haben.
Höhn: Was hat Sie bei der Erarbeitung von Hüttis Digitaler Agenda besonders beeindruckt?
Gero Neidlinger (Amtsvorsteher): Besonders beeindruckt hat mich das hohe Engagement der Bürgerinnen und Bürger bei der Erarbeitung der Agenda. Es hat sich dabei offenbar ausgezahlt, dass wir der Beteiligung der lokalen Akteure und Interessengruppen aus allen Lebensbereichen viel Raum gegeben haben, von der Landjugend und den Landfrauen über den Seniorenbeirat bis hin zu Vertretern der lokalen Wirtschaft, den für Tourismus und Wirtschaftsförderung Zuständigen und zahlreichen ehrenamtlich Engagierten. Die gemeinsame Sicht war dabei, dass umfassende Digitalisierung kein Privileg der Städte ist, sondern auch und gerade im ländlichen Raum auf vielfältige Weise dazu beitragen kann, die Lebensverhältnisse zu verbessern.
Als mit Abstand größte Herausforderung erweist sich daher für mich, im Prozess der Agenda-Erarbeitung eine umfassende Beteiligung der Politik, der Verwaltung, der Wirtschaft und der lokalen Interessengruppen aller Art zu gewährleisten.
Höhn: Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen bei der Erarbeitung einer Digitalen Agenda auf kommunaler Ebene?
Betz: Der Erfolg jeder Digitalisierung steht und fällt mit ihrer Akzeptanz bei den (potenziellen) Nutzerinnen und Nutzern. Auch große Budgets und kompetente Projektteams alleine helfen nicht weiter, wenn es nicht gelingt, kommunale Digitalisierung zu einem „Thema zu machen“, das alle lokalen Akteure als wichtige Baustelle auch für die eigene Zuständigkeit oder Interessenlage akzeptieren. Was für die Lösungen selbst gilt, gilt ebenso für die Agenda, auf deren Basis sie umgesetzt werden. Als mit Abstand größte Herausforderung erweist sich daher für mich, im Prozess der Agenda-Erarbeitung eine umfassende Beteiligung der Politik, der Verwaltung, der Wirtschaft und der lokalen Interessengruppen aller Art zu gewährleisten. Die Digitale Agenda darf nicht in unseren Amtsstuben entstehen, sondern gehört auf den „kommunalen Marktplatz“.
Höhn: Was erwarten Sie sich von der Umsetzung der digitalen Agenda?
Neidlinger: Diese Frage ist aus meiner Sicht leicht zu beantworten: Wir müssen digitale Angebote entwickeln, die Lösungen für in unserem Amt konkret bestehende Probleme schaffen. Denn genutzt wird nur, was auch gebraucht wird. Wir müssen dabei digitale Angebote entwickeln, die verständlich und leicht zu bedienen sind. Und bei all dem muss es uns gelingen, alle Bürgerinnen und Bürger sowie unsere ortsansässigen Vereine, Unternehmen und Landwirtschaftsbetriebe aktiv in die Konzeption und Umsetzung innovativer Lösungen einzubeziehen.