Bürohund; Labrador
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Hund im Büro: Vorteile, Bestimmungen, Regeln

Der Bundesverband Bürohund hat Leitlinien zum Umgang mit Bürohunden entwickelt.

Ein Hund kann die Büro-Atmosphäre positiv beeinflussen. Aber sind Hunde im Büro eigentlich erlaubt oder generell verboten?

Eine Hündin – sagen wir ein Labrador – liegt auf ihrem Platz im Büro und beobachtet in erster Linie die Dinge. Ab und an steht ein Kollege auf und streicht ihr über das Fell. Oder anders herum: Hündin „Lilly“ streift durchs Büro, lässt sich streicheln und legt sich unter den großen Besprechungstisch im Nebenzimmer. Döst und beobachtet weiter. Mittags machen einige Kollegen mit ihr eine Runde.

Es gibt sogar einen Büroverband Hund

Und was bringt das alles? „Viel“, sagt Markus Beyer. Der Vorsitzende des „Bundesverbands Bürohund“ zählt gleich eine ganze Reihe an Vorteilen auf: besseres Betriebsklima, höhere Motivation der Mitarbeiter, dadurch weniger Ausfallzeiten durch Krankheiten und letztlich finanzielle Vorteile für den Arbeitgeber. „Außerdem haben Unternehmen, die Hunde zulassen, ein besseres Image“, ist sich Beyer sicher. Das wiederum verschaffe Unternehmen Vorteile beim Ringen um Mitarbeiter und kreative Köpfe. Denn, ob jung oder alt: Hundebesitzer und Hundeliebhaber sind unter Arbeitnehmern in allen Altersstufen zu finden. Aber auch Allergiker und Kynophobe.

Markus Beyer ist 1. Vorsitzender des Bundesverbands Bürohund und arbeitet als Trainer für Menschen mit Hunden in Berlin.
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3,5 Prozent mit Hundehaar-Allergie

„Etwa 3,5 Prozent der Menschen leiden unter starken Hundehaar-Allergien“, erklärt Beyer. Diese Zahl bedeutet zwar auch, dass mehr als 96 Prozent ohne Beschwerden mit den Vierbeinern auskommen, trotzdem ist die Belegschaft nach etwaigen Hindernissen zu fragen. Es muss schließlich aber nicht jeder Kollege explizit zustimmen. „Zuvörderst braucht es ganz klar die Erlaubnis der zuständigen Leitungsebene“, weiß Beyer.

Natürlich sollte eine einvernehmliche Haltung aller Kollegen das Ziel sein. Der Vierbeiner-Freund macht aber ebenso folgende Rechnung auf: Arbeitgeber seien rechtlich verpflichtet, die gesundheitlichen Risiken für all ihre Mitarbeiter zu minimieren. Das gelte mit Blick auf Allergiker genauso wie für Stress-Geplagte. Beyer spricht gar von Hunden als „Burnout-Prophylaxe“.

Mehr Oxytocin & Dopamin, weniger Burnout

Es sei das Bindungshormon Oxytocin, das viele Menschen beim Kontakt mit Hunden freisetzen. „Der Organismus von Menschen wie Hunden produziert diesen Stoff, der daraufhin Stresshormone wie Insulin und Cortisol kompensiert und zugleich als Treiber für das „Glückshormon“ Dopamin gilt.“ Hinzu kommen die kleinen Pausen, die die Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse des Hundes mit sich bringen. Langfristig kann das das Wohlbefinden und Konzentrationsvermögen erhöhen. Und ist zudem vorgeschrieben.

