Bosbach Kolumnenheader

„Compact“ Verbot – Blaupause für ein AfD-Verbot?

Über den Fehler zwei ganz verschiedene Sachverhalte zu vergleichen, die man nicht verwechseln sollte.

Seit Wochen spaltet das Verbot des Magazins COMPACT die Gemüter. Für die Verbotsbefürworter war es aber auch aller höchste Zeit, dass die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) diesem Blatt endlich den Stecker zog, für die Gegner ein erneuter Beweis dafür, dass die Meinungs- und Pressefreiheit in Deutschland immer mehr unter die Räder kommt.

Begründet hat das BMI das Verbot der „Compact Magazin GmbH“ u.a. mit dem Vorwurf, deren Presseerzeugnisse richteten sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Diese Erzeugnisse seien Sprachrohr „um verfassungsfeindliche Zielsetzungen reichweitenstark zu verbreiten“. Das Magazin vertrete ein „völkisch-nationalistisches Gesellschaftskonzept“.

Die Verbotsverfügung enthält zahlreiche rechtliche Begründungen, wobei allerdings auffällt, dass die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrecht eher der guten Ordnung halber und nur am Rande erwähnt wird. Das ist deshalb interessant, weil dieses Gericht sich schon vor gut 14 Jahren kritisch mit dem Verbot mehrerer türkischer Medien beschäftigt hatte. Obwohl die Verbote nur zeitlich begrenzt waren, sah das Gericht Anlass zur Kritik – es sei unverhältnismäßig in die Meinungs- und Pressefreiheit eingegriffen worden.

Kein Wunder, dass sich prompt echte und vermeintliche Rechtsexperten öffentlich meldeten und – je nach Einstellung und Überzeugung – die Verbotsverfügung als selbstverständlich rechtmäßig – oder ebenso selbstverständlich rechtswidrig – charakterisierten.

Nach Lage der Dinge ist davon auszugehen, dass sich zukünftig die Gerichte mit der causa „COMPACT“ beschäftigen werden. Ganz sicher wird es dabei nicht nur um Fragen des Vereinsrechtes gehen, sondern auch und in erster um die verfassungsrechtlichen Fragen inkl. der Verhältnismäßigkeit des Totalverbots.

Kaum war das Verbot exekutiert, wurde erneut gefordert jetzt auch die AfD zu verbieten, schließlich gäbe es unübersehbare Parallelen und wenn das COMPACT-Verbot durchgesetzt werden könne, dann doch ganz sicher auch ein Verbot der AfD.

Sicherheit, Zusammenhalt & Verteidigung

Immer und immer wieder wird in diesem Zusammenhang behauptet, dass eine Partei, die verfassungsfeindliche Ziele verfolge, selbstverständlich verboten werden könne, was aber maximal nur zur Hälfte richtig ist.

Das Bundesverfassungsgericht hat schon vor langer Zeit betont, dass alleine (!) die Verfolgung verfassungsfeindlicher Ziele ein Verbot nicht rechtfertige, hinzutreten müsse eine „aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der  freiheitlich demokratischen Grundordnung“, auf deren Abschaffung die Partei abziele  sowie konkrete Anhaltspunkte dafür, dass ein Erreichen der von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Ziele nicht völlig aussichtslos erscheint.

Und während ein Verbot auf der Rechtsgrundlage des Vereinsrechts eine klassische Maßnahme der Exekutive ist, hat nur das Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit eine Partei zu verbieten. Und nur Bundestag, Bundesrat und/oder Bundesregierung können ein solches Verfahren beantragen. Ein Grund hierfür dürfte sein, dass sich die konkurrierenden Parteien nicht durch eine bloße Exekutivmaßnahme unliebsame politische Konkurrenz fernhalten können.

Beim Vereinsverbot ist es genau umgekehrt. Hier entscheidet zunächst die Exekutive und die Judikative kann/muss anschließend nach rein rechtlichen Kriterien darüber entscheiden, ob ein Verbot mit oder ohne sichere Rechtsgrundlage ergangen ist.

Bei einem Parteiverbot entscheidet ALLEINE das Bundesverfassungsgericht.

Bitte keine Sachverhalte vergleichen, die nicht vergleichbar sind.

Der Autor, Wolfgang Bosbach, ist Kongresspräsident des Berliner Kongresses für wehrhafte Demokratie. Von 1994 bis 2017 war er Mitglied des Deutschen Bundestages und dort unter anderem von 2000 bis 2009 stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU Bundestagsfraktion für den Bereich Innen- und Rechtspolitik und von 2009 bis 2015 Vorsitzender des parlamentarischen Innenausschusses.

Der 7. Berliner Kongress Wehrhafte Demokratie - Gesellschaftlicher Dialog für Innere Sicherheit, Verteidigungsfähigkeit und Zusammenhalt findet vom 16. bis 17. Juni 2025 im Hotel de Rome in Berlin statt.