Paderborn

In Ostwestfalen stehen die Zeichen auf grün

Digitalisierung in der NRW-Modellkommune Paderborn

„MUTIG DIGITAL GEHEN“- unter dieser Prämisse digitalisiert die Stadt Paderborn ihre Verwaltung und Stadtgesellschaft. Die ostwestfälische Stadt gilt als digitaler Vorreiter in Nordrhein-Westfalen und wird als Modellkommune vom Land gefördert. Mit dem Jahr 2019 hat der Aufbau eines digitalen Paderborner Bürgerbüros begonnen. Verwaltung der Zukunft hat mit der Chief Digital Officer der Stadt und der IT-Leitung über ihre Digitalprojekte und die Fortschritte zum Portal gesprochen, welches Anfang nächsten Jahres in Betrieb genommen werden soll.
Christiane Boschin-Heinz ist als Chief Digital Officer (CDO) Leiterin der neu eingerichteten Stabstelle Digitalisierung der Stadt Paderborn. Diese ist verantwortlich für die Initiierung und Koordinierung von digitalen Projekten der Verwaltung und der weiteren Lebensbereiche der Stadt.
© Stadt Paderborn

„Die Zeichen stehen auf grün“, Christiane Boschin-Heinz, Chief Digital Officer in Paderborn, sieht den Anforderungen des Onlinezugangsgesetzes optimistisch entgegen. Paderborn ist neben Aachen, Gelsenkirchen, Wuppertal und dem Kreis Soest eine von fünf Modellkommunen in Nordrhein-Westfalen. Die Kommunen kommen regelmäßig zum Austausch zusammen, auch gemeinsam mit dem Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes, berichtet Frau Boschin-Heinz. Jede der digitalen Modellregionen spezialisiere sich auf andere Themengebiete und unterrichtet die anderen Kommunen. Paderborn gab beispielsweise einen Workshop zu LoRaWan, Aachen zum Thema Mobilität. Paderborn pflege ein intensives Netzwerk innerhalb des Landes.  Beim Aufbau ihres digitalen Bürgerportals sei Paderborn in einer Partnerschaft mit der Stadt Bielefeld und dem Kreis Paderborn. Das Bürgerportal wurde zu Beginn des Jahres beauftragt und soll Anfang 2020 in Betrieb genommen werden.

Ein integratives, medienbruchfreies, digitales Bürgerbüro

Intern beschäftige man sich bereits seit circa einem Jahr mit dem Projekt, so Thomas Kloppenburg, Leiter der Abteilung EDV und Telekommunikation. Herr Kloppenburg ist für die Digitalisierung der Stadtverwaltung, also dem Auf- und Ausbau des eGovernments zuständig. Der Anspruch für das Portal: ein integratives System eines digitalen Bürgerbüros auf Basis eines Serviceportals verbunden mit einer Multikanalstrategie und der medienbruchfreien Übertragung von Daten. Neben den für die Bürger und Unternehmen zugänglichen Verwaltungsleistungen solle über das digitale Bürgerbüro ein Intranet für die Mitarbeiter und ein Serviceportal für das Telefoncenter angebunden werden.

Der Anspruch für das Portal: ein integratives System eines digitalen Bürgerbüros auf Basis eines Serviceportals verbunden mit einer Multikanalstrategie und der medienbruchfreien Übertragung von Daten.
© Stadt Paderborn

Neben den für die Bürger und Unternehmen zugänglichen Verwaltungsleistungen solle über das digitale Bürgerbüro ein Intranet für die Mitarbeiter und ein Serviceportal für das Telefoncenter angebunden werden. Fundament des digitalen Bürgerbüros ist eine Informationsbasis. Auf der einen Seite hinterlegte Verzeichnisse, welche die Formularassistenten (dazu folgend mehr Informationen) unterstützen, auf der anderen werden die Eingaben der Bürger digital an die Sachbearbeiter übermittelt und weiterverarbeitet, erklärt der EDV-Leiter. Die Prozesse des Rechnungseingangs, des Steueramts, im Baubereich und in der Gewerbeabteilung können bereits vollständig digital abgewickelt werden. Die Anbindungen der Eingabemasken an die weiteren internen Prozesse solle zum 1. Quartal nächsten Jahres realisiert werden. „Nach und nach setzt sich das Puzzle zusammen.“

Indoor-Navigation und Anbindung an das Servicekonto NRW

Das Telefoncenter sammelt eine Vielzahl an Spezialdaten, welche sich aus der Telefonberatung und den damit einhergehenden Sonderfällen ergeben. Im Rahmen der Multikanalstrategie kann der Bürger in Zukunft Leistungen telefonisch, per Serviceportal (Formular), per Chat mit einem Sachbearbeiter und persönlich in Anspruch nehmen.