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Streicheln statt Zigarettenpause

In Paragraph 5 der Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV) heißt es: "Der Arbeitgeber hat die Tätigkeit der Beschäftigten so zu organisieren, dass die tägliche Arbeit an Bildschirmgeräten regelmäßig durch andere Tätigkeiten oder durch Pausen unterbrochen wird, die jeweils die Belastung durch die Arbeit am Bildschirmgerät verringern." Warum nicht zwischendurch zwei, drei Minuten streicheln? „Das ist auch weitaus gesünder, als etwa eine Zigarette zu rauchen.“ Im Übrigen ließe sich aber auch Letzteres mit ein bisschen Gassi-Gehen verbinden – und so selbst dem Rauchen noch etwas Positives abgewinnen. Ohne sich in weiteren Details zu verlieren, lässt sich sagen, dass ein Bürohund sicherlich eine Reihe von Vorteilen mit sich bringen kann. Aber welche Voraussetzungen braucht es, damit die neue Situation auch tatsächlich zur Bereicherung wird?

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Der Arbeitgeber hat die Tätigkeit der Beschäftigten so zu organisieren, dass die tägliche Arbeit an Bildschirmgeräten regelmäßig durch andere Tätigkeiten oder durch Pausen unterbrochen wird, die jeweils die Belastung durch die Arbeit am Bildschirmgerät verringern.

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§5 Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV)

Gesucht: Familien-Hund mit mildem Gemüt

Genauso wie sich Menschen unterscheiden, tun es auch des Menschen liebste Haustiere. „Familien-Hunde“ etwa eignen sich auch gut fürs Büro: Ein mildes Gemüt und der entspannte Umgang mit verschiedenen, im Zweifel auch vielen Menschen sind grundlegende Bedingungen. Natürlich müssen sich auch die Mitarbeiter an bestimmte Regeln halten. Aber was, wenn etwas passiert, die Dinge „irgendwie außer Kontrolle geraten“ – passt ein Hund unter den hiesigen Ordnungs- und Sicherheitsmaßstäben wirklich in eine Behörde?

Einen verbindlichen Rahmenvertrag aufsetzen

 „Ich glaube, dass es wie bei vielen anderen Fragen gilt, Vorurteile und Ängste abzubauen“, sagt Beyer. „Und natürlich braucht es gerade hierzulande und vor allem bei staatlichen Institutionen Sicherheit – etwa durch einen verbindlichen Rahmenvertrag.“ In anderen Worten: klare Regeln, die bei Zuwiderhandlungen dazu führen können, dass die Genehmigung zur Mitnahme des Hundes erlischt.

Wichtige Aufgabe im Zuge der Digitalisierung

Und was sagen die Personalvertretungen? Man werde regelmäßig sowohl durch Personalabteilungen als auch durch Personalvertretungen kontaktiert, so Beyer, die Unterstützung bei der Integration von Hunden im Unternehmen wünschen. „Je nachdem welche „Seite“ den Erstkontakt hergestellt hat, kommt es nicht selten zu einer grundsätzlichen Skepsis auf der „Gegenseite“.“ Aus Sicht Beyers geht es dabei meist nicht so sehr um den Hund, sondern vielmehr darum, dass man Vorschläge der „anderen Seite“ grundsätzlich doch eher kritisch sieht. „Viele Personalvertretungen haben aber dennoch verstanden, dass unter entsprechenden Regeln der Schutz von Kollegeninnen vor möglichen psychischen Erkrankungen und Burnout eine wichtige Aufgabe ist und im Zuge der Digitalisierung einen immer höheren Stellenwert haben wird.“

Mediation im Konfliktfall

Der Bundesverband hat anhand seiner Erfahrungen Konzepte und Leitlinien entwickelt, mit denen Vierbeiner zugelassen und bestmöglich in den Arbeitsalltag von Unternehmen integriert werden können. Der Verein bietet an, den Prozess in der ersten Phase zu unterstützen. Auch punktuelle Begleitungen sowie Schulungen und offene Seminare sind möglich bis hin zu Mediationen im Konfliktfall. Das scheint zu wirken.

