Badenberg Kongress Wehrhafte Demokratie
© Simone M. Neumann

Wehrhafte Demokratie: Gemeinsam gegen Bedrohungen

Von Sicherheitsstrategien zu Extremismusbekämpfung

Der 6. Berliner Kongress Wehrhafte Demokratie fand vom 15. bis 16. Mai im Hotel de Rome in Berlin statt. Wie jedes Jahr trafen sich Vertreter*innen von Bund, Ländern, Kommunen und Wirtschaft, um über die Bedrohungen und die Sicherheit unserer Demokratie zu diskutieren. Eine Übersicht zum diesjährigen Kongress.

„Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts”, zitiert der Kongresspräsident Wolfgang Bosbach den ehemaligen Bundeskanzler Willy Brandt im Eröffnungsplenum. Spätestens seit der Zeitenwende im Februar 2022 seien die Sorgen um einen möglichen Krieg allgegenwärtig. Doch auch andere Gefahren stellten eine Bedrohung dar: Extremismus, Antisemitismus, Cyberangriffe und Informationskriege – tagtäglich würden uns Bedrohungen erreichen.

Das Forum zum Thema „Zwischen traditionellen Clans und digitalen Netzwerken: Neue Facetten und Bekämpfung Organisierter Kriminalität".
© Simone M. Neumann

Und tagtäglich müsse um die Sicherheit der Demokratie gekämpft werden. Es ist nicht selbstverständlich, in dieser Regierungsform zu leben, fährt Bosbach fort. Eine Demokratie müsse sich als wehrhaft erweisen. Wie ihr genau das mithilfe der Modernisierung des Staates gelingt und wie sich die verschiedenen Bedrohungen genau entwickelt haben, wurde ausgiebig von 80 Referierenden in 24 Panels diskutiert. 

Dabei setzte sich die Zuhörer*innen- und Teilnehmendenschaft aus Vertreter*innen aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und der Zivilgesellschaft zusammen. Die Foren waren mit spannenden Impulsen von hochkarätigen Persönlichkeiten besetzt, unter anderem aus der Politik, wie Bundestagsabgeordneter Philipp Amthor, Staatssekretär a. D. Christian Seel oder Journalist Albrecht von Lucke. Zudem sprachen Wissenschaftler*innen wie Prof. Dr. Manuela Pietraß von der Universität der Bundeswehr oder Prof. Dr. Katja Anslinger von der LMU München.

Das waren die wichtigsten Erkenntnisse:

  1. Die äußeren und inneren Bedrohungen auf die Demokratie nehmen nicht nur zu, sie sind auch immer weniger voneinander zu trennen.
  2. Es herrscht oftmals das Missverständnis, Demokratie müsse Harmonie und Konsens herstellen. Dabei geht es eigentlich darum, dass Demokratie verschiedene Meinungen aushalten muss. Oft werden diese jedoch tabuisiert und die Ängste bestimmter Menschen dadurch nicht adressiert – bis sie schließlich bei radikaleren Gruppen jemanden finden, der ihnen zuzuhören scheint. Die Schweigespirale von Elisabeth Noelle-Neumann bewahrheitet sich bis heute.
  3. Künstliche Intelligenz könnte in vielen Bereichen für mehr Sicherheit sorgen, unterliegt jedoch gesetzlichen Regularien. Bei der Geldwäsche und Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung, bei der Strafverfolgung, bei der Bearbeitung von Gerichtsfällen. Trotzdem muss immer Bedacht werden, dass eine KI anfällig für Fehler und Manipulation ist. Der letzte Sanity Check muss also immer vom Menschen hinter der Maschine erfolgen.
  4. Die AfD stellt in einigen Aspekten eine Bedrohung für die Demokratie dar, muss aber als gespaltene Partei gesehen werden. Einerseits gibt es starke und gefährliche Einflüsse von Extremist*innen, andererseits wird sich auch für die Sorge der Wähler*innen eingesetzt, die ernst genommen werden müssen. Anstatt die AfD einfach zu verbieten ist es wichtig, sie politisch zu konfrontieren und zu reduzieren. Ein Verbot könnte Wähler*innen davon überzeugen, dass ihre Meinungen und Ängste unterdrückt werden.
  5. Der Autoritäts- und Vertrauensverlust der Regierung in den letzten Jahren ist besorgniserregend. Um die Demokratie zu stärken, muss die Regierung durch bessere Politik und eine effektivere Verwaltung Vertrauen zurückgewinnen und die AfD durch erfolgreiche Regierungsarbeit verdrängen.
  6. Angesichts der Bedrohungen durch islamistischen Terrorismus und wachsenden Antisemitismus müssen präventive Maßnahmen und strafrechtliche Verfolgung intensiviert werden. Die Bundesregierung betont die Notwendigkeit einer gesamtgesellschaftlichen Debatte und Bildung, um das Bewusstsein für diese Gefahren zu schärfen und die Werte der Demokratie zu verteidigen. Sicherheitsmaßnahmen und der Kampf gegen Radikalisierung, auch im Internet, sind essenziell, um die Demokratie zu schützen.
Materialien des 6. BKWD
Gewitter macht Krach
5. BKWD

