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AfD-Verbotsverfahren JETZT! Oder besser doch nicht?

Spätestens – allerspätestens – seit dem obskuren Treffen von Repräsentanten des rechten Milieus, inklusive des österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner (Der Tagesspiegel: „Extrem rechts und extrem gefährlich“), im „Landhotel Adlon“ (das gleichnamige Grandhotel am Brandenburger Tor kann nix dafür...) am Lehnitzsee in Potsdam wird einmal – und aus ganz verschiedenen Richtungen – ein Verbot der AfD gefordert.

Genauer gesagt ein Antrag auf Verbot der AfD vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, denn nur das oberste deutsche Gericht kann eine Partei verbieten. Kein Wunder, denn das dort verwendete Wort „Remigration“ ist eher eine Beschönigung des Begriffes „Deportation“, der wiederum an das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte erinnert. Wer aber könnte einen solchen Antrag stellen? Nicht wir Bürgerinnen und Bürger und auch nicht eine andere Partei.

Antragsberechtigt sind alleine die drei Verfassungsorgane:

  • Bundestag,
  • Bundesrat,
  • Bundesregierung.

Aus guten Gründen sind andere Parteien und/oder Fraktionen in den Parlamenten NICHT antragsbefugt, denn es soll verhindert werden, dass Parteien der Versuchung erliegen, sich auf diese Weise lästige politische Konkurrenz vom Hals zu halten.

Nein, nicht alle drei Verfassungsorgane müssten diesen Antrag gemeinsam stellen. Ein Organ würde ausreichen. Dessen ungeachtet haben alle drei Antragsbefugten (auch) beim NPD-Verbotsverfahren II großen Wert darauf gelegt, dass der Antrag gemeinsam gestellt wird. Frei nach der Devise: Wenn alle drei den Antrag einreichen, dann kann Karlsruhe nicht mehr „nein“ sagen. Beim BVerfG lässt man sich traditionell allerdings weniger von der Zahl der Antragsteller oder Kläger beeindrucken als vom Gewicht der vorgetragenen Argumente. So auch in diesem Verfahren.

Materiell-rechtlich gilt: „Verfassungswidrig sind Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden.“ Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes genügt alleine die Verbreitung verfassungsfeindlicher Ideen hierfür nicht!

Nicht wenige vertreten die Auffassung, dass ein Verbotsantrag schon deshalb Erfolg haben müsse, weil Teile der AfD vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft werden und die Partei als „Verdachtsfall“ gilt. Das aber genügt dem BVerfG ganz ausdrücklich nicht. Hinzutreten müsse eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung, auf deren Abschaffung die Partei abzielt, sowie konkrete Anhaltspunkte dafür, dass ein Erreichen der von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Ziele „nicht völlig aussichtslos“ erscheint. (Näheres finden Sie unter https://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Verfahren/Wichtige-Verfahren…)

An dieser Stelle geht es aber nicht nur um juristische Fragen, sondern auch – und nicht zuletzt – um die politischen Aspekte. Schon die Debatte um das Für und Wider eines Antrages ist problematisch. Jedenfalls dann, wenn – wie hier zu vermuten – ein Antrag am Ende doch nicht gestellt wird. Dann wird die AfD sagen: „Die Altparteien hat der Mut verlassen, weil sie wissen, dass wir NICHT verfassungswidrig agieren.“ Noch schlechter wäre es, wenn ein Antrag zwar gestellt, am Ende aber – siehe NPD-Verbotsverfahren I und II – scheitern würde. Dann könnte die AfD sogar sagen: „Vom BVerfG geprüfte und als NICHT verfassungswidrig eingestuft.“ Und während der gesamten Verfahrensdauer – das KPD-Verbotsverfahren hat satte fünf Jahre gedauert – wäre die AfD Tag für Tag in den Medien und im Gespräch.

Ohnehin muss die AfD sachpolitisch nichts, absolut nichts, tun um im Gespräch zu bleiben, dafür sorgen schon die Medien mit ihren ununterbrochenen Meldungen über das Treiben der AfD und ihrer Repräsentanten. Zwar haben diese Berichte zu gefühlten 99% eine betont negative Konnotation, aber dass dieses AfD-Berichts-Feuerwerk der Partei bislang geschadet hat, lässt sich nun wirklich nicht konstatieren, geschweige denn beweisen. Eher ist das Gegenteil zu vermuten – genauer gesagt zu befürchten.