Ein weiteres Feature, welches im zweiten Quartal nächsten Jahres in Betrieb genommen werden soll, ist die Indoor-Navigation. Für Termine, die ein persönliches Erscheinen erfordern, könne der Bürger online das genaue Büro und den zugewiesenen Sachbearbeiter einsehen. Die Termine für Einwohnermelde- und Standesamt können ebenfalls online beantragt werden.

In Paderborn kann man Strafzettel mittlerweile einfach und schnell via Smartphone bezahlen.
© Maria Savenko / Shutterstock.com

Wie andere große Städte in Nordrhein-Westfalen nutzt die Stadt Paderborn das Service-Portal des Anbieters regioIT, welches problemlos Anschluss zum Servicekonto NRW gewährleistet. Der Bürger kann über ein zentrales Nutzerkonto auf Leistungen des Landes und der Kommune zugreifen. Der Anwohnerparkausweis, die Gewerbeanmeldung, der Handwerkerausweis und die Mittagsverpflegung für Kinder können bereits vollständig digital abgewickelt, Strafzettel des Ordnungsamts mithilfe eines QR-Codes bequem online bezahlt werden.

Umstellen der PDF-Formulare auf Formularassistenten

Paderborn stellt aktuell lange PDF-Formulare auf Formularassistenten um. Der Formularassistent zerlegt das Formular in einzelne nacheinander folgende Eingabemasken, die nach und nach vom Nutzer ausgefüllt werden. Die Abfolge ist mit einer Prozesslogik hinterlegt, welche nicht erforderliche Informationen über Filter ausschließt. Herr Kloppenburg führt dieses anhand der Anmeldung eines Hundes weiter aus: „Handelt es sich nach der Abfrage der Rasse um einen kleinen Hund, wird nicht abgefragt, ob es sich um einen Listenhund handelt.“

Im Rathaus Paderborn gehören lange PDF-Formulare bald der Vergangenheit an. Die Modellkommune stellt breiflächig auf Formularassistenten um.

Der Bürger wird durch das Formular geführt und durch hinterlegte Informationen der Stadtverwaltung, wie beispielsweise das Straßenverzeichnis, werden falsche Eingaben reduziert und eine höhere Qualität der Daten erzielt. Mit Anbindung an das Servicekonto NRW sollen Stammdaten gespeichert, nur noch einmalig eingegeben (Once Only) und in den Formularassistenten nicht mehr abgefragt werden.

Rechtliche Rahmenbedingungen & Authentifizierungsverfahren

Aktuell beschäftige sich seine Abteilung mit technischen Detailfragen und der Datenmigration. Für einige Digitalvorhaben fehlt jedoch der rechtliche Rahmen: „Uns sind als Kommune die Hände gebunden.“ Eine weitere Problematik seien die Authentifizierungsverfahren des Landesportals.

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Uns sind als Kommune die Hände gebunden.

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Thomas Kloppenburg

Eine weitere Problematik seien die Authentifizierungsverfahren des Landesportals. Die Anmeldung erfolgt entweder über Benutzername und Passwort, was nach Aussage des IT-Leiters zu unsicher ist, oder über die elektronischen Funktionen des Personalausweis, welche in der Bevölkerung jedoch kaum auf Akzeptanz stoßen. Es brauche eine Authentifizierung mit der richtigen Kombination aus Sicherheit und technischer Einfachheit wie die österreichische Handy-Signatur. „Und das muss ganz schnell passieren.“

Weitere Digitalprojekte der Stadt Paderborn

Des Weiteren befasst sich die Abteilung EDV und Telekommunikation aktuell mit der Digitalisierung interner Prozesse wie einem Dokumentenmanagementsystem und einer Mitarbeiter App. Die Applikation soll Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des öffentlichen Diensts mobilen Zugang zum Intranet ermöglichen. Im nächsten Schritt sollen auch Interaktionen über die App möglich sein, wie beispielsweise Anträge an das Personalamt zu versenden.

Als eines der neusten Projekte der Stadt nennt Frau Boschin-Heinz „INSPIRE“, kurz für Integrierte Sicherheits-Pilot-Region. In Kooperation mit der Feuerwehr, der Fachgruppe „Computeranwendung und Integration in Konstruktion und Planung“ der Universität Paderborn und der Unternehmen RTB GmbH & Co. KG, Viafly und Symcon vernetzt das Sicherheitsprojekt vier innovative Technologien der zivilen Gefahrenabwehr: Smart Home/Building, Personenstrommessungen, Drohnen und Social Media.

Das bedeutet, die Einsatzkräften erhalten zielgerichtete Informationen Drohnen-Fotos vom Einsatzort, Tweets aus dem Umfeld oder aktuelle Winddaten auf ein mobiles Endgerät, sodass sie sich optimal auf die Gegebenheiten vor Ort einrichten können. Das Projekt wurde am 06. September dieses Jahres genehmigt und hat am 26. September mit der Umsetzung begonnen.