Wie gut sind die Verwaltungen in Deutschland für mobiles Arbeiten aufgestellt?
Ein Blick nach Berlin und München
„Die Covid-19-Lage zeigt eindrucksvoll den dramatischen Änderungs- und Investitionsbedarf beim Arbeiten im öffentlichen Dienst“ fasst Bernd Schlömer, Verantwortlicher für die Bereiche Bürgerschaftliches Engagement, Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus Berlin, passend zusammen. Neuste Zahlen zeigen, dass die bisherige Prozentzahl der mobilen Arbeitsplätze im Land Berlin zu hoch geschätzt wurde.
Die Senatsinnenverwaltung hatte angegeben, dass etwa zehn Prozent der Beschäftigten mit mobilen Endgeräten ausgestattet seien und im Home Office arbeiten können. Der Zugriff mit sicherer Internetverbindung sei nach neusten Angaben allerdings nur für maximal 4.000 Mitarbeitende gleichzeitig möglich. Bei etwa 100.000 Beschäftigten also für vier Prozent. 12.500 parallele Einwahlen seien jedoch beauftragt, so Staatssekretärin Sabine Smentek, zuständig für Informations- und Kommunikationstechnik im Land Berlin.
„Wir sind technisch kurz hinter der Karteikarte“, kritisiert die Bezirksstadträtin für Berlin-Mitte, Sabine Weißler, im Tagesspiegel. Die fehlende Handlungsfähigkeiten der Berliner Verwaltungen hat negative Folgen für Wirtschaftszweige, die zuvor nicht durch die Einschränkungen durch Corona betroffen waren, wie beispielsweise die Bauindustrie. Vollfinanzierte Bauvorhaben können nicht starten, weil die entsprechenden Genehmigungen nicht erteilt werden.
Corona-Krise verdeutlicht Notwendigkeit digitaler Leistungen
Durch die Corona-Krise zeigt sich außerdem verstärkt die Notwendigkeit der digitalen Verwaltungsdienstleistungen. Viele Behörden sind für die Öffentlichkeit geschlossen. Bürgerinnen und Bürger können persönliche Termine nicht wahrnehmen, die viele Anträge weiterhin erfordern. „Die aktuelle Situation zeigt, wie wichtig eine schnelle, umfassende Digitalisierung sämtlicher Verwaltungsleistungen ist, um die Funktionsfähigkeit des Staates auch in Krisensituationen zu gewährleisten“ erklärt Staatssekretär Klaus Vitt auf der 31. Sitzung des IT-Planungsrates. Laut Onlinezugangsgesetz haben die Behörden bis 2022 Zeit, ihre Leistungen zu digitalisieren. Viele Anträge, bspw. für staatliche Unterstützung aufgrund wirtschaftlicher Rückschläge durch Corona, müssen jedoch schnellstmöglich bearbeitet werden.
München macht mobil
Auf Twitter berichtet Thomas Bönig, Chief Digital Officer der Stadt München: „In München wurden bis jetzt ca. 15.00 Arbeitsplätze auf sicheres mobiles Arbeiten umgestellt, ein Großteil mit vollständigen Umfang des Büroarbeitsplatzes, weiteren ca. 6000 AP wurde ein sicherer Zugang auf Mail & Kalender eingerichtet, Tendenz steigend“ (6.April 2020)
Im Jahr 2018 wurde das Projekt „Re-Design der Netz- und IT-Sicherheitsinfrastruktur“ in der Stadtverwaltung München abgeschlossen und damit der Grundstein für mobiles Arbeiten gelegt. Es wurde Fernzugriff über private Endgeräte auf Kalender, E-Mails und Social Intranet ermöglicht. Die Kapazitäten dafür werden aktuell erweitert. Im nächsten Schritt wurde ein VPN-Zugang für städtische Geräte eingerichtet, über den Beschäftigte auf ihren gesamt Desktop zugreifen können. Der Zugriff über Smartphone und Tablet ist noch in der Pilotphase. Außerdem kann über Web-Browser auf die städtischen Mailpost-Fächer zugegriffen werden. Dieser Zugang ist für 25.000 Nutzer ausgelegt. Die Stadt hat die Notwendigkeit der mobilen Arbeitsweise rechtzeitig erkannt und die Grundsteine gelegt. Mit dem Rückzug ins Home Office konnten die Arbeitsplätze zügig eingerichtet werden.
Das IT-Referat der Stadt hat außerdem in kürzester Zeit ein System für Video-Konferenzen ausgerollt. Bereits vor der Krise wurde die Integration von Kommunikationslösungen evaluiert und das Tool „Cisco Webex“ für 300 Mitarbeitende implementiert. Mit den Eindämmungsmaßnahmen von Covid-19 musste die Lösung für 45.000 Beschäftigte skaliert werden.Dabei wurde eine Lösung anvisiert, die auch auf privaten Geräten funktioniert.
Im ersten Schritt wurde ein Arbeitsraum für Fragen zum Tool im stadteigenen Intranet angelegt. Hierfinden sich u.a. Erklärvideos zur Software. Für den Digital Roll Out wurde adhoc eine Umsetzungs-Gruppe gebildet, die Webex bereits am 20. März für 2.500 Führungskräfte freischalten konnte.
Am 22. März wurde die Registrierung für alle Beschäftigten ermöglicht. In den ersten beiden Wochen wurden über 6.800 Konferenzen über das Tool abgehalten.