Bosbach/ Wegweiser

Gut gemeint = gut gemacht?

Was nützen Verbote, wenn man sie nicht effektiv kontrollieren kann?

Nicht erst seit dem Terrorangriff von Solingen Mitte August 2024 diskutieren sowohl die Gesellschaft als auch die politisch Verantwortlichen im Bund und in den Ländern intensiv darüber, wie die Sicherheit der Bevölkerung vor Angriffen mit Messern spürbar und effektiv verbessert werden kann.

Manche neigen dazu, die Gefährlichkeit eines Messers im Vergleich zu einer Schusswaffe zu relativieren, allerdings gilt: Ein Messer kann sehr leicht gut verborgen mitgeführt werden. Seine Nutzung als Angriffswerkzeug geschieht in der Regel lautlos. Nicht immer erkennt die unmittelbare Umgebung, was gerade passiert. Ein Messer muss nie nachgeladen werden und hat auch keine Ladehemmung. Es kann binnen Sekunden zigmal eingesetzt werden. In diesem Beitrag geht es nicht um verschiedene Messertypen (und die vielfach komplizierten Fallgestaltungen des WaffenG), es geht um die generelle Gefahr, die von Messern ausgehen kann. Von Messern, die nicht zum Brotschneiden oder Apfelschälen eingesetzt werden, sondern ganz gezielt als Waffe.

Die Lage? Allein bei der Bahn gab es 2022 rund 24.800 Gewaltdelikte in Zügen und an Bahnhöfen. Davon geschahen 82 Angriffe mit Messern, ein Jahr zuvor waren es „nur“ 44. Allein in diesem Jahr, 2024, kamen bis Mitte August schon 373 bei Gewalttaten zum Einsatz.

Bereits vor gut einem Jahr schlug Bundesinnenministerien Faeser (SPD) vor, nur noch Messer mit einer Klingenlänge UNTER 6 cm zuzulassen, wobei jeder Kundige weiß, dass auch eine Klingenlänge von 5 cm tödliche Verletzungen verursachen kann, so wie andere gefährliche Tatmittel (Schraubenzieher, Glasscherbe etc.) ebenso.

Interessant ist: Nach den Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn ist schon heute (!) das Mitführen von gefährlichen Gegenständen in Zügen ganz ausdrücklich verboten. Aber auch hier gilt: Ein Verbot kann nur dann hinreichende Wirkung entfalten, wenn dessen Einhaltung auch effektiv kontrolliert werden kann! Die Zuständigkeit im Fernverkehr in den Bahnhöfen und Zügen obliegt der Bundespolizei.

Einschlägig ist hier § 21 Absatz 1 a BupolG, der sogar anlasslose Polizeikontrollen erlaubt. Aber Achtung: Hier warnt die Antidiskriminierungsstelle des Bundes „…müssen nicht deutsch bzw. migrantisch eingeordnete Personen häufig über sich ergehen lassen. Diese Behandlung wird als besonders herabwürdigend empfunden.“

Es ist nicht komplett ausgeschlossen, dass derartige Kontrollen etwas mit den Erfahrungen der Polizeikräfte zu tun haben könnten, aber wer vor dem Vorwurf „racial profiling“ sicher sein will, sollte schwerpunktmäßig deutsch aussehende Personen kontrollieren. Allerdings teilt die Antidiskriminierungsstelle nicht mit, wie denn der typisch „Deutsche“ aussieht. Alles sehr kompliziert.

Bleibt die Frage, ob der Zugang zu den Zügen nicht ähnlich kontrolliert werden könnte, wie bei den Flugzeugen. An den Flughäfen, die Zuständigkeit liegt hier ebenfalls bei der Bundespolizei, gibt es ja die sog. Kontrollspuren, an denen das Handgepäck plus die Passagiere gründlich „durchleuchtet“ werden. Übrigens komplett und anlasslos.

Dies allerdings scheitert bei der Bahn schon aus praktischen Gründen. Abgesehen von den technischen und baulichen Voraussetzungen gilt: Die DB AG befördert in wenigen Tagen mehr Passagiere als die Lufthansa pro Jahr! Bei Vollkontrollen würde der Bahnverkehr daher schlagartig kollabieren.

Also: mehr Personal und höhere Kontrolldichte!

In puncto Klingenlänge bitte beachten: Das eigentliche Problem ist nicht die Länge der Klinge, sondern die Gewaltbereitschaft des Besitzers.

Der Autor, Wolfgang Bosbach, ist Kongresspräsident des Berliner Kongresses für wehrhafte Demokratie. Von 1994 bis 2017 war er Mitglied des Deutschen Bundestages und dort unter anderem von 2000 bis 2009 stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU Bundestagsfraktion für den Bereich Innen- und Rechtspolitik und von 2009 bis 2015 Vorsitzender des parlamentarischen Innenausschusses.

Der 7. Berliner Kongress Wehrhafte Demokratie - Gesellschaftlicher Dialog für Innere Sicherheit, Verteidigungsfähigkeit und Zusammenhalt findet vom 16. bis 17. Juni 2025 im Hotel de Rome in Berlin statt.