Bosbach/ Wegweiser

Dringend gesucht: Wachhund mit exzellenten Qualitäten!

Wenn unbedingt etwas passieren muss - sich aber nichts verändern soll

Die Politik ist, liebe Leserinnen und Leser, in aller Regel so, wie Sie glauben, dass sie wäre.
Bekanntlich soll das Publikum ja bei zwei Dingen zum eigenen Schutz besser nicht genauer hinsehen: Bei der Produktion von Wurst und von Gesetzen. Jüngstes Beispiel für diese steile These ist das Schicksal des "Sicherheitspaketes" der aktuellen Bundesregierung. Genauer gesagt: Bei dem, was aus diesem "Paket" wurde, nachdem sich die Ampel noch einmal über das Werk gebeugt hatte, was zuvor von ihr im Kabinett beschlossen worden war: Bestenfalls ein "Päckchen".

Geplant war ursprünglich die Möglichkeit eines biometrischen Abgleichs zur Gesichtserkennung um Tatverdächtige "leichter zu identifizieren", so Tagesschau.de am 12. Oktober 2024. Im Kern geht -nein ging- es darum, Tatverdächtige nicht nur zur identifizieren sondern sie überhaupt zu fassen zu bekommen, damit der Rechtsstaat nicht ewig auf der Suche bleibt, sondern der Tat auch die strafprozessualen Konsequenzen folgen können.

In den hier einschlägigen Fällen geht es ja nur um Fahndungserleichterungen nach Tatverdächtigen die persönlich bekannt sind und von denen es auch verwertbare Lichtbilder oder Videosequenzen gibt. Prägnantes Beispiel: Die Fahndung nach Daniela Klette (ex RAF-Mitglied), die nicht etwa durch die Strafverfolgungsbehörden aufgespürt wurde, sondern durch Journalisten, die KI-gestützte Suchinstrumente einsetzten. Instrumente, über die Private verfügen dürfen, unsere Polizei aber nicht.

Diese Fahndungsmittel sollen aber nunmehr beschränkt werden auf die "Verfolgung oder Verhinderung schwerster(!) Straftaten, bspw. Mord, Totschlag oder Bildung einer terroristischen Vereinigung".

Damit wären schwere Straftaten, die nicht als "schwerste" Taten charakterisiert werden können, nicht erfasst. Selbst eine Serie von Banküberfällen nur eines Tatverdächtigen würde demnach nicht ausreichen, selbst wenn es von den Überfällen gestochen scharfe Aufnahmen aus den überfallenen Geldinstituten gäbe. 

Die Folgen: Große Ernüchterung bei den Strafverfolgern, große Erleichterung bei den "üblichen Verdächtigen". Der nicht nur in Fachkreisen bekannte Analyst Maximilian Mitera (ROMI-Methode) schrieb jüngst über einen besonders dringend Gesuchten: "Jan Marsalek nutzte seine Position als COO von Wirecard...auch um illegale Aktivitäten im großen Stil zu ermöglichen. Wirecard....brach 2020 aufgrund fehlender 1,9 Mrd. Euro zusammen. einer der größten Wirtschaftsskandale Europas.....Marsaleks Fähigkeit, Gelder diskret in Konfliktzonen wie den Nahen Osten und Afrika zu lenken, macht ihn zu einer zentralen Figur in globalen Finanz- und Spionagenetzwerken." Jan Marsalek dürfte wohl von den neuen Fahndungsmöglichkeiten auf ihm angenehme Weise verschont bleiben. Machen wir uns nichts vor, das neue Instrument dürfte nur höchst selten zum Einsatz kommen - wenn überhaupt.

Die Berliner Koalition hatte noch vor kurzem die feste Absicht, sich zum Schutz von Hab und Gut einen besonders scharfen Wachhund anzuschaffen. Dann haben sich die Ampelfraktionen über die Details gebeugt und die Ausschreibung näher konkretisiert: Natürlich bleibt es bei der Anschaffung des Wachhundes - er sollte allerdings mindestens 15 Jahre alt sein, ständig angeleint bleiben und einen Maulkorb tragen. Zum Schutz der Bürgerrechte. Natürlich.

Der Autor, Wolfgang Bosbach, ist Kongresspräsident des Berliner Kongresses für wehrhafte Demokratie. Von 1994 bis 2017 war er Mitglied des Deutschen Bundestages und dort unter anderem von 2000 bis 2009 stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU Bundestagsfraktion für den Bereich Innen- und Rechtspolitik und von 2009 bis 2015 Vorsitzender des parlamentarischen Innenausschusses.

Der 7. Berliner Kongress Wehrhafte Demokratie - Gesellschaftlicher Dialog für Innere Sicherheit, Verteidigungsfähigkeit und Zusammenhalt findet vom 16. bis 17. Juni 2025 im Hotel de Rome in Berlin statt.