Gesundheitsmanagement
© Robert Kneschke / Shutterstock.com

Gesunde und motivierte Mitarbeiter*innen durch betriebliches Gesundheitsmanagement

Wie die Stadt Aachen ihre Beschäftigten fördert, schult und hält

In einem Kabinettsbeschluss 2007 hat die Bundesregierung Gesundheit als Leitbild einer modernen Behörde festgelegt. 2014 folgte ein Rahmenkonzept für betriebliches Gesundheitsmanagement durch das Bundesinnenministerium (BMI). Gesundheit ist die Basis für motivierte Mitarbeiter und die Voraussetzung für eine effektive und erfolgreiche öffentliche Verwaltung. Mit einem umfangreichen Gesundheitsmanagement können Verwaltungen außerdem ihre Arbeitgeberattraktivität steigern: Welche Bereiche zum Gesundheitsmanagement zählen, wie Kommunen diese umsetzen und Mitarbeiter und Verwaltung davon profitieren.

Gesundheitsmanagement ist als kontinuierlicher Prozess zu betrachten. Im Rahmen der Fürsorgepflicht müssen sich Verwaltungen damit befassen, einen gesunden und motivationsfördernden Arbeitsplatz zu schaffen und vorhandene Risikofaktoren zu reduzieren.

Der öffentliche Sektor weist einen höheren Fehlzeitenstand auf als die Privatwirtschaft. Ausfall durch Krankheiten, Zunahme psychischer Erkrankungen, Unzufriedenheit, Frühverrentung und eine hohe Mitarbeiterfluktuation kann durch gutes Gesundheitsmanagement entgegengewirkt werden.  Die Aufgabe der Länder und Kommunen ist dabei, passgenaue Konzepte für die jeweiligen Bedürfnisse vor Ort zu entwickeln.

Bausteine des Gesundheitsmanagements
© Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e. V.

Von Arbeitsschutz bis Konfliktmanagement

„Mitarbeiterorientierung ist eine zentrale Voraussetzung für hohe Bürgerorientierung“, so der Soziologe und Emeritus der Fakultät der Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld, Prof. Dr. Bernhard Badura. Das Verhalten der Beschäftigten wie auch deren Verhältnisse und Arbeitsbedingungen sind beim Gesundheitsmanagement zu berücksichtigen. Dadurch können sich verschiedene Bereiche ergeben, in denen angesetzt wird. Als typisch gesundheitliche Themen sind hier Stressbewältigung, Suchtprävention und Arbeitsschutz zu nennen. Aber auch im Rahmen der sozialen Beziehungen und Entlastungen der Mitarbeiter*innen ist anzusetzen – durch Konfliktmanagement, Teamentwicklung, Eingliederungsmanagement oder auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

»

Mitarbeiterorientierung ist eine zentrale Voraussetzung für hohe Bürgerorientierung.

«
Prof. Dr. Bernhard Badura

Im Zuge der Zunahme von Krankheiten wie Burn-Out ist auch eine psychosoziale Beratung für Mitarbeiter*innen und Führungskräfte nicht auszuschließen. Der Soziologe Badura empfiehlt Verwaltungen mehr Mut zur Selbstorganisation, eine bessere Auswahl und Qualifizierung von Führungskräften und das Optimieren der Organisationsdiagnostik.

Neben dem Arbeitsplatz beziehungsweise der Arbeitsumgebung sind auch Arbeitszeiten und die eigentliche Tätigkeit der Beschäftigten im Verhältnis mit Potentialen und Belastungsgrenzen zu betrachten.

Neue Krankheitsbilder durch Digitalisierung

Für das Betriebliche Gesundheitsmanagement der Stadtverwaltung Aachen wurde das Team Gesunde Verwaltung, im Rahmen des Büros für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und Soziales unter Leitung der Betriebsärztin, eingerichtet. Die Arbeit des Teams orientiert sich an der Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Demnach wird Gesundheit als „ein Zustand des völligen körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Wohlbefindens begriffen.

Die Belastungen der Arbeitswelt aus dem Stressreport Deutschland 2012
© Lohmann-Haislah (BAuA)

Für die Stadt Aachen betrifft das die Förderung der individuellen Gesundheit als auch eine gesunde Organisation. Entsprechend der Bedingungen der Stadt Aachen muss sich das Gesundheitsmanagement an verschiedenen Belastungen der Mitarbeiter*innen orientieren. Aufgaben müssen häufig gleichzeitig und mit Unterbrechungen erledigt werden. Hinzu kommen neue Tätigkeitsbereiche im Zuge der Digitalisierung. Die „Bildschirmarbeit“ bringt  Krankheitsbilder wie starre Körperhaltungen durch immer wiederkehrende Bewegungen und daraus resultierende Rücken-, Gelenk- oder sonstige körperliche Schmerzen mit sich. Auch die Sehkraft kann durch die lange Arbeit am Rechner negativ beeinflusst werden.

Konsolidierung  und älter werdende Belegschaft

Die Mitarbeiter*innen werden außerdem mit zeitlich rasch aufeinanderfolgenden Veränderungen konfrontiert, beispielsweise ändern sich die Zuschnitte von Ämtern und Fachbereichen durch Haushaltskonsolidierung und Neues Kommunales Finanzmanagement (NKF). Innerhalb der Ausgestaltung der Prozesse kann dies jedoch auch als Chance begriffen werden, die Organisation für ihre Mitglieder gesundheitsförderlicher zu gestalten. Auch im Hinblick auf die alternde Mitarbeiterschaft muss das Gesundheitsmanagement der Stadt einbeziehen.

