Die Berliner Silvesternacht 2022/2023 – vier Monate später!
Wenn kernige Sprüche an der harten Realität zerschellen
Die – völlig zu recht – empörte Bevölkerung erwartet allerdings nicht nur eine klare Rhetorik, sondern auch und gerade ganz praktische Konsequenzen. So auch nach den jüngsten Silvesterkrawallen in Hamburg, Frankfurt a.M., Essen und eben auch Berlin. Dort wurde „Pyrotechnik für Vergnügungszwecke“ zu Waffen umfunktioniert, Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten wurden mit selten erlebter Brutalität angegriffen. Rettungswagen und andere Einsatzfahrzeuge wurden mit Pflastersteinen, Feuerlöschern und anderen Wurfgeschossen malträtiert. Alleine in NRW gab es im Zusammenhang mit diesen Krawallen rund 250 freiheitsentziehende Maßnahmen.
Die Bundesinnenministerin hat sofort klare Kante gezeigt: „Junge Gewalttäter müssen sofort klar und deutlich spüren, dass ihr Handeln Konsequenzen hat“. Bundesjustizminister Buschmann wusste zu berichten, dass – so wörtlich – „mehrjährige Haftstrafen“ möglich seien. Und natürlich müsste bei Menschen ohne Aufenthaltsrecht „die Möglichkeit für Ausweisung und Abschiebung genutzt werden“. Wow.
Und heute – vier Monate später?
Heute wissen wir, dass schon mehrmonatige Haftstrafen eine echte Überraschung wären und von Ausweisung und Abschiebung hört man auch nichts mehr.
Allerdings: Bereits Ende Januar 2023 gab es erste Verhandlungen wegen Silvesterausschreitungen – jedoch ging es um Taten aus Dezember 2021. Angeklagt waren Omar M. und Ibrahim M., deren Taten allerdings nicht dem Phänomen „Ausländerkriminalität“ zugeordnet werden dürfen, denn beide sind deutsche Staatsbürger.
Und sonst? Ende Januar 2023 registrierte man in Berlin im Zusammenhang mit den Silvesterkrawallen 355 Strafanzeigen mit 145 Beschuldigten. Anfang März wusste die Berliner BZ zu berichten, dass vor dem Amts(!)gericht Tiergarten in zwei Fällen (!) Anklage erhoben worden wäre, allerdings werde „in beiden Fällen noch geprüft, ob die Beweise der Staatsanwaltschaft für einen Prozeß ausreichend erscheinen“. Immerhin hätten es 50 Fälle schon bis zur Staatsanwaltschaft geschafft, zweidrittel aller Fälle würden derzeit noch von der Polizei bearbeitet.
Dabei sind die ermittelnden Beamten nicht zu beneiden, denn eine Straftat kann erst dann zur Hauptverhandlungsreife gelangen, wenn dem (bekannten) Täter eine konkrete Straftat zugeordnet und nachgewiesen werden kann. Verdacht und Vermutung reichen nicht aus. Und wenn Taten in der Dunkelheit und aus einer größeren Menschenmenge heraus begangen werden, reduziert sich das Erkennungsrisiko für die Täter deutlich. Helfen könnten hier Bodycams und/oder der Einsatz von Drohnen – aber Achtung! Jedenfalls den Datenschutz, den nehmen wir besonders ernst.
Die strafrechtliche Bilanz der Kölner Silvesternacht 2015/2016 steht bis heute in einem erstaunlich diametral-proportionalem Verhältnis zur Zahl und Schwere der dort begangenen Delikte. In nur zwei Fällen von Sexualdelikten gab es Verurteilungen – nach Jugendstrafrecht. Dies nur deshalb, weil die jugendlichen Täter ihre Tathandlungen in 'Selfiemanier' dokumentiert hatten.
Es ist zu vermuten, dass die juristische Bilanz der Berliner Silvesternacht nicht wesentlich anders ausfallen wird. Wahrscheinlich behält am Ende die taz Recht, die das Geschehen als Aktion von „38 böllernden Spätpubertierenden“ bagatellisiert hatte. Anders formuliert: Einige dutzend verletzte Einsatzkräfte alleine in NRW? Beschädigte und zerstörte Rettungsfahrzeuge in Berlin? Na und? Es gibt Wichtigeres!
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Deutschland 2023.