Das Demonstrationsrecht hat in unserer Verfassung – eingebettet in die Grundrechte – einen hohen Stellenwert. Gerade deshalb muss jede Restriktion, jede Auflage für den Veranstalter, auf einer sicheren Rechtsgrundlage beruhen und verhältnismäßig sein. Ist die Auflage wirklich notwendig, z.B. um Straftaten oder gewaltsame Ausschreitungen zu verhindern oder gibt es auch ein milderes Mittel, um das erstrebte Ziel zu erreichen?
Eine Demonstration in Gänze zu verbieten ist mehr als nur schwierig. Alleine die Befürchtung (!), dass von dort aus gegen Recht und Gesetz verstoßen werden könnte (!) reicht nicht aus. Hier müssen schon Tatsachen – konkrete Anhaltspunkte – diese Annahme als sehr wahrscheinlich erscheinen lassen. Juristisch formuliert: Nur wenn die zuständige Behörde konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass durch die Versammlung (!) die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet ist, kann sie die Versammlung verbieten. Oder es zumindest versuchen. Da Fälle dieser Art fast immer unter einem enormen Zeitdruck entschieden werden müssen, kommt es bei einem ablehnenden Bescheid häufig zu einem Eilverfahren beim BVerfG in Karlsruhe, das nicht selten pro Demo-Freiheit votiert.
Ganz anders ist die Lage der Natur der Sache nach dann, wenn die Versammlung schon läuft und sich im Laufe der Demonstration herausstellt, dass aus der Mitte der Teilnehmer heraus tatsächlich gegen Recht und Gesetz verstoßen wird. Aktuelles Beispiel: Die pro-palästinensischen Demonstrationen nach dem Angriff der Hamas auf die israelische Zivilbevölkerung am 7. Oktober 2023 mit etwa 1.400 Getöteten und mehr als 220 in den Gaza-Streifen verschleppten Personen, darunter auch einige deutsche Staatsbürger. Unter ihnen die 22-jährige Deutsch-Israelin Shani Louk, die zwischenzeitlich von den Entführern ermordet wurde.
Bei den Straftaten, die zur Beendigung und Auflösung einer Demonstration führen können, muss es sich nicht unbedingt um Gewalttaten handeln – auch die „Billigung von Straftaten“ gemäß § 140 StGB ist strafbares Unrecht. Diese Vorschrift will den vielzitierten „öffentlichen Frieden“ schützen und das „Entstehen eines psychischen Klimas verhindern, in dem gleichartige Untaten entstehen könn(t)en“ – so der BGH schon im 22. Band.
Hochkonjunktur hatte die Vorschrift zu Zeiten der RAF, Stichwort „Buback-Nachruf“. Indes rückt dieser Paragraph aktuell wieder in das öffentliche Interesse, sofern bei diversen Demonstrationen die Untaten der HAMAS begrüßt oder gar bejubelt werden. Als Tathandlung wird bewertet, wenn der Täter die Tat(en) öffentlich oder in einer Versammlung oder durch das Verbreiten von Inhalten „billigt“ – was bei einer öffentlichen Demonstration, bei denen mittels Plakaten und/oder Reden der HAMAS-Terror bejubelt wird, unschwer zu bejahen sein dürfte.
Beim Verbrennen von Flaggen könnte § 104 StGB in Betracht kommen, also die „Verletzung von Flaggen und Hoheitszeichen ausländischer Staaten“ – sofern die von einer anerkannten Vertretung eines solchen Staates „öffentlich angebracht worden sind“.
Eine andere Frage ist, ob in diesen Fällen die Polizei einschreiten soll oder gar muss. Hier wird die jeweilige Einsatzleitung immer wieder Für und Wider abwägen. Oft wird eine Eskalation der Lage befürchtet und deshalb eine Versammlung nicht aufgelöst. Man wird allerdings immer darauf achten müssen, dass diese Form der De-Eskalation von den Tätern nicht als Kapitulation des Rechtsstaates interpretiert wird.