Govdigital Marktplatz
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"Wenn EfA wirken soll, müssen wir es den Kommunen so einfach wie möglich machen"

Interview mit Jana Geiß zum Marktplatz für EfA-Leistungen

Der Marktplatz für EfA-Leistungen gewinnt zunehmend an Dynamik und Bedeutung. Jana Geiß, Gesamtprojektleiterin des Marktplatzes, berichtet über den aktuellen Stand der angebotenen Dienstleistungen, die steigende Nachfrage und die maßgeblichen Veränderungen durch den IT-Planungsrat.
Jana Geiß ist Beraterin bei einem großen IT-Konzern und leitet das Projekt EfA-Marktplatz im Auftrag der govdigital e.G.

Verwaltung der Zukunft: Frau Geiß, Sie sind Gesamtprojektleiterin des Marktplatzes für EfA-Leistungen. Wie sieht der aktuelle Stand der EfA-Leistungen aus? Wie viele Dienstleistungen werden bereits angeboten und wie stark werden diese nachgenutzt?

Jana Geiß: Aus Sicht des Marktplatzes für EfA-Leistungen erleben wir seit einigen Wochen eine gewisse Dynamik: Mittlerweile haben wir auf dem Marktplatz über 100 Leistungsangebote. Das sind nicht alles unterschiedliche EfA-Leistungen, sondern die Summe der EfA-Leistungen die über die beiden Anbieter auf dem Marktplatz, govdigital und FITKO, angeboten werden. Da können also auch doppelte dabei sein.

VdZ: Und die Nachfrageseite?

Geiß: Die Zahl der sogenannten „Interessenbekundungen“ – das ist der technische Terminus für den ersten Schritt in Richtung Nachnutzung – ist innerhalb von zwei Monaten von 160 auf über 300 gestiegen. Wir haben derzeit also über 300 Kaufinteressen für EfA-Leistungen, das ist im Kontext der bisherigen EfA-Umsetzung durchaus beachtlich. Eine der Gründe für den Anstieg liegt darin, dass der IT-Planungsrat die verbindliche Nutzung des Marktplatzes ab 1. April 2024 festgelegt hat. Auch werden 2024 alle „EfA-finanziert Leistungen“*, vormals „Fokusleistungen“ bzw. „Leistungen von föderalem Interesse“, vollständig aus dem Budget der FITKO finanziert.

VdZ: Gibt es konkrete messbare Ziele für die weitere Etablierung in den nächsten Jahren?

Geiß: Der Marktplatz ist die zentrale Nachnutzungsplattform für EfA-Leistungen in Deutschland. Daraus abgeleitet ist unser Ziel, die Flächendeckung in Deutschland zu erreichen. Natürlich haben wir dazu immer unsere Nutzungszahlen im Blick. Diese hängen jedoch häufig mit der Unterstützung und Mitwirkung zusammen, die wir nicht direkt beeinflussen können. Die EfA-Leistungen müssen z. B. von den Bereitstellern in den Marktplatz eingetragen werden.  Bei den wichtigen EfA-finanziert-Leistungen, die mit finanzieller Unterstützung durch Bund und Länder bereitgestellt werden, sind wir schon ganz gut aufgestellt und bieten 18 von insgesamt 24 auf dem Marktplatz an.

Screenshot des Marktplatzes mit Angebotsbeispielen.
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VdZ: Haben Sie noch ein weiteres Beispiel, welche „externen Faktoren“ wichtig für die Nachnutzung sind?

Geiß: Ein anderes Beispiel ist die Nutzung des Marktplatzes durch die Kommunen – hier hängt es sehr vom jeweiligen Nachnutzungsmodell in den Bundesländern ab, wie die EfA-Leistungen an die Kommunen weitergegeben werden. Mit der Integration von „Bündelnden Organisationen“ in den Marktplatz haben wir auch hier in den letzten Wochen viel erreichen können. „Bündelnde Organisationen“ nennen wir vergaberechtskonforme Sammelbesteller in den Bundesländern. Sie können über den Anbieter FITKO auf dem Marktplatz EfA-Leistungen einkaufen und sorgen dann für die rechtliche und organisatorische Abwicklung der Bereitstellung bis zu den zugehörigen Kommunen. Vor allem in den letzten drei Monaten haben wir mit den ersten Bündelnden Organisationen im Marktplatz aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz gute Erfahrungen gesammelt.

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Wir haben heute mehr als 50 digital über den Marktplatz geschlossene Verträge.

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VdZ: Was sind für Sie die größten Erfolge, die Sie in Ihrer Arbeit mit EfA-Leistungen erlebt haben?

Geiß:  Wir haben heute mehr als 50 digital über den Marktplatz geschlossene Verträge. Das mag vielleicht nicht nach viel klingen, ist aber ein wirklich hart erkämpftes Ergebnis, das wir mit einem sehr engagierten Team erzielt haben. Da steckt viel Herzblut und natürlich auch die Unterstützung unserer zahlreichen Partner und Mitglieder drin.
Gerade zu Anfang als der Marktplatz produktiv gegangen ist, belief sich die Aufgabe des Teams noch vielfach darauf zu erklären, was der Marktplatz überhaupt ist. Das hat sich im Laufe der letzten eineinhalb Jahre deutlich geändert: Durch den hohen Bekanntheitsgrad können wir uns heute mit viel spezifischeren Fragen und Weiterentwicklungen beschäftigen. Ich denke, auch das zeigt, dass wir es tatsächlich geschafft haben, den Marktplatz – mit viel Rückenwind mehrerer IT-Planungsratsbeschlüsse – zu etablieren.