Gewitter macht Krach

Materialien zum 6. Berliner Kongress Wehrhafte Demokratie

Gefahren von allen Seiten

Ein besonderes Augenmerk des Berliner Kongress Wehrhafte Demokratie lag in diesem Jahr im Bezug auf den israelisch-palästinensischen Konflikt auf dem Thema Antisemitismus. In diesem Zusammenhang wurde auch die steigende Bedrohung des Informationskriegs betont sowie die Notwendigkeit der Stärkung des demokratischen Bewusstseins und der Bildung in der Bevölkerung. Das Ziel dieses gesellschaftlichen Kampfes sei hierbei nicht nur um die Sicherheit für Leib und Leben, sondern auch dafür, dass Menschen in Würde leben können, so Rita Schwarzelühr-Sutter. Ein Umdenken, das in Herz und Köpfen beginnen müsse. 

Ein weiterer zentraler Punkt stellte die Bekämpfung von Extremismus dar – sei es rechtsextrem, linksextrem oder islamistisch. Die Radikalisierung und Verrohung hätte sich in den vergangenen Jahren an den verschiedenen Fronten gehärtet. Nicht nur die Strafverfolgung im Nachgang, auch Präventionsmaßnahmen müssten weiter erarbeitet werden. 

Auch Cyberkriminalität stelle eine zunehmende Gefahr dar, die präventiv und durch verstärkte Kooperation zwischen staatlichen und privaten Akteuren angegangen werden müsse. Der wirtschaftliche Schaden wird auf jährlich 200Mrd. Euro geschätzt, der größte Teil von Angriffen mit Ransomware verursacht.

Extremismus, Radikalisierung, drohende Konflikte, Cyberattacken, Informationskriege: Die Gefahren stammen also von allen Seiten.

Das Forum „Der Geldwäsche strategisch den Hahn zudrehen - ein Update", nachdem das Thema bereits im vorherigen Kongress diskutiert wurde.
© Jens Jeske

„Politik darf nicht an der Realität vorbei geführt werden" 

Um sich den Ängsten der Bürger*innen angemessen anzunehmen, darf die Politik jedoch nicht an der Realität vorbei geführt werden, so Prof. Pietraß. Auch unangenehmen und gegensätzlichen Meinungen müsse zugehört werden. Werde die Bevölkerung richtig adressiert, steige auch das Vertrauen und der Respekt in die Regierung. Und somit auch die Bereitschaft, sich als Bevölkerung an sich wehrhaft aufzustellen und für die Demokratie einzustehen. Menschen sollen nicht als passive Schutzobjekte gesehen werden, sondern auch als aktive Schutzakteure, so Ralph Tiesler. 

Zwar kommen aktuell zwar mehr Gefahren auf unsere Demokratie denn je, doch die Referierenden blicken überwiegend optimistisch in die Zukunft, es gebe vielversprechende Strategien. Mit Deutschlands Zeremonie zu 75 Jahren Grundgesetz besteht umso mehr Engagement, den Staat weiter zu verteidigen. 

Insgesamt fordert der Kongress ein entschiedenes Handeln zum Schutz der demokratischen Werte und Institutionen, um die Sicherheit und Freiheit der Gesellschaft zu gewährleisten – und den Frieden. Denn der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts.

📅 Vormerken: Der 7. Berliner Kongress Wehrhafte Demokratie findet vom 16. bis 17. Juni 2025 statt.

► Hier geht es zur Anmeldung.