Beratung im öffentlichen Sektor mit Innovationslaboren und Online-Mentoring
Nadine Baumann und Prof. Dr. Christian Schachtner über digitale Formate für den kulturellen Wandel in der Verwaltung
Digitale Interaktionsformate sind im öffentlichen Sektor häufig auf Videokonferenzen mit Mitarbeitern im Home-Office oder in unterschiedlichen Gebäuden beschränkt. Darüber hinaus gibt es ad hoc ins Leben gerufene Angebote wie zum Beispiel Video-Calls im Bürgerservice, sofern ein Termin zur Beratung vereinbart wurde. Auch das Beantworten von Anfragen über soziale Medien hat eine gewisse Verbreitung, wobei auch hier eher eine konservative Kommunikation ohne regelmäßig aktiven Content stattfindet.
Dies sind sehr lose Kontakte, die aufgrund von aktuell auftretenden Anliegen entstehen. Intensive, dauerhafte und komplexe Beratungen, wie bei der Strategiebildung nach innen, der Bildung überregionaler Netzwerke oder der kollaborativen Arbeit in funktionsübergreifenden Teams, werden meist nicht über eigene interne Social Media-Netzwerke systematisch innerhalb der eigenen Organisation genutzt. Dabei ist eine visuell unterstützte und mit Tools zur Priorisierung, Abstimmung oder Ideengenerierung versehene Interaktion auch im virtuellen Raum ein maßgeblicher Baustein zur Gestaltung von Innovationsstrategien. Dieser aktive Ideenaustausch wurde vor der Corona-Pandemie häufig über sogenannte „Innovationslabore“ als ein Schritt in Richtung offener Reflexion über Arbeitsprozesse verwirklicht.
Innovationslabore steigern Effizienz
In agilen Experimentierräumen werden Informationen gesammelt, der Meinungsaustausch durch Kollaborationsprozesse kanalisiert, Entscheidungen vorbereitet und die Gestaltungsvorschläge unterschiedlicher Parteien moderiert. Ein klassisches Ablaufschema von Beratungen durch Professional Service Firms also. In diesem Zusammenhang soll darauf hingewiesen werden, dass ein reger Austausch in internen Netzwerken sich lohnt, um einen spürbaren Wandel in der Innovationskultur zu schaffen. Die Techniken und Konzepte von Beratung im öffentlichen Sektor weisen Besonderheiten auf und sind daher als eigene Teildisziplin anzusehen. Hierauf weist unter anderem das Modul „Beratung im öffentlichen Sektor“ der IUBH Internationale Hochschule im Online-Fernstudium Studium zum Public Manager hin. Damit kann die Vernetzung und Schaffung interdisziplinärer Teams bestehend aus strategischen Partnerschaften mit Start-ups, Wissenschaft und Zivilgesellschaft vorangetrieben werden.
Insgesamt nehmen die meisten Kommunen derartige Gestaltungsaufgaben zum Aufbau von Beraterkompetenz nicht ausreichend in Anspruch. Dies zeigt unter anderem die Studie „Innovationslabore im Öffentlichen Sektor“ der Firma Accenture (2019). Dabei können intensive, vertrauensbildende Formate wie Online-Mentoring durch begleitende Hilfestellungen eine Alternative zur „haptischen“ agilen Arbeit sein.
Online-Mentoring hilft, fundierte Entscheidungen zu treffen
Gerade in Zeiten mit ungewissen Entwicklungen und Unsicherheiten kann eine Verbreitung von Erfahrungswissen helfen, Entscheidungen gut abgewogen zu treffen. Dies verdeutlicht das in der Personalentwicklung bekannte Konzept des Mentoring. Mentoring ist auf eine längerfristige, mindestens sechs- bis zwölf monatige Beratung und Begleitung ausgelegt. Zur Durchführung von Online-Mentoring stehen Tools wie Chat und Video-Chat bereit, die eine sofortige Interaktion ermöglichen. Meist sind sie in eine rollenbasierte Plattform eingebunden. Für die Vertrauens- und Identifikationsbildung sind selbstverfasste Profile der Online-Mentorinnen, -Mentoren und -Mentees hilfreich und stimmen auf die eigene Rolle im Mentoring ein. Gleichzeitig können interne soziale Netzwerke die Wertschätzung und fachliche Reflexion über Fachforen unterstützen. Agile Online-Mentorinnen und -Mentoren können die sozialen Netzwerke moderieren und in der Community Kommunikationsstandards einführen und begleiten. Auch in der öffentlichen Verwaltung kann Online-Mentoring, gerade während der gegenwärtigen Krisenzeit, ein Treiber für den kulturellen Wandel sein.
Neben einer breiten Akzeptanz benötigen Beratungsformate Teams, die Veränderungen gegenüber offen sind und bereit sind, persönliche Einstellungen und Werte zu hinterfragen. Dann kann der Einstieg in den kulturellen Wandel relativ leicht über digitale Kommunikationselemente erfolgen.