Vom Ein-Personen-Betrieb bis zu Amazon 

Bundesweit haben sich mittlerweile mehrere Dutzend Unternehmen für einen Büro-Hund entschieden. Darunter vor allem kleinere Betriebe etwa aus dem Handwerk, der Versicherungs- und Maklerbranche und ebenso einige Startup-Unternehmen. Und: Amazon! Auch das weltweit zweitteuerste Unternehmen hat für sich und seine Mitarbeiter den Wert von Büro-Hunden entdeckt. In deutschen Amtsstuben sind Bürohunde dagegen kaum bekannt. Eine Ausnahme ist die oberbayerische Gemeinde Maisach nahe Fürstenfeldbruck.

Büro-Hündin seit sechs Jahren im Rathaus

„Der Bürgermeister hat unsere Büro-Hündin „Paula“ unter der Voraussetzung zugelassen, dass sie sich benimmt“, erklärt Petra Endres. Die Hundehalterin arbeitet in der Bauverwaltung des rund 14.000 Einwohner zählenden Ortes und brachte Paula bereits im Alter von wenigen Wochen mit ins Büro. „Für mich war die grundsätzlich Entscheidung, einen Hund zu haben, damit verknüpft, ihn mit ins Büro nehmen zu dürfen.“ Das ist mittlerweile sechs Jahre her und die mündliche Zusage des Bürgermeisters gilt bis heute. „Es hat eben von Beginn an gut funktioniert“, erklärt Endres. „Paula zaubert jedem ein Lächeln ins Gesicht, den sie begrüßen darf.“

Einzelbüro mit Bewegungsspielraum

Natürlich seien nicht alle Kollegen und Bürger immer auch begeisterte Hunde-Freunde. Endres kann sich aber an niemanden erinnern, der wirklich große Probleme mit der Situation gehabt hätte. Das liege zu weiten Teilen an der Rasse: Im Vergleich etwa zu Hüte-Hunden müssen Labradore nicht immerzu gefordert werden und sind sehr anpassungsfähig. Hündin Paula wisse etwa, dass sie bei normalem Publikumsverkehr auf ihrem Platz bleiben muss. Zudem sei das relativ geräumige Einzelbüro gut geeignet – trotz des täglichen Bürgerkontakts gebe es zwischendrin ruhige Phasen und genug Bewegungsraum auch bei geschlossener Türe. Die Mittgaspause bietet dann Gelegenheit für einen ausgiebigen Spaziergang.

Für viele Besucher gehöre Paula inzwischen zum Inventar des Baubereichs, sagt Petra Endres: „Wenn sie mal ausnahmsweise nicht mit dabei ist, erkundigen sich die Leute nach ihr.“ Was im kleinen Maisach offensichtlich gut funktioniert, fand in Kaiserlautern allerdings keine Zustimmung.

Eine Initiative, die Hunde auch in der Verwaltung der Pfälzer Großstadt erlauben wollte, lehnte die Belegschaft vor zwei Jahren in einer Umfrage ab. Auch in Leipzig könnte bald eine Abstimmung bevorstehen. Die Stadtratsfraktion „Freibeuter“ (FDP/Piraten) hatte beantragt, dass die Verwaltung prüft, welche Vor- und Nachteile und welcher Aufwand mit der Gestattung von Hunden am Arbeitsplatz verbunden sind. Oberbürgermeister Burkhard Jung erklärte, das prüfen zu wollen. Auch soll es einen entsprechenden Tagesordnungspunkt während der nächsten Stadtratssitzung Mitte September geben.

"Freibeuter" wollen mehr

Als einer der größten Arbeitgeber in Leipzig, so die „Freibeuter“, könne die Stadtverwaltung innovativ mit gutem Beispiel vorangehen und so auch andere Arbeitgeber dazu veranlassen, ihren Mitarbeitern das Mitbringen von Hunden zu gestatten. Es könnte aber auch anders herum laufen: Laut „Bürohundekarte“ des Bundesverbands gibt es allein im Leipziger Stadtgebiet sieben privatwirtschaftliche Unternehmen, die schon jetzt Hunde in ihren Arbeitsalltag integrieren. Vielleicht fragt man dort einfach erst mal nach?