VdZ: Was sind Ihrer Meinung nach aktuell die größten Herausforderungen dabei, Leistungen im EfA-Prinzip anzubieten und zu verbreiten?

Geiß: Wir sprechen immer wieder mit sehr engagierten Personen aus den Kommunalverwaltungen. Sie wollen Digitalisierung. Aber viele dieser hoch motivierten Leute haben gerade in kleineren Kommunen neben der IT noch weitere Aufgaben wie z.B. Finanzen und Personal zu bewältigen. Für mich heißt das: Wenn EfA wirken soll, müssen wir es den Kommunen so einfach wie möglich machen. An vielen Stellen ist das EfA-Prinzip jedoch immer noch überkomplex. Die Prozesse zu vereinfachen, zu standardisieren und skalierbar für ganz Deutschland zu machen, das ist die größte Herausforderung. Die papierlose, digitale Beschaffung von EfA-Leistungen über den Marktplatz ist dafür ein bedeutender Schritt.

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Mit dem Marktplatz wurde in Deutschland erstmals eine über alle föderalen Ebenen nutzbare digitale Plattform zum verwaltungsinternen Austausch von SaaS-Leistungen geschaffen.

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VdZ: Wie groß ist dieser Schritt wirklich?

Geiß: Aus unserer Sicht sehr groß und vor allem noch ein bisschen „gewöhnungsbedürftig“. Mit dem Marktplatz wurde in Deutschland erstmals eine über alle föderalen Ebenen nutzbare digitale Plattform zum verwaltungsinternen Austausch von SaaS-Leistungen geschaffen. Dieser Weg zum digitalen Einstellen und Bestellen von EfA-Leistungen ist für viele Verwaltungen neu und bedarf einer intensiven Begleitung. Dies betrifft auch verwaltungsinterne Rollen und Prozesse, die teilweise „neu gedacht“ werden müssen, wenn beispielsweise Verträge zur Unterschrift nicht in Umlaufmappen gelegt werden können, sondern Bestellungen per „Klick“ auf einer digitalen Plattform ausgelöst werden müssen. Wir haben mit dem Marktplatz also nicht allein ein Projekt mit dem eine technische Plattform bereitgestellt wird, sondern tatsächlich ein Anstoß für Transformationen innerhalb der Verwaltungen.

VdZ: Können Sie die grundlegenden Probleme der Vergangenheit kurz anreißen - wieso war es ursprünglich so schwer, Leistungen bundesweit anzubieten und wie werden diese Probleme für die Zukunft umgangen?

Geiß: Der Grundgedanke des EfA-Prinzips ist: Jedes Land soll Leistungen so digitalisieren, dass andere Länder diese nachnutzen können. Wie so oft, ist die Technik hierbei zumindest nicht das größte Problem. Die Herausforderung liegt in der vergaberechtskonformen Organisation der Nachnutzung – vor allem bis zu den Kommunen. Es gibt hierfür keinen einheitlichen Weg, einige Bundesländer bauen diese Strukturen auch erst noch auf. Dadurch herrscht in vielen Kommunen noch Unklarheit darüber, welche EfA-Leistung sie rechtskonform und wirtschaftlich einkaufen können.

VdZ: Und was sind Ihre Lösungen, die Sie dafür anbieten?

Geiß: Es gibt da von unserer Seite zwei Möglichkeiten: Zum einen über die Inhouse-Fähigkeit der govdigital, die rund 80 Prozent der Kommunen in Deutschland erreicht und sie somit zur direkten Bestellung von EfA-Leistungen über den Anbieter govdigital auf dem Marktplatz berechtigt.
Zum anderen die bereits angesprochenen „bündelnden Organisationen“ in den Bundesländern. Als zentrale Anlaufstelle der zugehörigen Kommunen sorgen sie für die rechtliche und organisatorische Abwicklung des Leistungsaustauschs von Online-Diensten und stellen ihnen diese zur Nachnutzung bereit.

VdZ: Welche Chancen räumen Sie diesen „bündelnden Organisationen“ denn ein, einen Mehrwert für die wirkliche Nachnutzung zu leisten?

Geiß: Wir haben im Marktplatz in den vergangenen Monaten viele Funktionalitäten zur Unterstützung der bündelnden Organisationen entwickelt. So können sie sich auf dem Marktplatz akkreditieren und EfA-Leistungen direkt bestellen. Oder sie fordern ihre Kommunen auf, sich ebenfalls im Marktplatz zu akkreditieren und über den Marktplatz „Produktanfragen“ zu stellen. Damit sieht die bündelnde Organisation gleich, wie viel Bedarf es für welche EfA-Leistung in ihren Kommunen gibt und können eine bedarfsgerechte Sammelbestellung vornehmen. Dieser Weg der Nachnutzungsorganisation erscheint uns derzeit sehr vielversprechend.

VdZ: Gibt es etwas von Ihrer Seite, was Sie sich von den Bereitstellern wünschen?

Geiß: Ganz klar: Stellt eure EfA-Leistung in den Marktplatz ein! Uns fehlen auch noch ein paar EfA-finanziert-Leistungen, die brauchen wir, denn das Interesse ist groß. Und falls es doch einmal klemmen sollte – wir helfen mit unseren Supportstrukturen gerne und wo wir können.

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