Altersklassen der Beamten der Stadt Aachen (2015)
© Stadt Aachen

Das Durchschnittsalter der städtischen Mitarbeiter*innen lag Ende 2015 bei 46,29 Jahren. 66 Prozent der kommunalen Beamten sind über 45 Jahre alt, das Durchschnittsalter liegt damit bei sogar 48,3 Jahren. Zugleich wird Beschäftigten immer mehr abverlangt. Sie müssen resilienter und flexibler werden, um auch mit den aufgezeigten Veränderungsprozessen zuverlässig arbeiten zu können.

In den Betriebssportgemeinschaften der Stadt können die Mitarbeiter verschiedene Ballsportarten betreiben.
© topseller / Shutterstock.com

Badminton, autogenes Training und mobile Massage

Die Mitarbeiter*innen der Stadt Aachen sollen daher möglichst passgenau eingesetzt werden. Dafür sollen persönliche Potenziale voll eingebracht werden. Neben der Verhinderung einer Arbeitsüberlastung betrifft das auch die Unterforderung von Beschäftigten durch monotone Aufgaben. Die Stadt Aachen zählt dabei auf Selbstmanagement, auch im Hinblick auf die eigene Gesundheit. Dafür werden der Belegschaft verschiedene Aktivitäten, Lehrveranstaltungen und Benefits geboten, die zum körperlichen und geistigen Wohlbefinden beitragen und die Gesundheitskompetenz der Beschäftigten fördert.

Die Stadt bietet verschiedene Betriebssportgemeinschaften wie Badminton, Fußball oder sonstige Ballsportarten an. In Gruppen und Teams können Beamte und Angestellte an Präventionskursen wie Yoga, Rückenschule, autogenes Training, Stimm-  und Sprechtraining, Meditation oder auch Ernährungsberatungen teilnehmen.

Das städtische Personal erhält außerdem Rabatte für „mobile Massage“ – eine etwa 20-minütige Behandlung in den eigenen vier Wänden sowie 15 Prozent Vergünstigung auf Gesundheitskurse der VHS Aachen.

In der Veranstaltungsreihe "Butterbrot Deluxe" können sich Mitarbeiter der Stadt Aachen in ihrer Mittagspause Vorträge zu Gesundheitsthemen anhören.
© Stadt Aachen

Gesundheitsprogramm in der Mittagspause

Mit der Veranstaltungsreihe „Butterbrot deluxe“ bietet die Stadt kleine Vorträge zu Gesundheitsthemen in der Mittagspause: Wie kann Yoga zur Schmerzprävention eingesetzt werden oder was hilft bei Kopfschmerzen  – einfach und in 30 Minuten erklärt. Die Teilnahme ist kostenlos und wird als Arbeitszeit anerkannt. Beim Rücken-Gesundheitstag werden Mitarbeiter*innen in einem ganztägigen Programm in Form von Vortragsreihen, Infoständen, Funktionstests und Schnupperkursen rund um einen gesunden Rücken beraten.

Die Gesundheitskompetenz fördern

Zum Ausbau der Gesundheitskompetenz können Mitarbeiter*innen zahlreiche Förderungsangebote wahrnehmen. Um Belastungen der Bildschirmarbeit entgegenzuwirken, können Beschäftigte an einem Augentraining oder an einem Kurs zum gesunden Sitzen am PC teilnehmen.

Beschäftigte können sich zur Vorsorge regelmäßig untersuchen lassen und Körperwerte wie Blutdruck oder Blutfettwerte kontrollieren oder Sehtests durchführen lassen. Das Betriebliche Gesundheitsmanagement bietet außerdem ein Programm zur Rauchentwöhnung an. Im Intranet der Stadt Aachen finden sich zahlreiche Gesundheits- und Ernährungstipps.

Produkte und Dienstleistungen der Teams "Gesunde Verwaltung"
© Stadt Aachen

Für die psychische Gesundheit der Belegschaft werden zahlreiche Kurse und Beratungen bereitgestellt. Führungskräfte lernen in Fortbildungen „Führung und Gesundheit“ oder werden in „Optimierung von Arbeitsabläufen und Informationswegen“ geschult, um die Arbeit mit möglichst wenigen Belastungen zu gestalten. Individuelle Beratung hinsichtlich persönlicher und sozialer Kompetenzen, Sucht, psychosozialer Befindlichkeitsstörungen, Entspannungshilfen und Stressmanagement runden das Gesundheitsmanagement der Stadt Aachen ab.

Die Stadt Reutlingen veranstaltet zahlreiche Aktionen rund um das Thema „Gesunde Ernährung“ wie Schaukochen oder Kochseminare.
© Rawpixel.com / Shutterstock.com

Masterstudiengang Kommunales Gesundheitsmanagement

Seit dem ersten Quartal 2018 bietet die Evangelische Hochschule Ludwigsburg in Kooperation mit dem Institut für Fort-und Weiterbildungen der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen der Stadt einen neuen Masterstudiengang an: Kommunales Gesundheitsmanagement. In vier Semestern werden den Studierenden gesundheitswissenschaftliche Perspektiven, kommunale Aspekte der Gesundheit sowie verschiedene Strategien für Gesundheits- und Changemanagement vermittelt. Das Lehrangebot richtet sich insbesondere an Mitarbeitende der kommunalen Gesundheitskonferenzen und allgemein Personen, die sektorenübergreifende Management- und Planungsaufgaben von gesundheitlicher und pflegerischer Versorgung in kommunalen Gebietskörperschaften leisten.

Weitere Anregungen aus Kommunen bietet das Land Niedersachsen. Auf www.die-gesundheitsimpulse.de  finden Sie Steckbriefe ausgewählter Verwaltungen und deren Praxistipps zu verschiedenen Bereichen des Gesundheitsmanagements.