Zuständigkeiten in der Integrationsverwaltung hinterfragen
Mercator-Studie entwickelt Neustrukturierung für Bund, Länder und Kommunen
Ziel der Untersuchung ist es unnötige Schnittstellen abzubauen, Doppelarbeiten zu vermeiden, Verwaltungsverfahren ohne Qualitätsverluste zu vereinfachen und die Kooperation der an den Integrationsaufgaben beteiligten Behörden zu verbessern.
In über 70 Gesprächen mit BAMF, Bundesverwaltungsamt, Bundespolizei-Inspektionen, verschiedenen Verwaltungsgerichten, Bezirksregierungen, Landesministerien, kommunalen Ausländerbehörden, Jobcentern, Meldebehörden, Sozialämtern, Integrationszentren, sonstige kommunale Stellen und Vertretern kommunaler Spitzenverbände aus insgesamt zehn Bundesländern hat die Studie Optimierungsvorschläge für die Aufgabenverteilung der Integration erarbeitet.
Der erste Teil der Abhandlung beinhaltet eine verwaltungswissenschaftliche Bestandsaufnahme
der Aufgaben und Zuständigkeiten von Bund, Ländern und Kommunen und einen Vorschlag für eine effizientere Neuordnung. Die Umstrukturierung wird im zweiten Teil juristisch auf ihre rechtliche Umsetzbarkeit geprüft. Weiterhin widmet sich ein Teil der Ausführungen konkret der Problematik des Datenmanagements.
Zuständigkeiten und Aufgabenwahrnehmung unklar
Aus den Expertengesprächen ergab sich, dass die Zuständigkeiten zersplittert und zugleich zu undurchsichtig sind. Neben der Definition der Aufgabenbereiche gibt es innerhalb der Behördenebenen Unstimmigkeiten, welches Organ welche Aufgabe auch tatsächlich wahrnimmt. Dies wird durch häufige Rechtsänderung und unbestimmte Rechtsbegriffe zusätzlich erschwert. Weitere Probleme erschlossen sich aus Defiziten in der Kommunikation und des Informationsaustausches zwischen den Verwaltungen. Außerdem fehlt es in der Integrationsarbeit der Behörden an Zielgruppenorientierung. Die Bedürfnisse der Asylbewerber müssen stärker berücksichtigt werden.
In diesem Zusammenhang hinterfragt die Abhandlung die Verfahren und Organisationsstrukturen der Verwaltung und schlägt Zuständigkeitsveränderungen im Sinne gesetzlicher Neuregelungen vor. Explizit wird darauf eingegangen welche Ebene im förderalen Staat welche Aufgabe am effektivsten lösen kann – von Erstaufnahme über Asylantragsbearbeitung und freiwillige Rückkehr bis hin zur Abschiebung.
Sprach- und Integrationskurse an Länder und Kommunen abgeben
„Die Hauptursache der Belastung der Verwaltungsgerichte liegt in den Fallzahlen selbst und nicht im Asylprozessrecht“ ,erklärt Professor Dr. Jörg Bogumil. Seit Ende 2017 gibt es über 360.000 asylrechtliche Verfahren, welche durch die Verwaltungsgerichte abgehandelt werden müssen. Eines der größten Probleme sieht der Politik- und Verwaltungswissenschaftler jedoch in der Qualitätssicherung des BAMF.
Die Hauptursache der Belastung der Verwaltungsgerichte liegt in den Fallzahlen selbst und nicht im Asylprozessrecht.
Die Abhandlung sieht keine Umverteilung des Asylverfahrens auf die Länder vor. Das Verfahren soll Kernkompetenz des BAMF werden. Um die Qualität im Verfahren zu verbessern und erhalten, soll das BAMF andere Aufgaben abgeben. Darunter soll die Verantwortung für Sprach- und Integrationskurse nicht länger beim Bund liegen: „Der Verwaltungsvollzug der Sprachkurse (Träger- und Lehrkräftezulassung, Träger- und Kursüberprüfung, Zusteuerung sowie Koordinierung des Sprachkursangebotes) sollte künftig besser durch die Länder und Kommunen wahrgenommen werden“, führt Bogumil aus.
Es macht keinen Sinn, dass das BAMF seinen Aufgabenbestand im Integrationsbereich ständig erweitert.
Das BAMF soll lediglich die Grundstruktur der Lerninhalte und die Finanzierung verantworten. „Es macht keinen Sinn, dass das BAMF seinen Aufgabenbestand im Integrationsbereich ständig erweitert“ betont der Bochumer Universitätsprofessor Durch die Entlastung sollen mehr Ressourcen für die Asylverfahren zur Verfügung stehen. Des Weiteren soll eine zusätzliche, unabhängige Kontrollinstanz die Qualität der Arbeit im BAMF absichern.
Zentrales Fallmanagement in den Kommunen
Um besser auf die Bedürfnisse der Flüchtlinge einzugehen, sieht die Studie Optimierungen im Fallmanagement vor. Die Förderung erfolgt auf kommunaler Ebene sowie vom Bund geförderte Maßnahmen wie Jugendmigrationsdienste (JMD) und Minderung der Erwerbstätigkeit (MdE) als auch die Förderung durch das Jobcenter. „Diese vier verschiedenen Fallmanagementstrukturen für Migranten müssen besser koordiniert werden“, so Bogumil. Um eine effiziente Koordination zu gewährleisten, empfiehlt er ein zentrales Fallmanagement, welches in der Verantwortung der Kommunen liegt. Die Migrationsberatung soll ebenso in den Aufgabenbereich der Kommunen übergehen.
Um Städte, Gemeinden und Landkreise in ihrer Integrationsarbeit vor Ort zu unterstützen, schlägt der Verwaltungswissenschaftler ein zentrales Portal für Fördergelder vor. Hier soll einfach einzusehen sein, welche Töpfe es für Integrationsprojekte gibt.
Datenqualität verbessern
Ein großes Problem ist weiterhin der Daten- und Informationsaustausch zwischen den Behörden sowie die Datenqualität. Fehler bei der Registrierung haben Auswirkungen auf das weitere Asylverfahren und können erhebliche Sicherheitsprobleme mit sich bringen: „Diese Defizite beeinträchtigen teils bis heute die Akzeptanz und das Vertrauen der behördlichen Nutzer, wenn es um das Ausländerzentralregister (AZR) als Datenplattform sowie die Qualität und Aktualität der Daten geht.“ Als ersten grundlegenden Schritt sieht die Studie vor, analoge und digitale Daten nicht mehr parallel zu pflegen.
Die Studie „Bessere Verwaltung in der Migrations- und Integrationspolitik – Handlungsempfehlungen für Verwaltungen und Gesetzgebung im föderalen System“ wird auf dem Gesellschaftlichen Dialog Migration & Integration vorgestellt. Einen Einblick in das Programm erhalten Sie hier.