Safety First! Auch für private Sicherheitsdienste!?
Warum ist es scheinbar besonders schwer, ein gutes Gesetz für das Sicherheitsgewerbe an den Start zu bringen?
Wie viele Polizistinnen und Polizisten in Deutschland aktuell im Dienst sind, ist exakt gar nicht so leicht zu ermitteln, zumal dies auch von der Zählweise abhängt: Zählt man "pro Kopf" ist die Zahl naturgemäß höher als bei sogenannten "Vollzeitäquivalenten", also der Umrechnung von Teilzeitbeschäftigten in Vollzeitstellen. Außerdem macht es einen großen Unterschied, ob man "nur" die Zahl der Polizeivollzugskräfte ermittelt oder auch die der zivilen Kräften, also Tarifbeschäftigten. Fragt man Google wird für 2020 eine Zahl von 333.600 gemeldet. 281.500 sind bei den Länderpolizeien gemeldet, 52.100 bei der Bundespolizei.
Das statistische Bundesamt meldet für 2023 für den Bund 59.800 Kräfte ("Vollzeitäquivalente") und für die 16 Bundesländer 238.600. Beamtinnen und Beamte des Bundes sind (nur) 51.600, in den Ländern 206.100. Zweifellos stolze Zahlen, aber sie beantworten die Frage "Wer gewährleistet die innere/öffentliche Sicherheit unseres Landes?" nur zum Teil. Denn schon seit langer Zeit sind die privaten Sicherheitsdienstleister ein unverzichtbarer Teil unserer Sicherheitsarchitektur.
Die Rolle privater Sicherheitsdienstleister
Es mag hier und da tatsächlich noch die Ansicht geben, dass in diesem Segment Private dem Staat Konkurrenz machen, aber dieses Denken sollte eigentlich längst überholt sein. Nicht nur deshalb, weil der Staat in vielen – und wichtigen – Bereichen der Sicherheit den Privaten explizit öffentliche Aufgaben übertragen hat, so zum Beispiel in der Luftsicherheit oder im Atomrecht, das trotz des Ausstiegs aus der Kernenergie, genauer gesagt der heimischen Produktion von Kernenergie, nichts von seiner Bedeutung verloren hat. Daher geht es nicht um Konkurrenz, sondern um ein partnerschaftliches Miteinander, die gemeinsame Erfüllung des staatlichen Auftrages "Sicherheit". Mitte 2024 waren ca. 290.000 Personen in der privaten Sicherheitswirtschaft tätig, daher hat dieser Zweig sowohl sicherheitspolitisch als auch ökonomisch eine ganz besondere Bedeutung.
Gerade diese ökonomischen, gewerberechtlichen Überlegungen waren wohl der Grund dafür, diesen Bereich zunächst im Wirtschaftsministerium des Bundes anzusiedeln – richtigerweise ging die Zuständigkeit dann jedoch schon mit Beginn der letzten Wahlperiode des Bundestages von dort zum Bundesministerium des Innern und für Heimat über. Eine vernünftige Entscheidung, schließlich sollte der Schwerpunkt auf dem Aspekt "Sicherheit" liegen, nicht auf dem Aspekt "Gewerberecht".
Herausforderungen beim neuen Rechtsrahmen
Umso erstaunlicher ist es, dass sich der Bund (Ministerium und Bundestag) ganz offensichtlich sehr schwer damit tut, auch für einen neuen, einheitlichen Rechtsrahmen zu sorgen. Beim "Sicherheitsgewerbegesetz" (SiGG) handelt es sich ganz offenkundig um eine besonders schwere Geburt – warum auch immer. Aber wer jetzt meint, der Grund könnte sein, dass die Branche weniger Wert auf "Safety First" lege, sondern auf gute Jahresergebnisse spekuliere, der liegt schlicht und ergreifend schief. Gerade das macht die Sache so interessant.
Die Branche hofft nämlich ganz ausdrücklich auf höhere (!) Qualitätsstandards sowie eine einheitliche Verwaltungspraxis, was im real existierenden Föderalismus wirklich nicht trivial ist. Des Weiteren erwartet man, dass die Zuverlässigkeitsüberprüfungen nach dem SiGG und für spezialrechtliche Einsatzbereiche aufeinander abgestimmt werden. Außerdem geht es um die Aufrechterhaltung (!) der erforderlichen Fachkunde durch verpflichtende Fort- und Weiterbildungen. Zu viel verlangt? Wohl kaum. Schließlich müssten beiden Seiten – Staat und Private – ein überragendes Interesse an einheitlich hohen Sicherheitsstandards haben. Daher sollte für die neue Bundesregierung auch hier gelten: Es gibt viel zu tun – packen wir's an!
Der Autor, Wolfgang Bosbach, ist Kongresspräsident des Berliner Kongresses für Wehrhafte Demokratie. Von 1994 bis 2017 war er Mitglied des Deutschen Bundestages und dort unter anderem von 2000 bis 2009 stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für den Bereich Innen- und Rechtspolitik und von 2009 bis 2015 Vorsitzender des parlamentarischen Innenausschusses.
Der 7. Berliner Kongress Wehrhafte Demokratie - Gesellschaftlicher Dialog für Innere Sicherheit, Verteidigungsfähigkeit und Zusammenhalt findet vom 16. bis 17. Juni 2025 im Hotel de Rome in Berlin statt.